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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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bist“, meinte er dann. „Jetzt ist
es erst einmal wichtiger, dich aufzuwärmen. Sonst bekommst du noch ein Fieber.“
    Sie lachte.
„Aber ich friere gar nicht mehr. Ich bin viel zu aufgeregt. Sehen wir uns die
Umgebung doch einmal genauer an. Der Hügel ist nicht besiedelt.“
    Sie nahm seine
Hand und er folgte ihr zögernd bergan. Der Hügel war von dichtem Wald
bewachsen. Libussa sprang zwischen den Bäumen hindurch wie ein Reh. Sie fühlte
sich schwerelos, als würde sie von unsichtbaren Händen getragen. Das Dunkel des
Waldes verschluckte sie beide. Premysl schlug vor, umzukehren, doch Libussa zog
ihn weiter. Die Melodie klang immer lauter in ihren Ohren. Als Premysl sie
packte und festhielt, verstand sie zunächst nicht, warum. Erst dann bemerkte
sie den alten Mann, der drohend einen Ast vor ihnen schwang. Seine Augen waren
vor Angst weit aufgerissen. „Wer seid ihr? Was wollt ihr hier?“
    Libussa hob
abwehrend die Hände. „Wir kommen in Frieden. Lebst du hier?“
    Er nickte zögernd.
„Seit vielen Jahren. Aber es kommt fast nie jemand her. Die Dörfer liegen
flussaufwärts von Chrasten. Was wollt ihr?“ Der Mann hatte wallendes weißes
Haar und einen Bart, der bis zu seiner Taille reichte. Seine Kleidung bestand
aus zerrissenen Lumpen und Fellen. Libussa begriff, dass er an einem anderen
Ort furchteinflößend auf sie gewirkt hätte, doch hier erschien ihr sein
Auftauchen angemessen, als hätte sie diesen merkwürdigen Kauz erwartet.
    Premysl trat
vor. „Meine ... meine Frau fiel in den Fluss und wäre fast ertrunken. Wir
gingen in den Wald, um einen ruhigen Ort zu suchen, wo sie sich aufwärmen
kann.“
    Libussa fand
die Erklärung fadenscheinig, aber der alte Mann nahm sie hin.
    „Ich habe eine
Hütte nicht weit von hier. Kommt!“, murmelte er, wenn auch etwas zögernd. Er
verschwand im Dickicht der Bäume und sie folgten dem Geräusch seiner Schritte.
Plötzlich tauchte die Hütte vor ihnen auf. Sie lag inmitten einer Lichtung und
das strahlende Sonnenlicht blendete Libussa.
    „Er muss eine
Stelle im Wald gerodet haben. Und er hat ein Feld angelegt“, flüsterte Premysl
ihr ins Ohr.
    Der alte Mann
winkte sie herein. „Ich habe diese Hütte vor vielen Jahren gebaut. Langsam ist
sie morsch geworden.“ Die Einrichtung war noch ärmlicher als in Premysls
ehemaligem Zuhause. Zudem lag ein unangenehmer Geruch in der Luft. Zwei
Schweine und eine Ziege schienen dort ebenfalls zu wohnen, denn sie begrüßten
den alten Mann freudig. Er streichelte sie und sprach sie mit Namen an.
    „Da ist eine
unvorsichtige junge Frau ins Wasser gefallen. Wir sollten ihr etwas Milch
geben, meinst du nicht, Ljuba?“, sagte er zu der Ziege, als er einen unförmigen
Holzbecher nahm und sie zu melken begann. Libussa fragte sich, ob er erwartete,
dass sie sich dafür bei der Ziege bedankte. Die Tiere selbst sehnten sich
jedenfalls nicht nach ihrer Aufmerksamkeit, denn sie verzogen sich schnell in
einen Winkel der Hütte, als sei einzig die Gegenwart des alten Mannes ihnen
genehm. Er streichelte sie und flüsterte ihnen Worte der Beruhigung in die Ohren.
Es schien ihm leichter zu fallen, mit diesen Tieren zu reden als mit
unbekannten Menschen, und Libussa erinnerte er darin an ihre Schwester Kazi.
    Der alte Mann
wies auf ein paar Felle, die in einer Ecke lagen. Er redete, ohne seine Gäste
anzusehen. „Setzt euch. Ich bekomme nicht oft Besuch. Eigentlich nie.“
    Dann wandte er
sich wieder seinen Tieren zu. „Kommt, ihr wollt sicher eine Weile nach draußen.
Aber bleibt in der Nähe und vergesst nicht, wieder hier zu sein, bevor es
dunkel wird. Keine Angst, die Gäste bleiben sicher nicht lange.“ Leise murmelnd
ließ er sie hinaus und blieb eine Weile vor der Hütte stehen, um zu beobachten,
wohin sie liefen.
    „Er lebt hier
ganz allein. Warum nur?“, flüsterte Libussa Premysl ins Ohr.
    „Früher wurden
Leute, die eine schwere Missetat begangen hatten, aus der Dorfgemeinschaft
ausgestoßen. Man erklärte sie für tot. Vermutlich sind die meisten von ihnen
auch gestorben, denn wer kommt schon allein im Wald zurecht. Dieser Mann hat es
wohl geschafft.“
    „Meine Kinder
gaben mir ein paar Tiere und Werkzeug mit. Heimlich natürlich“, erklang
plötzlich die Stimme des alten Mannes. Er musste ein ungewöhnlich gutes Gehör
haben. „Ich lief den Fluss entlang, bis ich diesen Hügel fand. Dort baute ich
meine Hütte. Ich dachte, hinter der Biegung der Vltava wäre ich sicher. Die
Tiere sollten mich ernähren, aber

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