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Die Tränen des Herren (German Edition)

Die Tränen des Herren (German Edition)

Titel: Die Tränen des Herren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Napp
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und stieß den dösenden Waffenknecht an.
    „Zwei Fremde bitten um Quartier. Lauf zu Madame Ghislaine und frag nach ihren Anweisungen!“
    Schlaftrunken stolperte der junge Mann über die Stufen zum Hof.
    Vor der Kammer der Gräfin schlief ihre Zofe. Sie schreckte mit einem Kreischen hoch, als der Waffenknecht sie an der Schulter rüttelte. „Heilige Jungfrau-“
    „Irgendwelches Gesindel ist vor dem Tor und bittet um Obdach! Hol‘ die Herrin!“ Ächzend und schnaufend schlurfte die Zofe zur Tür.
    Wenig später eilte Ghislaine dem Waffenknecht nach.
    „Ich würde sie nicht einlassen, Madame Gräfin, wenn Ihr mir erlaubt, das zu sagen“, empfing sie der Wächter. „Seht, die führen gewiss nichts Gutes im Schilde!“
    „Nein, lass die Zugbrücke herunter! Ich kümmere mich um die beiden!“
    Der Torwächter seufzte. Madame Ghislaine würde in ihrer Güte dem Teufel selber Obdach gewähren! Kopfschüttelnd schaute er zu, wie sie den Fremden entgegenlief.
    Erkennend, wer da um Gastrecht ersuchte, griff sie erschrocken in die Zügel des Pferdes.
    „Jocelin!“
    „Leise!“ warnte er. „Es soll niemand wissen, dass ich hier bin! Bringt uns an einen Ort, wo wir ungestört sind, Madame!”
    Ihr Blick glitt über den zusammengesunkenen Körper vor ihm auf dem Sattel. Sie nickte. Dann huschte sie zum Palais, stieß eine Tür auf und verschwand in der Dunkelheit. Es dauerte eine Weile, ehe es ihren klammen Händen gelang, eine Kerze anzuzünden. Schließlich winkte sie.
    „Was ist passiert?“
    „Söldner. Sie erwischten uns kurz vor der Abzweigung nach Paris. - Holt mir noch ein paar Kerzen,  heißes Wasser und etwas zum Verbinden!”
    Ghislaine rannte zur Küche. Sie dankte Gott, dass die Knechte den Ofen schon angeheizt hatten. Hastig schob sie Holz nach und hing einen Wasserkessel über das Feuer. Aus einer Truhe suchte sie die frische Tischwäsche und zerriss sie in lange Streifen. Sie hatte Angst, dass irgendjemand sie überraschen könnte, oder Jocelin entdecken... Und doch war sie so glücklich, ihn wieder zu sehen, dass sie fürchtete, man könne ihr diese Freude ansehen.
    Wenig später kniete sie neben dem Ordensbruder.
    „Ihr müsst mir helfen, Ghislaine, bitte! Haltet ihn fest!“
    Jocelin tastete nach der eingedrungenen Pfeilspitze und machte einen tiefen Schnitt entlang des Schaftes. Der Verletzte stöhnte und bäumte sich auf.
    „Festhalten, Ghislaine!” stieß Jocelin zwischen den Zähnen hervor. Er bekam die Pfeilspitze zu fassen, riss sie aus dem Fleisch.
    Ghislaine schluckte heftig, als sie das Blut über seine Hände spritzen sah und bemühte sich, ihre aufsteigende Übelkeit unter Kontrolle zu bringen.
    Rasch presste er einen Wergballen auf die Wunde und knotete einen Leinenstreifen darüber. Mit noch zitternden Händen reichte Ghislaine ihm die restlichen Binden zu.
    „Ihr seid eine tapfere Frau... Ich bitte Euch um Vergebung für die Unannehmlichkeiten. Aber Bruder Arnaud brauchte dringend Hilfe. Er hätte es nicht mehr bis zu unserem Lager geschafft.”
    „Nein, nein, es ist nicht schlimm,” entgegnete sie mit einem matten Lächeln, zog ihren Umhang aus und breitete ihn über den Verwundeten. „Habt Ihr mit Erzbischof Gregor sprechen können?”
    „Ja. Aber er konnte uns nicht helfen. - Oder wollte es nicht. Wie alle. Aber ... wir haben noch mehr Brüder getroffen, die der Verhaftung voriges Jahr entronnen sind. Sie haben sich uns angeschlossen. Wenigstens etwas, das die Reise nach Tours gebracht hat.“
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    Widerwillig öffnete Floyran die Tür. Aber als er den Besucher erkannte, schob er ihn eilig ins Haus. Es war einer der Männer von La Blanche, die er gekauft hatte.
    „Jocelin von Judäa ist wieder da“, sagte er.
    „Bist du sicher?“
    „Ja, Sire. Er kam diese Nacht. Mit noch einem. Ich habe sie genau gesehen. - Was ist mit meiner Belohnung, Sire?“
    Er streckte Esquieu de Floyran herausfordernd die Hand entgegen. Der lachte.
    „Sire, ich habe ein Pferd zuschanden geritten, um Euch die Nachricht zu bringen!“
    „Was interessiert mich dein verdammter Gaul!“ Floyran packte den Mann am Gewand. „Ich bezahle dich, wenn der Templer vor dem Inquisitor steht!“ zischte er. „Und hüte dich, ihn zu warnen, das sag‘ ich dir! Du weißt, was mit denen geschieht, die den Templern helfen!“
    Esquieu de Floyran machte eine bezeichnende Handbewegung. „Ein Wort an König Philipp genügt, und du hängst! - Verschwinde!“
    Die Neuigkeit von Jocelins Anwesenheit auf La

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