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Die Traenen Des Drachen

Titel: Die Traenen Des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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schweigen.
    »Danke…« Er krabbelte vom Stamm weg, nahm seinen scharfen Stein aus dem Gürtel und kroch wieder in den Schnee hinaus.
     
    Volom-Kar kletterte bis zu den obersten Ästen des Baums empor. Dort schnitt er ein paar Zweige und warf sie hinunter, während die Windböen den Stamm hin und her schwanken ließen. Drinnen beim Gamle bedeckte er den Boden mit den Zweigen und verwob sie zu einer Wand, mit der er die Öffnung des Unterschlupfs versperrte. Er schnitt Splitter von den Holzscheiten und errichtete damit ein Lagerfeuer, das kaum größer als seine Faust war. Als er es entzündet hatte, stapelte er größere Zweige ringsherum. Der Rauch entwich durch ein Loch im Schneedach. Auf der anderen Seite der Zweige konnte er den Himmel als weißen Fleck erkennen.
    »So.« Er beugte sich über die Zweige und blies. »Jetzt werden wir uns schon warm halten, bis Loke kommt.«
    Er bekam keine Antwort von Gamle. Der Häuptling lag mit über der Brust gefalteten Händen da und schlief, und Volom-Kar dachte, er sei erschöpft davon, über den Schnee gezogen worden zu sein. Doch darum konnte sich Volom jetzt nicht kümmern. Er nahm seinen spitzen Hut ab und presste sein Ohr gegen den Stamm des Baumes. Gleichzeitig schloss er seine Finger fest um die roten Zapfen, wie er es zu tun pflegte, wenn er sich Sorgen machte. Denn er mochte es nicht, dass Gamle in den letzten Tagen so schwermütig geworden war. Der Häuptling begann, den Mut zu verlieren, doch Volom wollte ihm keine Vorwürfe machen. Es waren bald vier Monde verstrichen, seit Gamle das Pilzweh bekommen hatte, und er war nur mehr ein Schatten des fetten Waldgeistes, der nach Erste Schneeflocke gekommen war, um Visom zu feiern. Das war genug, um selbst dem standhaftesten Waldgeist den Mut zu rauben, auch wenn sie alle die Geschichte von Urres neun Jahre andauerndem Pilzweh kannten.
    »Ojojojojoj«, klagte Gamle und drehte ihm den Rücken zu.
    Volom-Kar zog den Primstab aus den Zweigen. Es wäre nicht gut, ihn zu verbrennen, dachte er. Bei all dem Schnee gab es kaum einen Unterschied zwischen Tag und Nacht. Er strich mit seinem Daumen über die Kerben. Drei Monde und zweimal elf Tage. Neun Tage noch. Wo waren Loke und die Waldgeister jetzt wohl? Waren sie unten in der Stadt der Jäger, begannen sie jetzt den Großen Weg emporzusteigen? Oder waren sie noch weiter entfernt? Er schob den Primstab in seine Jacke. Was, wenn sie die Wurzel noch gar nicht gefunden hatten? In der letzten Zeit hatte er Gamle jeden Tag gefragt, ob er nicht wenigstens versuchen könne zu rufen. Und er hatte es versucht. Doch die jämmerlichen Stöhner waren weit entfernt von dem mächtigen Trollbrüllen, das der Gamle für gewöhnlich zu dieser Zeit des Jahres in die Welt hinausschickte.
    Volom schaute durch das Loch hinaus und kniff die Lider zu, als eine Schneeflocke in seinem Augenwinkel landete. War das ein Vogel dort im Wipfel des Nachbarbaumes? Er wischte sich mit seiner Faust das Auge trocken. Das war wieder der Rabe. Er war ein paar Tage, nachdem Gamle die schwarzen Vögel herbeigerufen hatte, gekommen und hielt sich seitdem hier auf. Fast schien er auf etwas zu warten.

Das Kretterlaqer
     
    H abt ihr eure Eltern mal über die Winddämonen sprechen hören, Kinder? Nicht solche Dämonen, für die ich einst gehalten wurde, sondern Spötter, Windstimmen. Manch einer nennt sie Vurminger.
    Ja, wirklich, Kleiner Tenn? Du hast einen draußen vor der Tür gesehen, bevor du hereingekommen bist? Auf dem Haufen Zweige neben der Tür? Ja, das kann gut sein. Aber die Winddämonen, von denen ich erzählen will, sind so groß, dass sie ganz sicher nicht auf dem Holzhaufen eines alten Mannes Platz finden würden. Solche Dämonen waren es, die ich sah, als wir von dem Gebirge herabkamen.
     
    Nach der ersten Nacht gingen wir, rechter Hand die Lanzenberge, weiter. Die Schneelatten brachten uns hier im Flachen rasch vorwärts. Ich beobachtete die Bergflanken, um zu sehen, wo wir waren, und bereits am ersten Tag erkannte ich die Stelle wieder, wo wir den Absatz erreicht hatten, der uns zur Höhle geführt hatte. Doch am nächsten Morgen erreichten wir die Klamm, die ihr Reinfell nennt. Wir blieben an dieser Kerbe mitten in der Ebene stehen und sahen, wie tief sie war. Ganz unten, viele Mastlängen unter uns, rann der Fluss unter einer dicken Eisschicht. Die Klamm war nicht breiter als ein paar Pferdesprünge, als ob ein böser Gott die Ebene mit seiner Axt zerhackt hätte, nur damit wir nicht

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