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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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allem die Notabeln und die wohlhabendsten Kaufleute der Stadt wohnten, die oft gar keine Ladengeschäfte mehr unterhielten.
    Plötzlich stand sie vor dem Gasthaus, nach dem sie gesucht hatte, und seufzte erleichtert. Es sah nicht billig aus, aber Alix hatte eine gut gefüllte kleine Börse dabei. Seit ihre Werkstätten voll ausgelastet waren, musste sie nicht mehr jeden Sou umdrehen. Wenn sie zurück war, wollte sie zuallererst einen neuen Arbeiter einstellen, falls Mathias das nicht ohnehin bereits erledigt hatte. Bertilles Bemerkung hatte ihr die Augen geöffnet. Was sollte sie mit weiteren Aufträgen, wenn es ihr an Personal fehlte und sich die unerledigte Arbeit in einer Ecke der Werkstatt stapelte?
    Seit ihrer Rückkehr aus Brügge arbeiteten Mathias und Arnold an den großen Wandteppichen über den Trojanischen Krieg , die König Ludwig XII. noch bei Jacquou in Auftrag gegeben hatte. Arnaude, Landry und Pierrot kümmerten sich um die Fertigstellung der Jungfrauen mit dem Einhorn , die für die Comtesse d’Angoulême bestimmt waren. Wenn sie selbst Zeit fand, sich an ihren Hochwebstuhl zu setzen, arbeitete sie an den Jungfrauen des Vatikans oder ihrer Begegnung am Hofe , die sie Louise schenken wollte.
    Selbstbewusst betrat sie die Herberge, und ein Stallknecht eilte herbei, um ihr Jason abzunehmen und in den Stall zu führen.
    Sie stellte sich dem Gastwirt vor, über dessen Gesicht ein breites Lächeln zog, als sie Sire Van de Veere erwähnte. Unauffällig nestelte sie an ihrer Börse, und der Mann nickte zufrieden.
    »Könntet Ihr so gut sein und Sire Van de Veere eine Nachricht ins Haus Eures Stadtvogts schicken, damit er weiß, dass ich angekommen bin?«
    »Selbstverständlich!«, erklärte der Wirt. »Einer von meinen Kutschern ist im Stall bei dem Knecht. Gebt mir Euren Brief, Dame Cassex, ich lass’ ihn sofort hinbringen.«
    Alix lächelte in sich hinein. Wie viel einfacher doch alles ging, wenn man einen gut gefüllten Geldbeutel und die richtigen Beziehungen hatte!
    »Ist das Haus des Stadtvogts sehr weit weg von Eurem Wirtshaus?«
    »Nein, es ist gleich in der Mitte der Rue des Forges.«
    »Da bin ich aber eben vorbeigekommen und habe es nicht gesehen.«
    »Das liegt daran, weil es das einzige befestigte Gebäude in der Straße ist und etwas hinter den anderen Häusern steht.«
    »Aha, dann lasst doch bitte meinen Brief hinbringen, während ich mich ein bisschen in der Stadt umsehe.«
    Der Gastwirt betrachtete sie unschlüssig. Mit kritischem Blick musterte er ihr selbstsicheres Auftreten und ihre sehr schöne Kleidung, die allerdings von der langen Reise schrecklich staubig war.
    »Wollt Ihr euch nicht lieber erst ein wenig frischmachen, Madame? Ich könnte Euch eines meiner schönsten Zimmer geben, gleich neben dem von Sire Van de Veere.«
    Alix sah an sich hinunter. Ihr Kleid sah von dem langen Ritt
tatsächlich sehr mitgenommen aus. Es war zwar nicht schmutzig, aber völlig verstaubt und zerknittert.
    »Wie dumm von mir!«, rief sie. »Ihr habt natürlich vollkommen recht.«
    Da lächelte sie der Wirt wieder freundlich an und rief laut: »Pernette!«
    Sofort steckte ein junges Dienstmädchen die Nase durch die Tür.
    »Komm her und kümmer’ dich um Dame Cassex. Lass ihr ein Bad ein, und bring ihre Kleider in Ordnung.«
    Alix ließ es sich einfach gefallen. Pernette füllte eine große Wanne mit heißem, schaumigem Wasser, in dem sich Alix müde entspannte und die wohlriechenden Öle genoss. Nach einer Weile glitt sie nackt und von Kopf bis Fuß nach Liliencreme duftend zwischen die frischen Laken ihres Betts.
    »Eure Kleider nehm’ ich mit, Dame Cassex, und bring’ sie Euch wieder, wenn sie in Ordnung sind. Ich versprech’ Euch, morgen sehen der Unterrock und das hübsche Samtkleid aus wie neu!«
    Alix war so erschöpft von dem tagelangen Ritt, dass sie zwei Sekunden später tief und fest schlief. Die Bettvorhänge hatte sie nicht mehr zugezogen, und auf ein weiches Daunenkissen gebettet und unter dicken Decken vergraben hörte sie nicht, wie sich die Tür öffnete.
    Ein Mund berührte ihren sanft, Lippen glitten behutsam über ihr Gesicht. Es war, als liebkoste der Flügel eines Vogels ihre Wange, ihre Stirn, ihren Hals.
    »Da bist du endlich, mein Herz! Wie sehr habe ich mich nach dir gesehnt.«
    Es war schon Nacht, aber der Schein der Lampe beleuchtete ihren ganzen Körper, weil er ihr Stück für Stück die Decke weggezogen hatte.
    Mit einer Hand liebkoste er sie, mit der anderen hielt

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