Die Totensammler
ganz versessen darauf? Es lässt sich unmöglich sagen, ob diese Interviews sein Verlangen verstärkt oder unterdrückt haben.
Inzwischen sind fast hundert Seiten ausgedruckt. Ich stoße sie auf dem Tisch auf, damit sie bündig aufeinanderliegen, dann trage ich sie ins Wohnzimmer. In diesem Bereich des Hauses ist die Luft stickig, und der Gestank des Toners ist mir den Flur hinunter gefolgt, sodass es jetzt noch stickiger ist. Ich öffne die Glastüren, um auf die Terrasse zu treten.
Und lasse die Blätter fallen. An der Regenrinne baumelt Daxter, die Augen halb geöffnet. Schien es gestern, als würde er schlafen, sieht er heute aus wie ein toter Kater, den man mit einer aus Draht geformten Schlinge am Dach aufgehängt hat.
Kapitel 28
Allein für seinen Gesichtsausdruck hat es sich gelohnt. Es ist mehr als zwanzig Jahre her, dass er so einen Blick gesehen hat. Er weckt unzählige Erinnerungen; ihm wird ganz warm im Bauch, und er sehnt sich nach diesen Zeiten zurück. Es wird nicht die letzte Katze gewesen sein, sagt er sich, es gibt noch mehr Leute, die ihm wehgetan haben. Durch die Lücke im Zaun kann er erkennen, wie Tate die Blätter fallen lässt. Sie landen auf der Terrasse und rutschen wie ein Kartenstapel auseinander, die obersten lösen sich und werden auf den braunen Rasen geweht. Tate greift nach der Katze über sich. Doch Adri an bleibt nicht, um zu beobachten, was als Nächstes passiert, sondern rennt die Straße hinunter, zu seinem geparkten Wagen – sein Auftrag ist so gut wie ausgeführt. Er steuert zum Ende der Straße, biegt nach links und noch mal nach links, fährt die Parallelstraße zur Sackgasse hinauf und hält vor Tates Haus.
Die Eingangstür steht offen, was die Sache noch leichter macht. Er wollte anklopfen und auf Tate schießen, sobald dieser sie öffnet, obwohl das nicht ohne Risiko ist. Doch jetzt tritt er einfach ein. Außer einem gleichmäßigen mechanischen Geräusch aus dem ersten Zimmer zur Linken kann er nichts hören, ein Wirr-klank, Wirr-klank . Er zieht den Elektroschocker aus der Tasche. Seine Hände schwitzen, und der Griff rutscht ihm fast aus der Hand. Er hält ihn geradeaus nach vorne gerichtet, dicht am Körper, um ihn abzuschirmen. Der Lappen steckt in seiner Gesäßtasche, zusammen mit der kleinen Plastikflasche voller Flüssigkeit, die einen bewusstlos macht.
Am liebsten würde er Tate in den Rücken schießen. Das würde alles sehr viel einfacher machen, aber es muss nicht sein. So oder so, sobald Tate getroffen und bewusstlos ist, kann Adrian mit dem Wagen in die Auffahrt zurücksetzen und ihn einladen. Rückwärtsfahren ist nicht gerade seine Stärke, aber er hat es oft genug getan, um zu wissen, dass er es erneut schaffen kann. Er wird neben Tates Wagen parken, denn die Auffahrt ist breit genug. Dann wird er den Kofferraum öffnen, Tate hineinlegen und zurück zu The Grove fahren. Dort wird er ihn in eines der Zimmer mit den gepolsterten Wänden bringen. Sie sind nicht so bequem wie ein Bett, aber um einiges sicherer, wenn man es mit jemandem wie Tate zu tun hat.
Theodore Tate, Mörder und Jäger von Mördern – das perfekte Sammlerstück. Er hat bestimmt jede Menge Geschichten auf Lager, tolle Geschichten.
Das Zimmer, aus dem die Geräusche kommen, ist das Arbeitszimmer. Ein Drucker spuckt eine Seite nach der anderen aus; sie schießen heraus wie Kuverts, die durch einen Briefschlitz eingeworfen werden. Die Seiten fallen auf eine Ablage. Dort liegt bereits ein Stapel, und über den Boden und den Schreibtisch sind jede Menge Unterlagen und Fotos verteilt. Er greift nach dem Blatt, das sich gerade aus dem Drucker schiebt. Nachdem er kurz darübergelesen hat, nimmt er welche von der Ablage und überfliegt sie ebenfalls.
Mensch, ist das etwa das Buch, an dem Cooper gearbeitet hat? Er kennt einige der Namen. Ja! Es ist tatsächlich das Buch! Er kann es nicht fassen, und er ist so aufgeregt, dass seine Hände jetzt noch stärker zittern. Aus dem Drucker kommen weitere Blätter. Er klaubt sie zusammen. Wie ist Tate in den Besitz der Kopie gelangt? Und was will er damit? Er lässt seinen Blick durchs Zimmer wandern, als würde dort die Antwort auf ihn warten, doch das tut sie nicht, dort liegen allerdings jede Menge Unterlagen und Fotos zu einem anderen Fall, über den er kürzlich was gelesen hat. Tate sucht nicht nur nach Cooper, sondern auch nach einer Frau, die Männer in Uniformen tötet.
Er kann sein Glück nicht fassen, dass er hergekommen ist.
Es wird
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