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Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)

Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)

Titel: Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Hübner
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eine Frau; eine, die nicht primär im Geschäft steckt, verstehst du? Ich weiß, Luisa, das ist hart. Tu es für unsere Familien.“
    „Ich soll rausfinden, für wen Meister Weber das Stück webt?“
    Christiana nickte sehr ernst.
    Luisa musste mit Caspar Weber sprechen! Ganz bald!
     
    „Man hat dich heute mit einem der Weber gesehen. Auf offener Straße und ohne Anstandsdame“, meldete Josephine am Abend.
    Ludovike wurde sehr hellhörig: „Das sollte dir nicht passieren.“
    Luisa ließ einen nicht eindeutigen Laut hören, eine Mischung aus Seufzen und Brummen. „Wieso nicht? Sollte ich mich im Verborgenen mit ihm erwischen lassen wie so eine ...?“
    Zur Antwort bekam sie hintergründige Blicke ihrer Schwestern. Die Nadeln ihres Knotens fielen mit hellem Klingen in die dafür vorgesehen Kristallschale.
    „Fragt Vater, wenn ihr so neugierig seid.“
    Das würden die Schwestern nicht tun, und selbst wenn, würde es sie langweilen. Luisa hatte Caspar Weber zufällig getroffen. Und wie gut er ausgesehen hatte! So verwegen, so kühn. Sicher, sie hatte vorgehabt, mit ihm über Liebigs Verdächtigungen zu sprechen, aber um ehrlich zu sein, hatte sie nicht damit gerechnet, so bald auf ihn zu treffen. Doch war es so gekommen und sie hatte mit ihm über Türpe und alles andere reden können.
    „Sie wissen, woher der Auftrag kommt. Werden Sie es denen sagen?“, hatte er sie gefragt.
    Natürlich nicht, wieso sollte sie. Auf jeden Fall musste sie die Neugier des Zunftmeisters Türpe besänftigen, das würde gar nicht so leicht werden. Luisa wusste noch nicht, wie sie es anstellen sollte, dass man das Interesse an Meister Webers Damastarbeit verlor, aber auf jeden Fall durfte sie nichts unversucht lassen. Sie brauchte eine Idee, denn der Türpe schlich bei den Webers herum und wollte wissen, was für einen Auftrag sie fertigten. Wer ihn geschickt hatte, ob er auf eigene Rechnung bei ihnen herumlungerte oder ob er vom Verleger, vom Zittauer Rat gar, geschickt worden war, das wusste niemand. Die Webers würden schweigen, das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Luisa brauchte einen Plan und ein paar Lügen.
    Zunächst einmal würde sie ruhig schlafen können, denn alles, was sie in Zukunft mit den Webers zu tun haben würde, konnte sie damit rechtfertigen, dass ihr eigener Herr Vater herausfinden lassen wollte, von wem die Familie Weber Aufträge annahm.
    Und tatsächlich schlief Luisa sehr gut, Caspars Bild vor ihrem inneren Auge. So gut hatte er ausgesehen! Die vertrauten, ungebändigten Haarsträhnen klemmten hinter seinem Ohr oder wirbelten in der milden Frühlingsbrise um sein Kinn, einem schlecht rasierten Kinn heute, und um seine Wangen. Ein bisschen hohle Wangen. Nur ein bisschen, eigentlich doch straffe Wangen. Seine Kiefer mahlten, wenn er gereizt war, seine Augen verengten sich, wenn er auf der Hut war. Das war er. Das musste er sein. Und einsilbig wie eh und je!
    Heinz Türpe aber ließ sie weder an Worten noch an Geschäftssinn sparen. Ihn suchte sie wenige Tage später auf. Sein Kräuteraufguss war bitter, seine Frau bieder, sein Stubentisch klebrig und er selbst war teuer.
    Es kostete sie den Emailglobus, den ihr Matthias Kollmar irgendwann einmal von den Britischen Inseln mitgebracht und für den sie nie Verwendung gehabt hatte. Sie erkaufte Türpes Schweigen, was Friedrich Webers Schmucktuch betraf, erkaufte das Versprechen, nicht nach dem Auftraggeber zu fragen, erkaufte die Eigenmächtigkeit, sie das erledigen zu lassen. Es passte dem Obermeister nicht, dass Meister Weber aus der Not, nicht für Liebig & Co. weben zu dürfen, die Tugend machte, sich nach einem neuen Arbeitgeber umzuschauen.
    Er entließ sie mit den Worten: „Wenn er die Leinwandauflage für Liebig & Co. nicht schafft, ist er dran.“ Luisa wusste, dass sie darauf achtgeben musste; der Obermeister war ein pingeliger Geselle, der gern das Tuch an fünf Zipfeln packte.
     
    Der Sommer rückte unaufhörlich ins Tal unter der Lausche. Es wurde drückend heiß und jeder, der konnte, blieb in den kühlen Bohlenstuben. Aber die anhaltend schlechte Konjunktur ließ sich nicht vom schönen Wetter inspirieren. Die Handwerker wurden zunehmend unzufriedener. Die Tumulte im Anschluss an die Dreihundertjahrfeier der Augsburger Konfession und die Nachrichten über meuternde Handwerker in Frankreich brachten die Stadträte auch im Zittauer Gebirge ins Grübeln. Ernsthafte Auseinandersetzungen mit der Obrigkeit gab es nicht, aber Drohungen, was die

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