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Die Totenfrau des Herzogs

Titel: Die Totenfrau des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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treten. Das jedoch hatte schon ganz andere Soldaten erlebt. Es stieg, riss sich los und jagte wie vom Teufel verfolgt bockend und schreiend über den Platz. Überall steckten Männer die Köpfe aus den Zelten oder kamen herbeigelaufen, um nach der Ursache des Lärms zu schauen - viel passierte schließlich nicht in diesen stillen Tagen. Herzog Robert Guiscard war noch keine zwei Nächte tot, und irgendwie schien es unpassend, jetzt schon zu lachen. Doch die ersten Zuschauer konnten kaum an sich halten, und bald grölten sie um die Wette, während der Normanne versuchte, seinen flüchtenden Esel einzufangen.
    »Sei nett zu ihm, dann ist er auch nett zu dir«, zwinkerte der alte Apulier, der im Lager die Feuerstelle unterhielt. »Der Esel ist wie eine Frau - das kennst du doch, Mann.
Du siehst so aus, als ob du das kennst.« Die anderen lachten. Gut aussehende Soldaten neckte man gern, und solche, die sich lieber im Gefolge des Borsa herumtrieben, statt zu kämpfen, die neckte man erst recht.
    »Wenn du erst länger hier bist, wirst du auch mit Eseln umgehen können«, grinste ein Knecht. »Wir zeigen dir das dann schon.«
    »Und er zeigt dir das mit den Weibern«, grölte der Rothaarige neben ihm und formte mit seinen Pranken wackelnde Brüste.
    Gérard trat in den Staub und spuckte aus. Er verstand gerade überhaupt keinen Spaß, zumal just in dem Moment Ima das Herzogszelt verließ und in seine Richtung lief. Das sollte ihm nichts ausmachen, nein, beileibe nicht … verflucht - es machte ihm etwas aus! Sie hatte ihn wieder einmal bei seiner Ehre gepackt und gedemütigt, und er? Er hatte es geschehen lassen, statt ihr ein für alle Mal die verdammte Verachtung aus dem Kopf zu schütteln. Und jetzt sollte sie ihn auch noch als dummen Karrenknecht erleben? Sie kam näher. Gérards Gesicht rötete sich zusehends. Der alte Apulier begriff blitzschnell, worum es hier ging. »Nun sei bloß nett zu ihr, sonst hast du bald zwei Esel am Hals«, raunte er.
    »Er braucht vielleicht Hilfe«, gluckste der Küchenknecht noch, dann traf ihn Gérards Faust an der Stirn, und er fiel um. Der Apulier lachte nicht mehr. Er hob drohend den Schürhaken. Der Esel fegte schreiend an ihnen vorbei. Ima wurde auf den Lärm aufmerksam und kam näher.
    Gérard fühlte sich durch ihr Näherkommen nun völlig hilflos und raste vor Wut. Das Lachen um ihn herum wurde lauter, obwohl er sein Schwert gezogen hatte. Diese verdammten Narren! Zumindest der Esel hatte ein Einsehen und erlöste ihn, indem er einen Haken schlug und durch die Zeltreihen zum Wasser galoppierte, fort von Gelächter
und Spott, und fort von ihr. Gehetzt rannte er dem Tier hinterher. Unten am Kieselstrand waren Männer damit beschäftigt, verschwitzte Hemden zu waschen und sich darüber zu beraten, ob es bereits einen ausreichend großen Akt der Buße darstellte, ein salziges Hemd auf der erhitzten, wunden Haut zu tragen.
    »Das ist wirklich Buße«, stöhnte einer, dessen Schultern im Sonnenbrand loderten.
    »Aber wofür Buße tun? Ich habe noch niemanden getötet!«, rief ein junger Kerl aus.
    »Bald wirst du es getan haben«, grinste sein Nachbar und tauchte das Hemd noch einmal unter.
    »Aber kann ich mich denn schlagen, wenn mir die Haut juckt und schmerzt? Dann sterbe ich am Ende selbst …«
    »Umso besser, wenn du dann schon das Büßerhemd trägst«, lachte ein Blonder, der der Länge nach im Wasser lag und sein schwimmendes Gemächte betrachtete. »Das verkürzt den Aufenthalt im Fegefeuer, weißt du.«
    »Wir erhielten die Absolution bereits daheim, habt ihr das vergessen?« Der Hauptmann streckte die Hand aus und fing den Esel ein, einfach so.
    »Eures?«, fragte er den herankeuchenden Gérard beiläufig. »Ich kenn das Vieh. Es bockt.«
    »Es bockt«, bestätigte Gérard grimmig. »Es wird dennoch das Schiff besteigen.« Er versuchte, sein Keuchen zu unterdrücken, und schob das Schwert in den Gürtel, bevor der andere Streit anfangen konnte. Für Streit war jetzt keine Zeit mehr - obwohl ihm nach Handgreiflichkeit zumute war.
    »Welches Schiff?«, fragte der Hauptmann.
    »Das Schiff, mit dem Frau Sicaildis und Herr Roger aufs Festland überzusetzen wünschen.« Der Hauptmann guckte dumm. Gérard holte Luft. »Dieses Schiff da. Und dieses.« Die beiden Liburnen lagen faul und abgetakelt in
der Sonne, und er verspürte wenig Lust, sich zu erkundigen, mit welchen Schiffen man normalerweise die Inseln in Richtung Griechenland umfuhr. Er hatte überhaupt keine Ahnung von

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