Die Totensammler
ihm wie eine Ewigkeit vor. Als sie fertig waren, lachten sie ihn aus, und einer der Jungen trat ihm gegen den Kopf. Die anderen folgten seinem Beispiel, und bald traten sie alle auf ihn ein. Als er schließlich das Bewusstsein verlor, begleitete ihr Gelächter ihn in die Dunkelheit. Er träumte von Katie. Und von besseren Zeiten.
Als er wieder zu sich kam, war er nicht mehr gefesselt. Trotz dem konnte er sich nicht aufrichten. Die Welt war aus dem Gleichgewicht geraten. Ein Passant fand ihn schließlich und rief einen Krankenwagen. Er verbrachte sechs Wochen im Krankenhaus. Sein Gehirn war angeschwollen, und man muss te ihm Löcher in den Schädel bohren, um den Druck abzulassen. Für zwei Wochen versetzte man ihn in ein künstliches Koma. Sechs seiner Rippen und sein rechter Arm waren gebrochen. Als er entlassen wurde, behielt er die Namen der Jungen, die ihm das angetan hatten, für sich. Der Polizei erzählte er, er könne sich nicht mehr daran erinnern, wer das gewesen sei. Aber das stimmte nicht.
Nach einem Monat kehrte sein Gleichgewichtssinn zurück. Er brauchte ein paar Tage, bis er wieder gerade gehen konnte. Aber die Sachen, die er in der Schule gelernt hatte, ergaben keinen Sinn mehr. Die einfachsten Dinge waren alles andere als einfach. Er hatte keine Lust mehr auf seine Musik. Er hasste sie. Er hatte keine Freude mehr an seinen Comics, er hasste die Geschichten darin, denn sie handelten von Leuten mit einzigartigen Fähigkeiten, Fähigkeiten, die er nie würde erlangen können. Stattdessen fing er an, seine eigenen Comics zu zeichnen. Er war ein recht passabler Zeichner, er zeichnete die Jungen, die ihn verletzt hatten, und über ihnen stehend sich selbst, dazu verschiedene Waffen und verschiedene Möglichkeiten, sie zu benutzen. Manchmal, wenn er nicht zeichnete, hockte er in seinem Zimmer und riss von seinen Modellautos die Türen und Räder ab.
Er hörte, wie seine Mutter seiner Tante erzählte, dass er sich verändert habe, dass in seinem Kopf irgendetwas zerbrochen sei. Er hatte keine Ahnung, was genau das sein sollte. Seine Mutter hatte es ihm zu erklären versucht, doch er verstand es einfach nicht. Er war immer noch derselbe, er hatte immer noch dieselben Gefühle – und trotzdem hatte er sich verändert. Manchmal vergaß er das eine oder andere. Alles aus der Zeit, bevor man ihn zusammengeschlagen hatte, war für immer in seinem Gedächtnis abgespeichert, doch Neues konnte er sich kaum merken. Ständig vergaß er irgendwas, konnte sich nicht mehr an den Namen einer Person erinnern. Doch die Namen von jedem der Jungen, die ihm das angetan hatten, vergaß er nicht. Die Polizei stellte immer noch Fragen, allerdings nicht mehr so oft. Sie wandten sich anderen Fällen zu. Und allmählich vergaßen die Leute, was Adrian zugestoßen war.
Er kam wieder zu Kräften. Sein Gleichgewichtssinn kehrte zurück. Und sein Geisteszustand besserte sich. Er wurde zwar nie mehr ganz der Alte, aber wenigstens konnte er sich wieder Dinge merken, wenn er sich nur genug anstrengte. Allerdings sah er die Welt jetzt mit anderen Augen. Die Tritte gegen seinen Kopf, die Schwellung seines Gehirns, beides hatte seinen Blick auf das Leben verändert.
Die Schule war für ihn gelaufen. Selbst wenn es ihm möglich gewesen wäre, zurückzukehren, hätte er das nicht gewollt. Wozu auch? Sollte er etwa studieren, um Astronaut zu werden?
Das Schlimmste daran war, dass er den Jungs, die ihn verletzt hatten, keinen Urin in den Spind schütten konnte. Dafür hatte er jetzt mehr Zeit, sich zu überlegen, was er ihnen antun würde.
Seitdem fällt es ihm schwer, Freundschaften zu schließen. Und mit Cooper scheint es jetzt dasselbe zu sein. Bevor man ihn zusammengeschlagen hat, war er nicht besonders beliebt, aber es gab ein paar Kinder, die genauso unbeliebt waren und immerhin ab und zu mit ihm geredet haben. Wenn seine Mutter jetzt hier wäre, würde sie ihn trösten und beruhigen. Zumindest in seiner Fantasie. Denn in Wirklichkeit hätte seine Mutter so was nicht getan. Nicht mehr zumindest, nicht mehr seit er vor der Schule auf die Jungs wartete, die ihn zusammengeschlagen hatten, und ihnen nach Hause folgte. Von da an ging alles den Bach runter. Kurz darauf brachte seine erste Mutter ihn hier raus, nach The Grove, und hörte auf, seine Mutter zu sein.
Es ist nicht fair, aber so ist das eben. Cooper zu sammeln, sollte das Aufregendste werden, was er je getan hat, und der Gedanke daran sowie an Coopers Verhalten holen ihn
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