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Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PAUL CLEAVE
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zusammen. Dann sucht er die Decke nach einer Überwachungskamera ab, kann jedoch nichts entdecken. Er hat jetzt zwei Möglichkeiten: abwarten oder klopfen und schreien.
    Er trommelt gegen die Tür. »Hey? Hey? Wer ist da draußen? Hey? Wo zum Henker bin ich?«
    Keine Antwort. Er drückt gegen das Glas, obwohl er nicht damit rechnet, dass es nachgibt, was auch nicht geschieht, und es zerbricht oder zersplittert auch nicht. Er hämmert mit seinem Handballen dagegen, und jeder Schlag lässt seinen Kopf erzittern und macht die Kopfschmerzen nur noch schlimmer. Er zieht einen Schuh aus und drischt mit dem Absatz dagegen – mit demselben Ergebnis. Er schaut zum Bücherregal hi naus. Und je intensiver er es anstarrt, desto mehr schmerzt sein Schädel. Allerdings kann jetzt er am Rand seines Sichtfelds ein paar Gegenstände erkennen. Doch sobald er den Blick nach vorne richtet, verschmelzen sie mit der Dunkelheit. Trotzdem ist er sich sicher, dass er aus den Augenwinkeln Waffen, Seile und Kleidungsstücke ausmachen konnte; Gegenstände, die er selbst gesammelt hat.
    Er fängt erneut an zu hämmern. Er hält die Augen geschlossen und versucht, das Pochen tief im Innern seines Gehirns zu ignorieren. Von den Schlägen mit dem Schuh gegen die Tür schmerzt sein Arm. Er wechselt immer wieder die Hand. Als er schließlich aufgeben will, wird das Licht, das draußen durch die offene Tür fällt, schwächer, und ihm wird klar, dass dort jemand steht. Er hört auf zu hämmern, und sein Kopf ist dankbar dafür. Umgeben von einem kalten blauen Licht erscheint der Mann nach und nach in Coopers Blickfeld, zunächst die Füße, in braunen, ausgelatschten Lederschuhen. Dann eine Hose, die am Saum ausgefranst ist, mit münzgroßen Löchern, die allerdings nicht der aktuellen Mode geschuldet sind, sondern vom vielen Tragen stammen. Es folgen die Hüften samt Ledergürtel, und eine Laterne, eine batteriebetriebene Campinglaterne, de ren Schein zu schwach ist, um in Coopers Augen zu schmerzen. Der Mann trägt ein kurzärmeliges weißes Hemd mit einer schmalen Lederkrawatte. Als er das untere Ende der Treppe er reicht, dreht er sich in Coopers Richtung. Die Laterne taucht seine Haut in einen blassen Schimmer. Sein Haar ist mit breiten Kammspuren zur Seite gegelt, und eine Strähne fällt ihm in die Stirn. Er hat braune, müde Augen, spröde Lippen und unzählige Pockennarben. Er tritt vor die Zellentür, die Laterne neben einem Tablett mit Essen, das Cooper nicht riechen kann.
    Der Mann lächelt. »Willkommen in meiner Sammlung«, sagt er.
    Kapitel 7
    Mein Anwalt heißt Donovan Green. Er hat ungefähr meine Größe und meine Statur. Ich habe ihn letztes Jahr am Ende des Winters kennengelernt, an dem Nachmittag, nachdem ich seiner Tochter, Emma Green, in den Wagen gefahren bin. Ich hatte keine Ahnung, wer er war, als er mich gegen Kaution aus dem Gefängnis holte und mir anbot, mich zu vertreten. Ich nahm seine Hilfe an, denn ich hatte gar keine andere Wahl. Dreißig Minuten nach unserer ersten Begegnung stellte sich heraus, dass seine Hilfe darin bestand, mich bewusstlos durch einen Wald zu schleppen und mir eine Knarre an die Schläfe zu drücken. Doch er hatte nicht den Mumm, die Sache zu Ende zu bringen. Er drohte, mich erneut aufzusuchen, sollte seine Tochter nicht gesund werden.
    Ich umklammere die Türklinke, während mir der Magen langsam in die Kniekehlen rutscht. Wenn er hier ist, um mich zu töten, dann ist seine Tochter ihren Verletzungen erlegen. Was bedeutet, dass ich meine Frau nicht wiedersehen werde. Dass ich mich fügen muss. So läuft das in meiner Welt. Letztes Jahr wollte ich, dass er abdrückt. Jetzt will ich es nicht mehr.
    »Kennen Sie mich noch?«, fragt er.
    Er sieht ungefähr so fertig und müde aus wie damals, offensichtlich setzt ihm die Hitze genauso zu wie den Bäumen vor meinem Haus. Sein Haar ist durcheinander, seine Klamotten sind zerknittert, und er hat sich seit Tagen nicht mehr rasiert. Außerdem riecht er, als könnte er eine Dusche vertragen. Ich habe einen trockenen Mund und einigermaßen Mühe, ihm zu antworten. Es lässt sich wohl nicht leugnen, dass ich mich an ihn erinnere. Das, was wir zusammen erlebt haben, kann man unmöglich vergessen. Ich lasse die Türklinke los und trete einen Schritt zurück.
    »Kommen Sie rein.«
    »Ich weiß, was Sie jetzt denken«, sagt er, und er klingt müde. »Ich habe mein Versprechen nicht vergessen. Aber deswegen bin ich nicht hier. Ich bin hier, weil ich Ihre Hilfe

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