Die träumende Welt 03 - Das Zeitalter des Chaos
haben sie etwas mitgebracht, das dich vielleicht interessiert, Gemma.« Jordan zeigte auf einen Beutel, den man auf einen niedrigen Tisch gelegt hatte. Gemma machte sich nicht die Mühe, hineinzusehen. Sie wusste bereits, was er enthielt.
»Drachenblumensamen«, sagte sie leise.
Die jüngere der Vandalen, Tomas, setzte zu einer Erklärung an, verhaspelte sich aber dabei.
»Sie sind eine unschätzbare Hilfe in der Heilkunst«, begann er. »Wenn man sie mit ... wenn man sie richtig ... richtig angewendet, kann man ...«
»Ich weiß, wozu man sie benutzen kann«, unterbrach Gemma ihn. Diesmal klang ihre Stimme sicherer. Arden hatte eine Salbe aus diesen Samen benutzt, um Gemmas Brandwunden zu heilen, nachdem er sie beim Herumirren durch die Diamantenwüste gefunden hatte. »Ich weiß aber auch, wozu man sie missbrauchen kann.«
In übertrieben hohen Dosen erzeugten die Samen schlimme Träume und wilde Halluzinationen. In den früheren und degenerierten Zeiten waren sie bei den Reichen und Dekadenten in Great Newport zu ebendiesem Zweck weit verbreitet gewesen. Mehr noch, Gemma war davon überzeugt, dass die Grauen Vandalen dabei mitgeholfen hatten, diesen Markt zu beliefern. Jetzt meldete sich Galar zu Wort.
»Es ist richtig, dass wir in der Vergangenheit von diesem Missbrauch profitiert haben«, gestand er freimütig. »Doch das wird nicht mehr vorkommen. In meiner Sekte haben sich viele Dinge geändert - dies ist nur eins davon. Wir bieten dir dieses Geschenk als Zeichen unseres guten Willens an.«
Des Weiteren erklärte er, die Organisation der Grauen Vandalen sei von gewissen unerwünschten Elementen gesäubert worden.
»Sie hatten unsere ursprünglichen Ziele aus den Augen verloren und haben uns für ihre persönlichen Zwecke missbraucht. Jetzt, da sich die Dinge in Cleve ändern, können wir ein derartiges Verhalten nicht mehr dulden.«
Arden schnaubte verächtlich.
»Ihr habt also aufgehört, aus dem Elend anderer Gewinn zu schlagen!« meinte er giftig. »Na und! Eure ursprünglichen Ziele bestanden doch darin, so viele unschuldige Reisende zu töten wie nur möglich. Und dahin kehrt ihr jetzt wieder zurück? Und wir sollen euch dazu noch beglückwünschen?«
Gemma spürte, wie er neben ihr vor Wut bebte. Er funkelte Galar wütend an.
»Aber nein!« platzte Tomas heraus, wurde dann aber durch eine Geste seines Vorgesetzten zum Schweigen gebracht.
»Ich will nicht abstreiten, dass dein Vorwurf eine gewisse Berechtigung hat«, sagte Galar.
»Wie großzügig!« erwiderte Arden voller Sarkasmus.
»Bitte, lass mich ausreden«, bat Galar. »Ich weiß, dass ihr beide unter den Grauen Vandalen gelitten habt, aber ich war - wie andere auch - gegen die widerliche Gewalt, für die viele von uns eingetreten sind.«
»Und warum bist du dann immer noch ein Vandale?« fragte Gemma scharf.
»Weil ich immer noch der Ansicht bin, dass die Kraft, die Reisende wie dich in dieses Land ruft, böse ist«, entgegnete er ernst. Eine solch überraschende Aussage aus diesem Mund gab Gemma und Arden zu denken. Die Vandalen als mögliche Verbündete zu sehen, war ihnen neu. Sie warfen sich einen Blick zu, dann warteten sie schweigend, dass Galar fortfuhr.
»Wir hätten die ganze Zeit längst nach der Wahrheit suchen müssen. Die findet man nicht, wenn man Menschen tötet. Ich glaube, bei denen, die hierhergerufen werden, handelt sich um die unschuldigen Opfer unseres tatsächli chen Feindes. Davon habe ich - endlich - die meisten meiner Mitstreiter überzeugen können.«
»Und die übrigen?« wollte Arden wissen, und seine Stimme klang hart wie Stahl.
»Wir gehen getrennte Wege«, erwiderte der Vandale. »Das sind jetzt Abtrünnige, Gesetzlose, die auf ihrer Idiotie beharren.«
»Welcher Gruppe hat sich Aric angeschlossen?« wollte Gemma plötzlich wissen.
»Aric ist tot«, antwortete Galar, der wusste, dass dieser Mann es war, der Gemma gefangengenommen hatte. »Seine Stellvertreter jedoch, Wray und Yarat, sind entkommen, und sie gehören tatsächlich zu den Gesetzlosen. Was wir jetzt benötigen«, fuhr er fort, »ist Zusammenarbeit. Wir müssen unser Wissen und unsere Mittel Zusammenlegen, damit wir unseren gemeinsamen Feind besiegen können. Wegen dieses Angebots sind wir hergekommen.«
Gleich nachdem Hewe die beiden Vandalen aus dem Raum begleitet hatte, wandte Gemma sich an Jordan.
»Können wir ihnen vertrauen?« wollte sie wissen.
»Meiner Ansicht nach ja«, erwiderte er ernst, »aber ich werde nicht darauf
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