Die unbeugsame Braut
Jane. »In London können wir dann bis zum Morgengrauen feiern. Außerdem sollte auch Susan schleunigst ins Bett. Sie schaut aus, als würde sie gleich umfallen.«
Plötzlich fühlte Georgina sich schuldig. Seit ihrer Flucht aus Kimbolton hatte sie gegen Susan einen tiefen Groll gehegt. Heute jedoch, da ihr Herz überfloss vor Glück, wollte sie dies mit der Schwester teilen. Ich muss Susan sagen, dass ich sie gernhabe.
Als die Gäste sich in die Eingangshalle begaben, winkte Georgina ihre Schwester in den kleinen Salon.
»Es war so lieb von dir, den Weg auf dich zu nehmen, obwohl du dich nicht wohlfühlst.« Georgy umarmte ihre Schwester. »Ich bin so glücklich, Susan.«
»Das hast du mir zu verdanken. Als du England verlassen hast, um dem Skandal zu entfliehen, war ich außer mir. Ich fuhr direkt nach Woburn und konfrontierte John Russell mit dem Brief seines Bruders.«
»Mit welchem Brief?«
»Mit dem Brief, den Francis nach eurem Rendezvous auf Kimbolton an William schrieb. Bedford teilte uns mit, dass er dir einen Heiratsantrag gemacht habe und Mutter einen förmlichen Besuch abstatten wolle, um anschließend eure Verlobung öffentlich bekannt zu geben. Ich machte John Russell klar, wo seine Pflicht liegt«, erklärte Susan.
»Seine Pflicht?«, hauchte Georgina. Plötzlich schien Eiseskälte im Raum zu herrschen.
»John Russell und seine Freunde bestritten eine Verlobung und gaben dich öffentlicher Demütigung preis. Nachdem ich ihm den unwiderlegbaren Beweis zeigte, dass Francis dich zur Duchess of Bedford machen wollte, erkannte Russell, dass es seine Pflicht war, deinen Ruf und deine Ehre wiederherzustellen und dafür zu sorgen, dass du den versprochenen Titel bekommst.«
Manchester erschien in der Tür zum Salon. »Wo steckst du, Susan? Dir ist doch nicht schon wieder übel?«
»Ich komme schon!« Sie senkte die Stimme. »Männer sind so verdammt ungeduldig.« Susan küsste ihre Schwester auf die Wange. »Du brauchst dich nicht schuldig zu fühlen, Georgy. Du verdienst es, Duchess of Bedford zu sein. Gute Nacht.«
Georginas Knie waren so weich, dass sie auf einen Stuhl sank. John bat mich, seine Frau zu werden, weil er mich liebt. Ihr strahlendes Glück umgab sie wie eine Aura, und sie klammerte sich verzweifelt daran. Sie dachte zurück an die romantische Nacht in Paris, als er um sie angehalten hatte. Ich brauche eine Gastgeberin für Woburn und kenne keine andere Lady, die diesen Anspruch so gut erfüllt …
Georgina spürte, wie eiskalte Finger nach ihrem Herzen griffen
und es umklammerten. Sie schauderte zusammen. John machte damals keine Liebeserklärung. Er küsste mich bloß auf die Stirn. Ihre Hochstimmung verflüchtigte sich gleich einem Nebel und trieb davon. Ihr Glück zersprang in tausend Scherben
»Wir haben dich schon gesucht.« Charlotte drehte die Lampe höher. »Was machst du hier im Dunkeln?«
Der Kloß in ihrer Kehle hinderte Georgina an einer Antwort. Sie sah die besorgte Miene ihres Ehemannes, der an der Tür stand.
Charlotte nahm ihre Hände und zog sie vom Stuhl hoch. »Alle sind fort, endlich! Ich bringe dich hinauf, Georgy.« Im Vorübergehen raunte sie John zu: »Die übliche bräutliche Nervosität. Ich kümmere mich um sie.«
Die beiden Schwestern stiegen die Treppe hoch und bogen in den Gästeflügel ab, in dem das Brautgemach vorbereitet worden war. Georgina spürte, wie ihre Beine zitterten, und setzte sich aufs Bett.
»Ist etwas, Liebling?«, fragte Charlotte vorsichtig.
Georgina schüttelte den Kopf.
Eine Kammerzofe trat ein, um die junge Braut für das Bett zurechtzumachen, doch schickte Charlotte sie mit freundlichem Dank wieder hinaus. Als sie allein waren, kramte sie ein wenig herum, um Zeit zu gewinnen. Schaute nach den Handtüchern und anderen Toilettengegenständen, ehe sie die schweren Vorhänge vor den hohen Fenstern zuzog. Sie nahm das kunstvoll bestickte Nachthemd vom Kissen und legte es neben Georgina. »Ich helfe dir aus dem Brautkleid«, sagte sie leise.
Wie benommen ließ Georgina zu, dass ihre Schwester sie auszog und ihr das zarte weiße Hemd über den Kopf streifte. Charlotte führte sie zum Frisiertisch, drückte sie sanft auf den Stuhl vor dem Spiegel und machte sich daran, ihr Haar zu bürsten. »Ist dir bang zumute, Georgy?«
Ihre Blicke trafen sich im Spiegel. »Du brauchst keine Angst zu haben. John liebt dich sehr.«
Als Georginas Augen sich mit Tränen füllten, lief Charlotte zu dem Tisch, auf dem zwei Karaffen
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