Die Trinity-Anomalie (German Edition)
wertvolle Zeit.« Er kratzte sich am rechten Ohrläppchen, ein Zeichen für Doug. Er hörte, wie der ein paar Schritte näher kam und dann stehen blieb. »Nun gut, noch mal von vorn. Sie müssen mir alles sagen, was Sie über die beiden Männer in dem Pick-up wissen. Alles, was sie getan und gesagt haben. Bis ins kleinste Detail. Haben Sie mich genau verstanden?«
»Ja, ich glaube schon.«
»Gut, dann verstehen Sie auch Folgendes: Sollten wir später herausfinden, dass Sie gelogen haben, dann werde ich sehr ungehalten. Und Sie bekommen den Zorn Gottes zu spüren.«
Pater Nick nahm die Kamera, die Conrad aus Daniels Hotelzimmer hatte mitgehen lassen, und ging schon zum dritten Mal die Fotos des koksenden Tim Trinity durch.
Und mir hat er gesagt, er hätte keine Fotos …
Der Verrat schmerzte ihn.
Ihr Verhältnis war kompliziert, ein zweischneidiges Schwert. Es hatte Nick ermöglicht, so etwas wie Vaterliebe zu verspüren, erinnerte ihn aber auch ständig daran, worauf er verzichtet hatte. Er wäre ein guter Vater geworden, viel besser als sein eigener. Er hatte nie bedauert, dass er sein Leben in Gottes Dienst gestellt hatte, aber zuweilen schien ihn die Einsamkeit regelrecht zu erdrücken. Seine Liebe zu Daniel war Wunde und Balsam zugleich.
Und jetzt dieser Verrat.
Wenn Daniel diese Angelegenheit überlebte, würde er sicherlich für seine Vergehen gegen die Kirche exkommuniziert. Es sei denn …
Es sei denn, was?
Nick dachte darüber nach, wie er es Kardinal Allodi verkaufen könnte. Daniel wieder aufzunehmen, war doch sicher die beste Möglichkeit, ihn zum Schweigen zu bringen. Natürlich müsste er ihnen zuerst in der Sache mit Trinity behilflich sein und reumütig in den Schoß der Kirche zurückkehren. Er müsste gefügig seine Strafe annehmen und vielleicht ein Jahr lang – oder auch fünf – im Kloster körperliche Arbeit verrichten und sich einer rigorosen spirituellen Umerziehung unterwerfen. Anschließend könnte er wieder als Priester tätig sein, aber natürlich nicht in einer wichtigen Stellung. Er sprach mehrere Sprachen, konnte also in katholischen Schulen überall in Zentralafrika und Teilen Asiens unterrichten.
In dem unvermeidlichen Disziplinarverfahren könnte er Allodi und das Gericht wahrscheinlich überzeugen …
falls
er Daniel fand und
falls
er ihn zur Umkehr bewegen konnte.
Aber beides war sehr ungewiss.
Der junge Priester, der vorher am Computer gesessen hatte, kam mit schnellen Schritten angelaufen.
»Pater Conrad auf Leitung drei, Sir.«
Nick bedeutete dem jungen Priester mit erhobenem Finger, nicht wegzugehen, und nahm das Telefon entgegen. »Was haben Sie Neues?«
»Daniel hat mit so einem Bauern, der nicht mal am Stromnetz ist, den Cadillac gegen einen anderen Pick-up eingetauscht«, sagteConrad. »Und ich glaube, der Bauer weiß gar nicht, wer Trinity ist. Sie sind gegen Viertel nach acht heute Morgen weitergefahren – ich habe Bryan eine Beschreibung ihres neuen Wagens gegeben –, aber sie haben nicht erwähnt, wohin.«
»Im Fernsehen wird über nichts anderes berichtet«, sagte Nick. »Trinity ist bei einem Zeltgottesdienst in der Nähe von Greenville in Alabama aufgetaucht. Er wollte seine alten Sünden beichten. Aber das ist bei den Einheimischen nicht so gut angekommen.«
»Wann denn?«
»Gegen zwei.«
»Greenville …«, sagte Conrad, und Nick konnte hören, wie er eine Landkarte aufschlug. »Das liegt zwischen hier und New Orleans. Was halten Sie davon?«
»Daniel ist nicht so dumm, ihn nach Hause fahren zu lassen«, sagte Nick.
Conrad erwiderte: »Bestimmt auch nicht so dumm, ihn öffentlich auftreten zu lassen, und trotzdem sind sie im Fernsehen.«
»Ja, ich weiß.«
»Vielleicht ist Daniel ja nicht derjenige, der den Ton angibt.«
»Vielleicht nicht«, sagte Nick. »Also fahren Sie nach Greenville und dann weiter nach New Orleans. Bleiben Sie auf der Landstraße und halten Sie nach Zeltkirchen Ausschau. Vielleicht hält er ja noch mal bei einer an.«
»Rufen Sie mich, wenn es was Neues gibt«, sagte Conrad und unterbrach die Verbindung.
Nick legte den Hörer auf, wandte sich dem jungen Mann zu, der immer noch wartete, und gab ihm den Fotoapparat. »Bryan, verfolgen Sie die Fernsehnachrichten. Sobald es um die Greenville-Story ruhiger wird, spielen Sie den Medien die Fotos auf dieser Kamera zu. Anonym natürlich.«
»Selbstverständlich, Sir.«
58
»Was zum Teufel ist eigentlich los mit dir?«, fragte Daniel, als sie an dem
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