Die Totensammler
Mädchen getötet hast.«
»Ja.«
»Für zwei Tage«, sagt Adrian.
»Zwei Tage.«
»Und dann fahren wir zurück.«
»Und dann fahren wir zurück«, sagt Cooper.
»Ich packe nur noch ein paar Sachen zusammen und verstecke sie«, sagt Adrian. »Niemand wird merken, dass wir hier waren.«
Kapitel 34
Nach Grover Hills fährt man fünfundzwanzig Minuten Richtung Westen stadtauswärts. Mein Weg führt mich am Flughafen und am Gefängnis vorbei und weiter in die Canterbury Plains, mit ihren Farmen und den Stacheldraht- und Elektrozäunen, die die Tiere und den Weizen auf Abstand halten. Je weiter ich mich von der Stadt entferne, desto wärmer wird es, mit jedem zusätzlichen Kilometer Richtung Westen komme ich der Sonne ein Stück näher.
Ich verlasse den Highway und folge mehreren verwahrlosten Straßen. Die Anstalt ist schwer zu finden, denn die Gegend ist bei Weitem nicht so gut ausgeschildert wie das Zentrum. Entweder ist der Stadtverwaltung dieser Teil der Welt egal, oder die Einheimischen haben die Schilder abmontiert, in der Hoffnung, dass sich ein Fremder hier so lange verirrt, bis er sich mit dem Genpool der Landbevölkerung vermischt. Auf Asphalt folgt Kies und dann wieder Asphalt, der Belag wechselt mit jeder Kreuzung, und man muss alle paar Minuten abbremsen, um einen Farmer vorbeizulassen, der Schafe oder Kühe von einer Weide auf die andere treibt. Die Farmer hocken oben auf ihren Traktoren, während Schäferhunde mit hängender Zunge bellend herumlaufen – sie brauchen dringend Wasser und Aufmerksamkeit. Vor ein paar Tagen, als wir vom Gefängnis kamen, bot sich uns ein ähnlicher Anblick, und die Vorstellung, als Farmer den Boden zu beackern, hat seitdem nicht an Reiz gewonnen.
Ich habe mich verfahren und biege von der Straße in kurzes Gras mit tiefen Traktorspuren, der Wagen hüpft ein paarmal auf und ab. Die Fenster lasse ich zu, während die Klimaanlage auf vollen Touren läuft. Geschlagene fünf Minuten studiere ich die Karte. Kartenlesen war nie meine Stärke. Ich lasse den Finger über die Linien gleiten und wünschte, meine Frau wäre hier, denn sie würde einfach einen der Farmer nach dem Weg fragen. Immer wenn wir durch eine uns unbekannte Gegend fuhren, saß ich hinterm Steuer, und sie las die Karte, während Emily auf der Rückbank ein Nickerchen machte; wir waren immer zufrieden mit dieser Rollenverteilung. Ich habe zwar eine triftige Vermutung, wo ich mich momentan befinde, aber wahrscheinlich wäre es besser, wenn ich eine Münze werfe. Schließlich fahre ich weiter. Kurve weitere fünfzehn Minuten auf ungepflasterten Straßen herum, bis ich die Anstalt erreiche. Sofern man noch nicht verrückt ist, wenn einen der Richter oder die Ärzte nach Grover Hills schicken, ist man es nach dem Weg hier raus bestimmt.
Am Anfang der Zufahrt halten zwei große Eichen Wache, dahinter säumen Dutzende von Birken den Weg, ihre dünnen, verdrehten Äste hängen starr in der reglosen Luft. Ich parke vor dem Gebäude und steige aus, während sich hinter mir Erde und Staub auf den Wagen herabsenken. Die Staubwolke folgt mir, während ich zu dem Gebäude hinauftrotte. Grover Hills ist geschlossen, und die Natur versucht, das Gelände wieder in Besitz zu nehmen. Der größte Teil davon ist knietief mit welkem Gras und verwilderten Sträuchern bewachsen, die wie riesiges Unkraut aussehen. Anfang des letzten Jahrhunderts muss das Gebäude mal weiß gewesen sein und wurde seitdem wahrscheinlich ein-, zweimal gestrichen; nach der Mondlandung allerdings nicht mehr. Das Gebäude ist riesig und könnte auch auf einer Plantage stehen, es hat jede Menge Schindeln, unzählige kleine Fenster und sehr viele Zimmer. Einige der Schindeln sind verbogen, einige vermodert, doch insgesamt scheint das Gebäude in einem ziemlich guten Zustand. Sicher, es steht leer, aber es ist theoretisch bewohnbar. Eine der Seiten des Gebäudes ist komplett mit Efeu überwuchert, die Ranken sind die Mauern emporgeklettert und haben sich um die tönernen Dachziegel geschlungen. Erstaunlichweise gibt es hier keinerlei Spuren von Vandalismus. Dabei haben die Bewohner dieses Landes die Angewohnheit, Gebäude aufzuspüren, egal, wie ver steckt sie sind, ihre Fenster einzuwerfen, Löcher in die Wände zu schlagen und überall gigantische Penisse hinzusprühen.
Der Mietwagen hier draußen ist das Einzige, was Geräusche von sich gibt. Kein Windhauch, keine Vögel, nur das Knacken des Motors, der langsam abkühlt. Es ist unheimlich. Als wäre
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