Die Totgesagten
das Spiel wieder und sagte andächtig: »Mit der Fünf kämpfe ich seit letzter Woche, aber der Ball landet immer zu weit rechts oder zu weit links. Ich weiß nicht, was ich falsch mache!«
»Ich zeige es dir.« Hanna nahm ihm die Maus aus der Hand. Routiniert klickte sie sich durch bis zur richtigen Stelle und führte einige geschickte Manöver am PC durch. Der Ball flog los und landete in einer perfekten Ausgangsposition. Nun konnte Gösta ihn mit einem einzigen Schlag ins Loch befördern.
»Ach, so geht das! Danke!« Gösta war tief beeindruckt. Seine Augen leuchteten wie schon seit Jahren nicht mehr.
»Es ist eben kein Kinderspiel.« Lachend rutschte Hanna mit ihrem Stuhl ein Stück zurück.
»Spielt ihr auch auf dem Golfplatz?«, fragte Gösta voller Begeisterung. »Vielleicht können wir mal eine Runde zusammen spielen?«
»Nein, leider nicht.« Hannas bedauernder Blick war Gösta sympathisch. Es war ihm ein Rätsel, warum nicht alle Menschen so leidenschaftlich golften wie er.
»Wir wollen vielleicht damit anfangen. Nur leider finden wir nie die Zeit.« Sie zuckte mit den Achseln. Gösta gewann sie von Minute zu Minute lieber. Er musste zugeben, dass auch er angesichts einer weiblichen Kollegin skeptisch gewesen war. Die Kombination aus Brüsten und Uniform war ihm noch nie ganz geheuer gewesen. Doch Hanna Kruse führte alle seine Vorurteile ad absurdum. Sie wareine richtig patente Frau. Gösta hoffte bloß, dass Mellberg es genauso sah und ihr das Leben hier nicht allzu schwermachte.
»Was macht dein Mann eigentlich beruflich?«, erkundigte sich Gösta neugierig. »Hat er schon einen Job hier gefunden?«
»Ja und nein.« Hanna zupfte einen unsichtbaren Fussel von ihrer Uniformbluse. »Zum Glück hat er wenigstens einen befristeten Job gefunden. Der Rest wird sich zeigen.«
Gösta hob fragend die Augenbrauen. Hanna lachte. »Ach so, er ist Psychologe. Und er wird mit den Teilnehmern dieser Fernsehserie arbeiten. Raus aus Tanum , du weißt schon.«
Gösta schüttelte den Kopf. »Ich bin wohl zu alt für diesen Quatsch. Unter der Bettdecke Mätzchen machen, bis zur Besinnungslosigkeit saufen und sich vor dem gesamten schwedischen Volk lächerlich machen. Freiwillig! Nein, das ist nichts für mich. Wir hatten damals andere Vorstellungen von guter Unterhaltung, die Shows von Nils Poppe waren mehr nach meinem Geschmack.«
»Nils wer?« Hanna machte große Augen, und Göstas Miene verdüsterte sich. Seufzend erklärte er: »Nils Poppe hat Sommertheater …«
Hannas Lachen ließ ihn verstummen. »Gösta, ich weiß, wer Nils Poppe ist. Du brauchst nicht so grimmig zu schauen.«
»Danke. Ich habe mich nur plötzlich wie hundert gefühlt.«
»Du bist alles andere als ein Fossil.« Hanna stand lachend auf. »Spiel ruhig weiter, jetzt weißt du ja, wie man am fünften Loch vorbeikommt. Du hast dir eine kleine Pause verdient.«
Warmherzig und dankbar lächelte er sie an. Eine tolle Frau!
Dann machte er sich daran, das sechste Loch zu bezwingen.Nur noch zwei, drei Löcher, dann wollte er sich wieder seinen Akten zuwenden.
»Erica, hast du das Menü mit dem Hotel besprochen? Wann geht ihr zum Probeessen?« Anna schaukelte Maja auf ihrem Schoß hin und her und sah Erica eindringlich an.
»Mist, das habe ich vergessen.« Erica schlug sich an die Stirn.
»Und das Kleid? Willst du etwa im Jogginganzug heiraten? Patrik könnte vielleicht seinen Anzug vom Abschlussball anziehen. Wenn man den Bund etwas weiter macht und die Knöpfe an der Jacke versetzt, passt er bestimmt noch.« Anna lachte aus vollem Hals.
»Haha, sehr witzig«, gab Erica muffelig zurück, konnte sich aber beim Anblick ihrer Schwester ein Schmunzeln nicht verkneifen. Anna war ein völlig neuer Mensch. Sie plauderte, kicherte, aß mit Appetit und neckte ihre große Schwester.
»Ich weiß das alles, aber wann soll ich das bloß alles schaffen?«
»Hallo, vor dir sitzt die beste Babysitterin von Fjällbacka! Emma und Adrian sind tagsüber im Kindergarten, und auf diese kleine Dame hier kann ich problemlos aufpassen.«
»Du hast recht«, seufzte Erica. »Daran habe ich nicht gedacht, wie blöd von mir.«
»Du brauchst dir nicht blöd vorzukommen. Ich kann dich verstehen. Du konntest eine Zeitlang nicht auf mich zählen, aber jetzt stehe ich wieder mit beiden Beinen im Leben. Wie ein Fels in der Brandung!«
»Manch einer soll schon zu viel Zeit mit Dan verbracht haben …« Erica musste lachen. Genau das hatte Anna beabsichtigt, denn auch ihre
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