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Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
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sie hatte ihr Herz an Kenji gehängt, den Vertreter eines einfachen Baustofflieferanten, der im Büro des Fliesenherstellers ein und aus ging.
    Denn Kenji hatte ihr heftiger als jeder andere den Hof gemacht. Bis zur Hochzeit war die Liebe mit ihm ein Traum in Rosarot gewesen. Er hatte sie auf ein Podest gestellt und verehrt, ihr die Zukunft in den schönsten Farben ausgemalt und ihr den Himmel auf Erden versprochen. Aber schon bald nach der Hochzeit war Yayois Traum vom Prinzessinnenleben zerplatzt. Kenji ließ sie fallen, fing zu trinken und zu spielen an und hielt sich immer mehr von zu Hause fern. Er gehörte zu der Sorte Mann, die irgendwann unweigerlich einer für sie unerreichbaren anderen Frau verfallen musste, aber das hatte Yayoi natürlich erst kürzlich bemerkt. Damals hatte er sie begehrt, weil Yayoi das süße Firmenmaskottchen gewesen war. Kaum hatte er das Ziel, sie zu besitzen, erreicht, war sein Interesse schnell verflogen. Kenji war ein Unglücksmensch, der immer einem Traumbild hinterherjagen musste.
     
    Am Abend zuvor war Kenji durch welche Fügung des Schicksals auch immer schon kurz vor zehn nach Hause gekommen.
    Yayoi war gerade dabei gewesen, in der Küche möglichst geräuschlos den Abwasch zu machen, damit sie die Kinder, die endlich eingeschlafen waren, nicht wieder aufweckte, als sie sich aus einer Ahnung heraus umdrehte. Kenji stand wie angewurzelt
dicht hinter ihr. Mit angewidertem Gesicht starrte er auf ihren Rücken, als betrachte er etwas höchst Abscheuliches. Erschrocken ließ Yayoi den nassen Spülschwamm ins Becken fallen.
    »Mensch, hast du mich erschreckt!«
    »Was denn, hast du etwa mit einem anderen Mann gerechnet?« Kenji war ausnahmsweise nicht betrunken, hatte jedoch furchtbar miese Laune. Aber an seine Launen war sie bis zur Genüge gewöhnt.
    »Ja, habe ich, wenn du’s genau wissen willst. Dich sehe ich ja nur noch, wenn du schläfst«, zischte sie bissig, während sie den Schwamm aus dem Spülwasser fischte. Und seine gereizte, düstere Fratze wollte sie möglichst gar nicht mehr sehen. »Wieso kommst du denn heute so früh?«
    »Weil ich kein Geld mehr habe.«
    »Als ob ich das nicht wüsste! Du hast ja schon seit Wochen keinen Yen mehr nach Hause gebracht!« Sie hatte ihm immer noch den Rücken zugewandt, als sie das sagte, aber sie spürte, dass er hämisch grinste.
    »Jetzt bin ich aber wirklich pleite. Selbst das Sparbuch hab ich durchgebracht.«
    »Durchgebracht?«, fragte sie mit zitternder Stimme. Zusammen mussten sie über fünf Millionen Yen angespart gehabt haben. Es hatte nicht mehr viel gefehlt, und sie hätten das nötige Eigenkapital für eine Eigentumswohnung beisammengehabt. Wofür hatte sie sich denn die ganze Zeit in der Fabrik abgerackert? »Das kann doch wohl nicht wahr sein! Wie ist das möglich, wo du dein ganzes Gehalt für dich hattest?«
    »Verspielt. Beim Bakkarat.«
    »Du machst doch Witze, oder?« Das war alles, was sie vor Entsetzen sagen konnte.
    »Nein, mach ich nicht.«
    »Aber es war doch gar nicht alles dein Geld!«
    »Deins aber auch nicht.«
    Da sie nach dieser Ungeheuerlichkeit sprachlos blieb, fügte er noch hinzu: »Soll ich hier abhauen? Ja? Wäre das besser, ja? Komm, sag schon!«
    Was gab ihm das Recht, so grob zu werden, was passte ihm nicht? Warum musste er die Familie jedes Mal, wenn er nach Hause kam,
mit seinem selbstsüchtigen Donnerwetter überziehen? Bis heute hatte sie immer stillgehalten und alles stumm ertragen, doch diesmal war es anders, diesmal musste sie sich wehren. Eiskalt gab Yayoi zurück: »Mit Abhauen wirst du nicht davonkommen, jetzt nicht mehr!«
    »Womit dann, he? Na, sag schon, womit dann?«
    Er wollte sie vor vollendete Tatsachen stellen, die Falschheit stand ihm im Gesicht geschrieben. Das weißt du ganz genau, dachte sie wütend und fuhr ihn an: »Hoffentlich lässt sie dich bald endlich fallen, das ist doch der Grund allen Übels!«
    Plötzlich bohrte sich etwas Hartes, Schweres in ihre Magengrube. Heftiger Schmerz durchfuhr sie, dass sie fast die Besinnung verlor, und Yayoi ging zu Boden. Sie konnte kaum mehr atmen, begriff aber nicht, was passiert war. Zusammengekrümmt lag sie da wie eine Krabbe und stieß undefinierbare Laute aus, da spürte sie die Tritte auf ihrem runden Rücken und schrie auf.
    »Blöde Schlampe!«, brüllte Kenji, und als sie aus den Augenwinkeln zusah, wie er sich die rechte Hand rieb, begriff sie, dass ihr Mann sie mit dieser Faust geschlagen hatte. Vor Schmerz wimmernd,

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