Die Tote
ruhig verhält, denke ich schon.«
»Kann er mit nach Haus?«
»Auf keinen Fall. Er sollte vorerst nicht transportiert werden und ruhig liegen bleiben, damit das Gehirn sich erholen kann. Achten Sie darauf!«, hatte der Arzt gemahnt und sie dann allein gelassen.
Charlotte war nach Hause gefahren, hatte kurz mit ihren Eltern gesprochen und mit Jan, der sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel gewischt hatte. Dann hatte sie ein paar Sachen für Bergheim und sich in eine Tasche geworfen und war zur MHH zurückgekehrt.
Rüdiger schlief immer noch, als sie tief beeindruckt von all den Bildschirmen, Schläuchen und sonstigen lebenserhaltenden Gerätschaften auf der Intensivstation an seinem Bett stand. Einerseits war sie dankbar für den Aufwand, der getrieben wurde, um ein Menschenleben zu retten, andererseits machte es ihr auch Angst, zu wissen, dass ein Leben von so viel Technik abhängig sein konnte.
Sie verbrachte die Nacht an Rüdigers Bett, der nun in einem Einzelzimmer lag. Ihre Eltern waren am Abend mit Jan ebenfalls vorbeigekommen, um zu sehen, ob alles seine Ordnung hatte.
Charlotte hatte sich an sein Bett gesetzt, seine geschundene Hand gehalten und ihn betrachtet. Dann endlich war auch sie erschöpft in einen tiefen Schlaf gesunken.
Als sie am Morgen erwachte, ruhte sein Blick auf ihr.
»Wie geht es dir?«, fragte sie besorgt.
»Gut«, antwortete er und verzog sofort das Gesicht, »das heißt, ich hab tierische Kopfschmerzen.«
»Soll ich den Arzt rufen?«
»Bloß nicht, gib mir lieber was zu trinken.« Sie reichte ihm ein Glas Wasser, das er ohne abzusetzen leer trank. Er gab ihr das Glas zurück und machte Anstalten aufzustehen.
»Du bleibst liegen, das hat der Arzt angeordnet.«
Er grinste. »Ich muss aber mal, kannst gerne mitkommen.«
»Du sollst dich ruhig verhalten und nicht so viel bewegen. Du hast eine Gehirnerschütterung.«
»Keine Bange«, entgegnete er murrend, »wenn ich’s vermeiden kann, beweg ich mich nicht. Tut höllisch weh.«
In diesem Moment betrat eine Krankenschwester das Zimmer und fing sofort an zu schimpfen. »Was machen Sie denn da? Sie wollen wohl nicht gesund werden, was?«
Bergheim zog den Kopf ein. »Uuuh. Nicht so laut«, beschwerte er sich.
Sie einigten sich darauf, dass Bergheim das Bad benutzen durfte, aber die Schwester ihn nicht aus den Augen ließ. Charlotte würde so lange in der Cafeteria frühstücken und dann wiederkommen. Auf dem Weg nach unten begegnete ihr Jennifer Wolfram.
»Hallo, Jennifer«, sagte Charlotte, hob kurz die Hand und ging dann zielstrebig weiter.
Sie wollte nicht über Janina Heimann sprechen. Es war alles noch zu frisch. In den ersten Vernehmungen, die Bremer gestern übernommen hatte, hatte sich herausgestellt, dass die drei Inhaftierten einen florierenden Handel mit neugeborenen Kindern betrieben und damit nicht schlecht verdient hatten. Sonja Meiler hatte die meist noch minderjährigen schwangeren Frauen im Jugendamt abgefangen und sie mit einer Abfindung geködert. Dummerweise hatte Janina es sich später anders überlegt und war aus der Wohnung von Thomas Lauenheim, wo sie sich während ihrer Schwangerschaft verborgen hatte, abgehauen. Wie sie dann schließlich zu Tode gekommen war, hatte Bremer noch nicht herausfinden können, denn die drei arbeiteten perfekt zusammen. Jeder beschuldigte den anderen, Janina geschlagen zu haben. Aber Charlotte würde es schon noch aus ihnen herausquetschen.
Sie besorgte sich Kaffee und ein süßes Hörnchen, setzte sich in das Café in der Ladenzeile und aß zum ersten Mal seit Tagen wieder mit Appetit. Selbst der Kaffee schmeckte heute Morgen. Sie rief zu Hause an, ihre Mutter nahm ab.
»Kind, ist alles in Ordnung?«, fragte sie besorgt.
»Ja, ja, er ist wach und schon wieder aufgestanden«, antwortete Charlotte. »Könntest du Jan wecken?«
Aber Jan war bereits auf dem Weg zur MHH . Charlotte war gerührt und verabschiedete sich mit dem Versprechen, am Abend nicht so spät nach Hause zu kommen. Ihre Mutter wollte zur Feier des Tages Heidschnucken-Koteletts braten. Das sei doch mal etwas anderes.
Dann rief sie in der Direktion an und sprach mit Maren. Alle waren glücklich, dass Kollege Bergheim lebend wieder aufgetaucht war. Ostermann wollte am Nachmittag auf einen Sprung im Krankenhaus vorbeischauen. Die anderen würden sich im Laufe des Wochenendes auch alle einfinden.
Außerdem war Alina Wildner gesund und schwanger wieder zu ihrer Mutter gebracht worden. Die Kripo
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