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Die Tränen der Henkerin

Die Tränen der Henkerin

Titel: Die Tränen der Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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oder so überlegen, das ist Euch doch wohl klar«, mischte Antonius sich wieder ein. »Wenn wir Euch töten wollten, dann hätten wir es längst getan.«
    Von Säckingen trat Schweiß auf die Stirn. Das war eine verdammte Sackgasse. Die Kerle waren misstrauisch, und das zu Recht. Wenn dieser Füger wüsste … Bloß nicht daran denken! Die Sache mit dem Kind bereitete ihm ohnehin Magenschmerzen. Er war ein Ritter, und was er in den letzten Tagen getan hatte, widersprach allen Eiden, die er geschworen hatte. Wie konnte er die beiden Männer nur davon überzeugen, dass er es nicht auf ihr Leben abgesehen hatte? Er stockte. Waren sie etwa aus dem gleichen Grund hier wie er? Wussten sie es bereits?
    Aber Wendel Füger hatte sich doch mit seinem Weib überworfen! War es nicht so? Offenbar hatte er es sich anders überlegt, und das bedeutete, dass ihm die beiden zu allem Überfluss in die Quere kommen konnten. Was sollte er nur tun? Da fiel ihm ein, was sein Lehrmeister immer gepredigt hatte: Du musst dir den stärksten deiner Feinde zum Verbündeten machen, dann die Schwachen vernichten und zuletzt deinen Verbündeten. So kannst du mächtig werden, so machen es die Herrscher seit Anbeginn der Menschheit. Sich die Feinde zu Verbündeten machen. Ja, das war die Lösung. Er senkte das Schwert und schob es zurück in die Scheide.
    In Wendels Augen blitzte kurz etwas auf, das von Säckingen einen kalten Schauder über den Rücken jagte, aber dann senkte auch er sein Schwert.
    »Ich schwöre bei meiner unsterblichen Seele, dass es ein Zufall ist, dass wir uns hier begegnet sind«, sagte von Säckingen. »Allerdings kommt er nicht ganz ungelegen, denn ich glaube, wir haben das gleiche Ziel.«
    Wendel starrte ihn ungläubig an. »Und das wäre?«
    Von Säckingen überlegte. Er musste davon ausgehen, dass Wendel Füger inzwischen alles über die wahre Herkunft seiner Gemahlin wusste, denn nur das erklärte das Zerwürfnis zwischen ihnen. Wunderbar, daraus ließ sich eine überzeugende Geschichte fabrizieren, die sogar teilweise der Wahrheit entsprach. »Meine Herrin, Othilia von Hohenfels, Gräfin der Adlerburg hat mir befohlen, Eure Gemahlin, Melisande Wilhelmis zu befreien.«
    Wendel Füger runzelte die Stirn. »Befreien?«
    Von Säckingen atmete auf. Der Weinhändler wusste also tatsächlich über seine Frau Bescheid. Er war nicht über den Namen Melisande gestolpert, sondern über das Wort ›befreien‹. Kein Wunder, dass er sich fragte, warum der Ritter seiner Gemahlin helfen wollte. »Nun«, antwortete er. »Die Kunde, dass Eure Gemahlin im Esslinger Kerker festsitzt, hat auch die Adlerburg erreicht. Und Othilia will Buße tun für das Unrecht, das ihr Gatte an der Familie Wilhelmis verübt hat. Othilia ist eine gottesfürchtige und gerechte Frau, das solltet Ihr eigentlich wissen, denn ihr guter Ruf ist landauf landab bekannt.«
    Der Weinhändler hob das Schwert. »Wovon redet Ihr eigentlich, Ritter? Was wisst Ihr von meiner Gemahlin? Und wie kommt Ihr darauf, dass sie im Kerker sitzt?« Seine Stimme überschlug sich fast.
    »Beruhigt Euch, und hört zu.« Von Säckingen machte eine beschwichtigende Handbewegung. »Ihr wisst selbst, dass Ottmar de Bruce ein rachsüchtiger, grausamer Mensch war, Füger«, begann er. »Ihr habt es am eigenen Leib zu spüren bekommen. Auch meine Herrin ist davon nicht verschont geblieben. Sie wurde gegen ihren Willen verheiratet, und in der Hochzeitsnacht gellten ihre Schreie durch die Flure der Adlerburg. Seit de Bruce verschwunden war, lebte sie in Angst und Schrecken, er könne wieder auftauchen. Das tat er auch, allerdings als Leichnam. Eine Freude nicht nur für Euch, sondern auch für meine Herrin. Schon lange wusste sie, welches Unrecht de Bruce an der Familie Wilhelmis begangen hatte. Und sie ahnte, dass es eine Überlebende gegeben hatte: Melisande. Schließlich haben wir herausgefunden, dass Melisande als Eure Gattin in Rottweil lebt. Meine Herrin wollte die Vergehen ihres Mannes wiedergutmachen, doch ich kam zu spät.« Von Säckingen ließ die Schultern hängen. »Deshalb hat sie mich ausgesandt, sie zu befreien.«
    »Was redet Ihr da? Warum befreien?« Wendel Füger machte einen Schritt auf ihn zu, sein Leibwächter hob warnend eine Hand.
    Von Säckingen verstand. Er wusste es nicht! Doch was machte er dann vor den Toren von Esslingen? Suchte er etwa hier nach seiner Tochter? »Ihr habt es noch nicht gehört? Eure Gemahlin sitzt im Kerker von Esslingen. Man wirft ihr vor, einen

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