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Die Tränen der Massai

Die Tränen der Massai

Titel: Die Tränen der Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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Selbstgedrehte rauchte und zu der Stelle hinblinzelte, wo die Hügel dem roten westlichen Himmel begegneten.
    Hier in der afrikanischen Nacht, unter diesen fremden Sternen, war das Outback unendlich weit entfernt. Selbst die Freitagabende in Sydney waren nur vage Erinnerung. Er versuchte sich zu entsinnen, was sie damals getan hatten. Er und Liz waren vielleicht mit Freunden in ein Restaurant oder in einen Club in Manley oder King’s Cross gegangen. Seltsam, dachte er, wie Entfernung dafür sorgt, dass selbst kurz zurückliegende Erinnerungen schnell verblassen. Er schob die Hände tief in die Taschen und machte sich auf den Rückweg zum Club. Der DJ hatte etwas Langsameres aufgelegt, ein Zeichen, dass der Abend dem Ende zuging.
    In der Nähe des Fischteichs zeichneten sich die Silhouetten zweier Personen ab. In der Stimme der Frau lag eine gewisse Gereiztheit. »James, es ist egal, ob es geschäftlich ist oder nicht. Ich will Sie nicht sehen. Und hören Sie auf, mir zu folgen.«
    Jack war nahe genug, um die Antwort zu hören. Der Mann sprach zwar Swahili, aber der aggressive Tonfall war unmissverständlich. Der Mann packte die Frau grob am Arm und zog sie zu sich.
    »James! Nein! Lassen Sie mich los!«
    Jack war nur Schritte entfernt. »Hey! Alles in Ordnung?«
    Sie riss ihren Arm los. »Ja, danke.« Sie war Mitte zwanzig. Groß. »Ich komme schon zurecht.« Die Art, wie sie das sagte und wie sie sich hielt – beinahe, als stünde sie über dem Konflikt und nicht mitten drin –, ließ diese Aussage durchaus glaubwürdig wirken.
    Der Mann machte einen stolpernden Schritt vorwärts. Er war kräftig und offensichtlich betrunken. Als ihm das Licht nun voll ins Gesicht fiel, erkannte Jack James Onditi aus dem Amt für regionale Entwicklung.
    »Was willst du?«, fragte Onditi und blinzelte in das helle Diskothekenlicht über Jacks Schulter. »Verdammter
Mzungu!«
Er machte noch einen Schritt. »Misch dich nicht ein!« Und dann holte er zum Schlag aus.
    Jack hatte das geahnt, wich problemlos aus und versetzte Onditi instinktiv eine Gerade in den Solarplexus. Der Mann sackte keuchend nach vorn. Jack wartete, bis er sich wieder aufgerichtet hatte, um einen Haken am Kinn zu platzieren, dann schlug er abermals zu, was Onditi herumriss. Jack trat näher und stieß ihn in den Fischteich.
    »Ah!« Onditi keuchte eher vor Schreck als vor Schmerzen, als er spuckend und überzogen mit Seerosenfragmenten wieder an die Oberfläche kam. Jack packte ihn am Jackenkragen und zog ihn hoch, dann überlegte er es sich anders und ließ ihn wieder über den gepflasterten Rand in den Teich sacken.
    Die Frau ging bereits weg. Jack folgte ihr. »Alles in Ordnung?«, sagte er zu ihrem Rücken.
    Als er sie eingeholt hatte, wandte sie sich ihm zu und strich sich die mit Perlen geschmückten Zöpfe aus den Augen. »Ja. Ich bin nur … lassen Sie mich einfach in Ruhe.« Sie blinzelte Tränen weg.
    Nun konnte er im Licht der großen Paraffinbrenner, die überall im Garten standen, ihr Gesicht sehen. Ihre Züge waren beinahe ägyptisch, mit einer feinen Nase, hohen Wangenknochen und leicht mandelförmigen Augen. Ihre Haut hatte einen hinreißenden dunklen Braunton.
    »Ich bringe Sie zu Ihrem Auto.«
    »Ich nehme ein Taxi.« Sie ging weiter rasch auf den Ausgang zu.
    »Gut. Ich bringe Sie hin.«
    »Es geht mir gut, okay?« Sie war einen Kopf kleiner als er, etwa eins siebzig. Tolle Beine.
    »Ich will einfach nicht, dass dieser Idiot Ihnen nach draußen folgt.«
    »Das wird er nicht«, fauchte sie.
    »Hey!«, erwiderte Jack gereizt. »Was ist mit Ihnen los?«
    Ein Taxi stand wartend am Wendekreis. Der Portier öffnete die Autotür.
    »Habe ich Sie um Hilfe gebeten? Na? Hab ich das getan? Nein. Also lassen Sie mich in Ruhe.« Sie setzte sich auf den Rücksitz und schwang die langen Beine hinein, dann zog sie die Autotür zu.
    »Na vielen Dank! Wofür halten Sie sich eigentlich?«
    »Wofür ich mich halte?«, fragte sie durchs Fenster, ihren Zorn nur mühsam beherrschend. »Muss ich denn eine afrikanische Prinzessin sein, damit man mich in Ruhe lässt?«
    »Von mir aus können Sie die verdammte Königin von Saba sein.«
    »Da haben Sie Pech«, sagte sie. »Ich bin Massai.«
    Das Taxi fuhr an. Jack sah zu, wie sich der Staub, den der Wagen aufgewirbelt hatte, wieder legte.

Kapitel 8
    Aus Peabodys Ostafrikaführer (5. Auflage):
    Die Hash House Harriers nahmen ihren Anfang in den 30er Jahren in einem Club für Briten in Malaya. Man hielt das Laufen

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