Die Trolle
dann schüttelte er den Kopf und gab sich selbst die Antwort: »Nein. Das macht keinen Sinn. Zorpad ist ein gewiefter Stratege, wie er ein ums andere Mal bewiesen hat. Wir dürfen ihn nicht unterschätzen. Einen so groben Fehler würde er nicht begehen.«
»Wir müssen davon ausgehen, dass Zorpad einen Plan hat. Vielleicht will er einfach nur unser Land verwüsten und uns zwingen, die mageren Vorräte aufzubrauchen. Aber mit einem Angriff öffnet er seine Flanke im Osten«, erklärte Neagasund rieb sich die Stirn. »Die anderen Feinde würden nicht zögern. Seine Soldaten sind in Zwergenstahl gehüllt, sagt Ihr, Herrin?«
»Ja«, erwiderte Viçinia, »dicke und dabei doch leichte Panzer. Und die Waffen stammen vermutlich aus denselben Schmieden. In einer offenen Schlacht hätten seine Soldaten einen deutlichen Vorteil.«
»Und vielleicht bekommt der Marczeg noch Nachschub von den Zwergen. Das Kleine Volk bringt die größten Baumeister hervor. Wer weiß besser, wie man eine Feste erobert, als sie?«, warf Leanna cal Pascali ein, die als Bürgermeisterin in Ionnas Namen über die Stadt herrschte. Besorgt sah Viçinia die zierliche Frau mit den großen, dunklen Augen an.
»Spekulationen bringen uns nichts«, erklärte Ionna resolut, und wie immer, wenn die Voivodin sprach, verstummten alle anderen und lauschten ihren Worten. »Wir müssen Späher aussenden, um mehr zu erfahren. Wir müssen unsere Krieger sammeln, und ihre Herren müssen sich zum Kriegsrat einfinden. Solange wir nicht genau wissen, was Zorpad plant, bieten unsere Festungen am ehesten die Aussicht, den Sturm zu überstehen.«
Stumm nickten die Anwesenden, und Ionna erhob sich: »Neagas, sende Reiter an die Höfe unserer Verbündeten und rufe sie zusammen. Sie müssen gewarnt werden und sich vorbereiten. Ich setze ein Schreiben auf, das kopiert und mit Kurieren versandt werden muss.«
»Ja, Herrin. Auch in die Berge?«, fragte der Krieger vorsichtig.
Ionna nickte: »Auch zu den Sippen der Berge. Es ist an der Zeit, ihre Gefolgschaft einzufordern. Schicke ein Dutzend Späher in den Sadat, vor allem in die Umgebung von Teremi. Doch nur die besten, Neagas.«
Wieder nickte der Veteran, und Ionna fuhr fort: »Leanna, wir müssen die Vorräte in der Feste sammeln. Erstelle Listen mit den Dingen, die wir haben, und solchen, die wir noch benötigen. Wir müssen wissen, wie lange wir im Notfall ausharren könnten.«
»Ja, Herrin.«
»Und wir müssen die Bauern und Städter warnen. Wenn Zorpad kommt, müssen jedes Dorf und jeder Hof verlassen und leer und die Menschen in Sicherheit sein.«
»Was kann ich tun, Herrin?«, fragte Istran.
»Wir werden Waffen und Rüstungen benötigen. Kratze alles Eisen zusammen, dessen du habhaft werden kannst, und sorge dafür, dass unser Volk für den Krieg gerüstet ist!«
»Sofort, Herrin«, erwiderte Istran mit einer pflichtbewussten Verbeugung.
»Das ist fürs Erste alles«, erklärte die Fürstin entschieden und entließ somit ihren kleinen Rat. Doch als Viçinia ebenfalls den Raum verlassen wollte, hielt sie diese auf. »Schwester, wir müssen reden.«
Also nahm die Wlachakin wieder Platz und sah Ionna erwartungsvoll an. »Wie geht es dir?«, erkundigte diese sich, und Viçinia zuckte mit den Schultern.
»Schon besser. Ich bin nur müde.«
»Gut, gut. Man sieht dir die Strapazen an«, neckte ihre Schwester sie, und Viçinia lächelte.
»Danke, Herrin, Ihr seid zu gütig.«
»Diese Geschichten … ich zweifle nicht an deinen Worten, aber Trolle und Vînai?«
»Wir alle waren erstaunt und konnten es nicht glauben«, erwiderte Viçinia langsam, denn der warme Gewürzwein floss wohlig durch ihre Glieder, und der Kamin erfüllte den Raum mit Behaglichkeit.
»Es tut mir Leid, von Natioles Tod zu hören. Er war ein guter Freund und ein treuer Kämpfer«, sagte Ionna und legte ihrer Schwester die Hand auf die Schulter.
»Ja. Aber ich glaube, für Sten war es schlimmer. Nati war immer wie ein großer Bruder für ihn.«
»Erzähl mir mehr von Stens Verbindung zu diesen Trollen«, bat Ionna und setzte sich wieder.
Zögerlich begann Viçinia: »Sie haben ihn gerettet, als Zorpad ihn an den Wald übergeben hat. Eine Art Pakt verbindet sie seither. Sten hilft diesen Monstren, dafür achten sie sein Wort. Sobald sie ihre Suche an der Oberfläche beendet haben, kehren sie zurück in ihre Stollen, und Sten wird dann nach Désa kommen.«
»Er war schon immer zu waghalsig. Eines Tages musste sein Glück zur Neige
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