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Die Träumerin von Ostende

Die Träumerin von Ostende

Titel: Die Träumerin von Ostende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric-Emmanuel Schmitt
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Frau, eine Frau, mit der er um die Welt reiste, mit der er während der Ferienmonate zusammen war und, wer weiß, vielleicht sogar jeden Freitagabend. Warum lebten sie nicht zusammen? Zwei Möglichkeiten. Entweder wohnte sie weit weg … Oder sie war verheiratet … Wer hätte das gedacht! Plisson! Er sollte zum Gerede dieses Sommers werden bei seinen Schülern aus der Vorbereitungsklasse für die Aufnahme in eine der Elitehochschulen.
     
    Als er die Haustür hinter seinem Schüler schloss, biss sich der Lehrer auf die Lippen. Warum hatte er das gesagt? In dreißig Berufsjahren hatte er niemals auch nur ein einziges Wort über sein Privatleben verlauten lassen. Wie konnte ihm das passieren … Es war wegen dieser Frage: »Wo in der Ardèche?«, … das hatte er doch tatsächlich vergessen … er, mit seinem Elefantengedächtnis, er, der sonst alles behielt … das hatte ihn dermaßen irritiert, dass er, um seine Gedächtnislücke plausibel zu machen, Sylvie erwähnt hatte …
    Was hatte er gesagt? Ach, es spielte keine Rolle … Unpässlichkeiten kündigten sich bei ihm immer auf diese Weise an, eine leichte Verwirrung, ein Lapsus, etwas, das ihm nicht einfallen wollte … Jetzt kochte ihm der Kopf. Er musste Fieber haben, zweifelsohne! Ein weiteres Anzeichen? Konnte es so schnell bergab gehen mit den grauen Zellen?
    Er wählte Sylvies Nummer, und während das Freizeichen ertönte, da sie nicht so schnell wie sonst abnahm, fürchtete er schon, er hätte sich verwählt …
    »Es ist also noch schlimmer, als ich dachte. Wenn ich die Zahlen verdreht habe und wenn sich jemand anders meldet, dann lege ich auf und marschiere umgehend ins Krankenhaus.«
    Nach dem zehnten Freizeichen meldete sich eine erstaunte Stimme.
    »Ja?«
    »Sylvie?«, fragte er atemlos mit erloschener Stimme.
    »Ja.«
    Er seufzte: Dann war es doch nicht so schlimm, zumindest hatte er die richtige Nummer gewählt.
    »Hier ist Maurice.«
    »Oh, entschuldige, Maurice, ich habe dich nicht gleich erkannt. Ich war gerade hinten in der Wohnung und … Ist etwas? Du rufst sonst nie um diese Zeit an …«
    »Sylvie, wohin gehen wir diesen Sommer in der Ardèche?«
    »In das Haus einer Freundin … also, nun ja, einer Freundin von Freunden …«
    »Und wie heißt der Ort?«
    »Keine Ahnung …«
    Bestürzt schlug Maurice die Augen nieder und umklammerte den Telefonhörer: sie auch! Es hat uns beide erwischt.
    »Stell dir vor«, klagte Maurice, »ich konnte mich auch nicht an den Namen erinnern, den du mir genannt hattest, als mich ein Schüler danach fragte.«
    »Aber Maurice, wie willst du dich an etwas erinnern, das ich dir nicht gesagt habe. Diese Freundin … oder genauer, diese Freundin von Freunden … kurz, die Eigentümerin hat mir einen Plan gezeichnet, damit wir hinfinden, weil das Anwesen auf dem Land liegt, in einer abgelegenen Gegend, kein Dorf weit und breit.«
    »Wirklich? Und du hast mir nichts davon gesagt?«
    »Nein.«
    »Bist du sicher?«
    »Ja.«
    »Dann habe ich also nichts vergessen? Dann ist ja alles in Ordnung!«, rief Maurice.
    »Warte«, sagte sie, nicht ahnend, von welcher Angst sie ihren Gesprächspartner befreite, »ich hole nur kurz meinen Zettel, dann kann ich dir deine Frage beantworten.«
    Maurice Plisson sank in den Voltaire-Sessel, den er von einer Großtante geerbt hatte, und bedachte seine Wohnung mit einem Lächeln; sie erschien ihm plötzlich so schön wie das Schloss von Versailles. Geschafft! Gerettet! Gesund und intakt! Nein, so bald würde er seine geliebten Bücher nicht verlassen, noch funktionierte sein Hirn, die Alzheimer-Krankheit kampierte außerhalb, jenseits des Befestigungswalls seiner Hirnhaut. Fort mit euch, ihr Schrecken und Hirngespinste!
    Dem Rascheln in der Leitung entnahm er, dass Sylvie ihre Zettel durchsah; dann hörte er einen Siegesschrei.
    »Hier, ich habe ihn gefunden. Bist du noch da, Maurice?«
    »Ja.«
    »Wir sind in der Ardèche-Schlucht, in einem Haus am Ende einer Straße, die keinen Namen hat. Ich erklär’s dir: Hinter einem Dorf namens Saint-Martin-des-Fossés nehmen wir die Straße nach Châtaigniers; von dort, an der dritten Straße hinter der Kreuzung mit einer Marienstatue, sind es dann noch zwei Kilometer. Reicht das, habe ich dir deine Frage damit beantwortet?«
    »Vollauf, danke.«
    »Willst du dir die Post nachschicken lassen?«
    »Für zwei Wochen, das lohnt nicht.«
    »Ich mach’s auch nicht. Vor allem mit so einer Adresse.«
    »Gut, Sylvie, ich will dich

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