Die Troja-Mission
und dem Feuer kam?«
Rita schüttelte langsam den Kopf. »Nicht das Geringste. Sie haben mich in meiner Kabine gefangen gehalten und mich nur herausgelassen, wenn sie wieder mal ein Boot kapern wollten.«
»Was hatte es mit dem Hologramm eines Piratenschiffes auf sich?«, fragte Renee. »Ich hatte eher den Eindruck, dass man damit Schiffe aus dieser Gegend fern halten will, statt sie anzulocken und zu kapern.«
Rita blickte sie verständnislos an. »Hologramm? Ich weiß nicht mal genau, was das ist.«
Pitt lächelte in sich hinein. Er glaubte Rita Anderson kein Wort, und schon gar nicht die vogelwilde Geschichte, die sie ihnen auftischte. Renee hatte Recht. Ritas Make-up war tadellos – sie wirkte ganz gar nicht wie eine Frau, die hatte mit ansehen müssen, wie ihr Mann ermordet wurde. Hellbeiger Lippenstift mit einem Schimmer Rosa, kein bisschen verschmiert, kastanienbrauner Eyeliner und ein wie hingehauchter Lidschatten – all das wirkte ausgesprochen elegant und kündete eher von einem müßigen Dasein in Luxus und Wohlstand. Er beschloss, aufs Ganze zu gehen, wollte sehen, wie sie reagierte.
»Was haben Sie mit Odyssey zu tun?«, fragte er plötzlich.
Zunächst kapierte sie überhaupt nichts. Dann dämmerte ihr allmählich, dass sie es nicht mit unbedarften Fischern zu tun hatte. »Ich weiß nicht, was Sie damit meinen«, versetzte sie.
»Stand Ihr Mann etwa nicht in Diensten dieses Unternehmens?«
»Wieso fragen Sie das?«, stieß sie hervor, wollte offensichtlich Zeit schinden, bis sie sich wieder halbwegs gefasst hatte.
»Weil Ihr Boot unter Farbe und Firmenzeichen von Odyssey fuhr.«
Einen Moment lang zog sie die tadellos gezupften und fein nachgezogenen Augenbrauen zusammen. Sie macht das gut, dachte Pitt, sehr gut sogar. So leicht ließ sie sich nicht erschüttern. Und ihm wurde allmählich klar, dass Rita keineswegs die verwöhnte Frau eines reichen Mannes war. Dazu war sie viel zu selbstsicher, zu machtbewusst. Wieder musste er insgeheim grinsen, als sie einen jähen Flankenvorstoß unternahm und unerwartet zum Gegenangriff ansetzte.
»Wer seid ihr überhaupt?«, herrschte Rita ihn an. »Ihr seid doch keine einfachen Fischer.«
»Nein«, erwiderte Pitt langsam und nachdrücklich. »Wir sind im Auftrag der National Underwater and Marine Agency unterwegs, einer Meeresforschungsbehörde der Vereinigten Staaten, um herauszufinden, wodurch der braune Schlick entsteht.«
Sie fuhr zurück, als hätte er ihr eine Ohrfeige versetzt, verlor mit einem Mal die Fassung. »Das kann nicht sein«, stieß sie aus. »Sie …« Im letzten Moment beherrschte sie sich und biss sich auf die Zunge.
»… sollten doch längst tot sein.« Pitt brachte den Satz für sie zu Ende. »In der Hafeneinfahrt von Bluefields von einer Bombe zerrissen.«
»Sie wussten das?«, stieß Renee aus und ging auf die Koje zu, als wollte sie Rita an die Gurgel fahren.
»Sie wusste es«, versetzte Pitt, fasste Renee am Arm und hielt sie zurück.
»Aber warum?«, wollte Renee wissen. »Was haben wir Ihnen denn getan?«
Rita sagte kein Wort mehr. Sie wirkte teils verdutzt, teils wütend, vor allem aber giftig und gehässig. Renee hätte sie am liebsten gepackt und ihr links und rechts eine runtergehauen. »Was machen wir mit ihr?«
»Gar nichts«, erwiderte Pitt mit einem kurzen Achselzucken. Ihm war klar, dass er Rita nichts mehr entlocken konnte. Dass sie kein Wort mehr von sich geben würde. »Wir schließen sie in der Kabine ein, bis wir in Costa Rica sind. Ich sage Rudi Bescheid, dass er die dortigen Behörden verständigen soll, damit die schon bereitstehen und sie gleich in Gewahrsam nehmen können, sobald wir anlegen.«
Erschöpfung machte sich bei Pitt breit. Er war hundemüde, aber den anderen ging es genauso. Außerdem musste er noch etwas erledigen, bevor er sich aufs Ohr hauen konnte. Er sah sich kurz nach dem Liegestuhl um, dann fiel ihm ein, dass Renee ihn über Bord geworfen hatte. Er hockte sich kurzerhand aufs Deck, auf dem keinerlei Netze oder sonstiges Gerümpel mehr herumlagen, lehnte sich an die Bordwand und tippte die altbekannte Nummer in sein Globalstar-Satellitentelefon ein.
Sandecker klang ungehalten. »Warum haben Sie sich nicht längst gemeldet?«
»Wir waren schwer beschäftigt«, versetzte Pitt. Dann berichtete er dem Admiral rund zwanzig Minuten lang, was sie erlebt hatten, und brachte ihn auf den neuesten Stand der Dinge. Sandecker hörte geduldig zu, ohne ihn auch nur einmal zu unterbrechen, bis
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