Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
bestand keinerlei Zweifel. Billy glaubte ihm nicht.
Nachdem Vanja zurückgekommen war, hatten sie sich verabschiedet. Eine kurze, fast angestrengte Umarmung, wie Sebastian registrierte. Als er sich an der Sicherheitskontrolle noch ein letztes Mal umgedreht hatte, war Billy bereits verschwunden gewesen.
Nun waren sie also unterwegs. Das Anschnallzeichen erlosch, doch weder Vanja noch Sebastian öffneten ihren Gurt. Vanja saß noch immer halb von ihm abgewandt. Vermutlich würde sie größere Teile der Reise mit dem Rücken zu ihm verbringen, wenn er nichts unternahm.
«Was ist eigentlich mit dir und Billy los?»
Sofortige Wirkung. Sie drehte sich um.
«Wie meinst du das?»
«Es macht den Anschein, als wärt ihr kein ganz so gutes Team mehr wie früher.»
«Findest du?»
«Ja. Täusche ich mich denn?»
Vanja verstummte. Natürlich konnte sie alles abtun und das Gespräch beenden, indem sie einfach mit Ja antwortete. Früher hätte sie das wohl getan. Um ihn zum Schweigen zu bringen und unter keinen Umständen zuzugeben, dass er recht hatte. Aber das war eben früher.
«Nein», antwortete sie. «Unser Verhältnis ist etwas angespannt.»
«Aber warum?»
Vanja zögerte abermals, entschied sich dann jedoch, noch einmal ehrlich zu sein. Sie drehte sich so weit in Sebastians Richtung, wie der geschlossene Gurt es zuließ.
«Ich habe ihm gesagt, dass ich eine bessere Polizistin bin als er.»
Sebastian nickte stumm. Ein solcher Satz konnte die berufliche Zusammenarbeit natürlich empfindlich stören.
«Ich weiß, es war dumm von mir», fuhr Vanja fort, als könnte sie seine Gedanken lesen. «Das musst du mir nicht erklären.»
«Ja, das war wirklich dumm», antwortete Sebastian mit einem Lächeln, das sie zu seiner Freude erwiderte. «Wahr, aber dumm.»
«Ich weiß …»
Vanja seufzte. Es war offensichtlich, dass das getrübte Verhältnis zu Billy sie belastete.
Sebastian machte es sich im Flugzeugsitz bequem, so gut es ging. Er fühlte sich ganz in seinem Element und erklärte Vanja, Billy habe natürlich immer schon gewusst, dass sie besser sei als er. Bisher war ihm das Verhältnis zu ihr jedoch zu wichtig gewesen, um mit ihr in Konkurrenz zu treten, aber irgendetwas hatte sich in dieser Hinsicht anscheinend verändert. Aus irgendeinem Grund sei er wohl nicht länger mit seinem Platz in der Hierarchie zufrieden und habe beschlossen, sich mit ihr zu messen, und nun wolle er ganz einfach nicht verlieren. Vanja erkundigte sich, was sie tun könnte, um ihr Verhältnis wieder zu verbessern. Sebastian hatte die Wahl zwischen einer tröstenden Lüge und der harten Wahrheit. Er entschied sich für Letzteres.
«Gar nichts», antwortete er. «Du hast schließlich damit angefangen, dass du besser bist als er. Das lässt sich nicht ungeschehen machen. Jetzt muss er dazu Stellung beziehen, und du zu ihm.»
Vanja nickte verbissen. Das war nicht die Antwort, die sie erhofft hatte. Wie alle wollte auch sie, dass es eine Lösung geben würde. Wollte die magischen Worte hören, die alles wieder gutmachten. Aber manchmal gab es eben einfach keine. Sebastian betrachtete sie zärtlich. Er unterdrückte den Impuls, ihr tröstend die Hand auf den Arm zu legen. Nun galt es, behutsam vorzugehen. Sie hatten ein Gespräch geführt, ein persönliches Gespräch. In gewisser Weise berufsbezogen, aber immerhin. Wenn er noch mehr erreichen wollte, musste er diesen Faden wieder aufnehmen.
«Ich kann mit ihm reden, wenn wir wieder in Stockholm sind», bot er an.
«Nein danke, das ist nicht nötig. Es hat mir schon sehr geholfen, einfach nur mit jemandem darüber zu sprechen.»
Sebastian dachte blitzschnell nach. Sie hatte ihm gerade eine kleine Öffnung gezeigt, durch die er weiter zu ihr vordringen konnte. Am Job vorbei, ins Privatleben. Vielleicht preschte er zu schnell vor, aber es war ihm das Risiko wert.
«Vielleicht würde es dir auch helfen, darüber zu sprechen, was in deiner Familie vorgefallen ist.»
Vanja erstarrte. Sie sah ihn an. Suchte nach Anzeichen einer gespielten Fürsorge, um die Oberhand zu gewinnen, einer Schwäche, die er ausnutzen konnte. Sie suchte in seinen Augen nach dem alten Sebastian, fand ihn jedoch nicht.
«Papa wurde festgenommen», sagte sie und spürte zu ihrer Verwunderung, wie die Sorge bereits etwas weniger schwer auf ihr lastete, kaum dass sie von ihr berichtet, sie mit jemandem geteilt hatte.
«Was? Warum?»
«Ich weiß es nicht. Anna wusste es auch nicht.»
Sebastian brach der kalte
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