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Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PAUL CLEAVE
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wieder in die Gegenwart zurück. Es muss eine Möglichkeit geben, seine Sympathie zu gewinnen. Andere Leute findet Cooper ja auch sympathisch, also gibt es eine Möglichkeit. Er sollte nach unten gehen und ihn fragen, wer ihm je so viel Respekt entgegengebracht hat, dass er ihn für eine Sammlung haben wollte! Wer sonst hält so viel von Coopers Arbeit? Niemand!
    Er versucht sich weiszumachen, dass Cooper nur etwas Eingewöhnungszeit braucht, denn er weiß noch, wie es war, als er das erste Mal hier runtergebracht wurde, wie es war, eine fremde Welt zu betreten. Allerdings war es für ihn noch schlimmer, er war hier mit Dutzenden anderen Patienten eingesperrt, einige verrückt, einige böse und einige verrückt und böse. Als Grover Hills vor drei Jahren geschlossen wurde, hat man sie alle entlassen.
    Er hatte damit gerechnet, dass Cooper wütend werden könnte. Morgen wird sein Geschenk dazu beitragen, die Probleme zwischen ihnen aus der Welt zu schaffen. Für den Rest des Tages sollte er sich ausruhen und erst mal alles überschlafen. Seine Mutter – nicht seine richtige Mutter, die ihn verlassen hat, sondern seine zweite, die sich um ihn und die Leute, die anders waren, gekümmert hat – hat immer gesagt: »Kommt Zeit, kommt Rat.« Er ist sich nicht sicher, ob sie damit recht hatte.
    Er geht in seinem Schlafzimmer auf und ab, zählt die Schritte, findet Trost im Vertrauten. Er ist während seiner Teenager zeit oft in seinem Zimmer auf und ab gegangen. Manchmal hat te er es für sich allein, manchmal musste er es mit jemandem teilen, dann hatte er weniger Platz, um auf und ab zu gehen. Je länger er das tut, desto ruhiger wird er. Er bevorzugt eine gerade Schrittzahl, und achtet darauf, dass er immer auf ein Vielfaches von zehn kommt; entsprechend muss er die Schrittlänge verkürzen oder verlängern. Er verbannt alle Gedanken aus seinem Kopf, bis er bei tausend ist. Tausend ist eine gute Zahl, doppelt so gut wie fünfhundert, und halb so gut wie zweitausend. Eine schöne, solide Zahl, ein Vielfaches von zehn, und von hundert, was wiederum ein Vielfaches von zehn ist. Er setzt sich. Er denkt über den zweiten Eindruck nach, darüber, wie er Cooper eine Freude bereiten kann, und findet, dass es vielleicht helfen könnte, dem Serienmörder ein paar Bücher zu geben. Das ist eine gute Idee.
    So schnell wie ihn die Begeisterung packt, ist sie auch wieder verflogen, verdrängt von einem Gefühl völliger Nutzlosigkeit, ein Gefühl, das ihn schon sein ganzes Erwachsenenleben begleitet. Cooper etwas zu lesen zu geben, ist eine Idee, auf die er stolz sein kann, aber nicht, dass es so lange gedauert hat, darauf zu kommen. Er hätte von Anfang an wissen müssen, dass ein Mann wie Cooper seinen Geist beschäftigen, in Schwung halten muss, weil er sonst träge wird. Sammlerstücke dürfen nicht langweilig sein.
    »Cooper wird überglücklich sein«, sagt er laut; er weiß, dass sie eine Beziehung aufbauen werden, sobald er ihm die Idee unterbreitet hat. In den letzten drei Jahren hat er Bücher über Serienmörder gesammelt. Er liest sie für sein Leben gern. Sie faszinieren ihn. Er nimmt eine Handvoll Bücher aus seinem Schlafzimmer und trägt sie in den Keller. Während er die Treppe hinuntersteigt, beobachtet Cooper ihn mit reglosem Gesicht durch das kleine Fenster. Er wirkt blass und ausgemergelt, wie ein Gespenst, wie nicht von dieser Welt.
    »Ich habe dir was zu lesen mitgebracht«, sagt Adrian und hält die Bücher in die Höhe.
    »Danke. Das ist wirklich nett«, sagt Cooper, und Adrian ist froh, dass er so freundlich ist. »Lässt du mir die Lampe da?«
    »Ich habe nur die eine«, sagt Adrian, »und ich brauche sie für die Nacht.«
    »Und wie soll ich dann lesen?«
    Adrian räumt den Couchtisch auf und legt die Bücher darauf, es ist ihm peinlich, dass er keine Antwort weiß. Auf der Oberfläche klebt etwas von der Sandwichfüllung und ver trocknetes Brot. Er wird es morgen abwischen.
    »Bist du böse auf mich?«, fragt Adrian, ohne aufzusehen. »Findest du nicht, dass du was Besonderes bist?«
    »Ich finde, dass ich eingesperrt bin«, antwortet Cooper. »Du scheinst ein intelligenter Bursche zu sein, offensichtlich hast du das hier ganz alleine durchgezogen. Und bestimmt hast du viele Freunde, mit denen du dich unterhalten kannst, warum musst du mich dann hier festhalten?«
    »Ich habe keine Freunde«, sagt Adrian, während er an den Büchern herumfummelt, bis sie absolut bündig aufeinanderliegen. »Früher schon,

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