Die unbeugsame Braut
befohlen hatte.
»Was hat ihn denn so aufgebracht?«, hakte Pitt nach.
»Das neue Gesetz über die Union mit Irland. Na ja, das Gesetz an sich nicht, wohl aber Ihr Vorsatz, den Katholiken Gleichstellung zuzugestehen. Der König ist empört, dass Sie ihn nicht konsultierten, ehe Sie sich so weit vorwagten. Er ist entschlossen, das Gesetz zu blockieren.« Der Leibarzt holte tief Luft und platzte heraus: »Seine Königliche Hoheit hat mir befohlen, als sein Premierminister zu fungieren.«
Alle Anwesenden waren wie vom Donner gerührt.
Georgina sah ihre Mutter an, da sie der Meinung war, sie sollten
sich zurückziehen, damit die Parlamentarier die Sache ungestört besprechen konnten, doch schüttelte die Herzogin den Kopf und legte den Finger an die Lippen. Die Damen blieben also sitzen und hörten zu.
Laut durcheinanderredend, wurde zunächst der allgemeinen Empörung und Missbilligung Ausdruck verliehen, bis George Canning sich mit einem Vorschlag an William Pitt wandte. »Sie müssen den Antrag auf Gleichstellung der Katholiken fürs Erste fallen lassen.«
»Ich habe feierlich und in gutem Glauben versprochen, dafür einzustehen, dass Katholiken ins Unterhaus gewählt werden können, wenn ich genügend Stimmen für das Unionsgesetz bekomme.«
»Alle werden wissen, dass es der König ist, der das Gesetz blockiert, und nicht Sie.«
Der Premierminister stand hoch erhobenen Hauptes auf. »Es war mein Fehler, Gentlemen. Ich war mir meines Einflusses so sicher, dass ich es versäumte, den König zu informieren. Da ich mein Versprechen nicht halten kann, bleibt mir keine andere Wahl, als mein Amt zur Verfügung zu stellen.«
Georgina argwöhnte, dass Pitts ausgeprägter Stolz ihn zu dieser dramatischen Entscheidung bewog. Die Kränkung, die ihm der König zufügte, indem er Addington zum Premierminister machte, war unerträglich für ihn.
Die Abgeordneten sprachen sich heftig gegen einen so drastischen Schritt aus, während Addington händeringend dastand.
Pitt machte der Diskussion ein Ende und kam zum Kern der Sache. »Ich trete zurück, und der Sprecher des Hauses wird Premier, wie Seine Königliche Hoheit es wünscht. Eine andere Vorgehensweise würde unsere Partei schädigen und die Whigs an die Macht bringen. Wenn wir eine Herrschaft des Thronfolgers und von Charles Fox verhindern wollen, müssen wir dem Wunsch des Königs entsprechen.«
Die Duchess of Gordon verließ den Raum und kam mit einem Fässchen schottischem Whiskey wieder, wohl wissend, dass alle
jetzt dringend eine Stärkung brauchten. Nachdem alle ihre Gläser geleert hatten, löste sich die Gesellschaft auf, und die Gäste empfahlen sich.
»Eine schreckliche Nachricht – es ist schier unerträglich. Wir Gordons waren immer treue Stützen des Königs, dem unsere Liebe und Verehrung galt. Jetzt fürchte ich aber, dass George III. geistig verwirrt ist. An dem Abend, als du der Königin vorgestellt wurdest, sprach dein Vater mit mir darüber.«
»Die Situation ist über alle Maßen traurig. Mir tut die Königin leid.«
»Es könnte nicht schlimmer sein. William Pitt ist der beste Premierminister, den das Land je hatte. Seine Fähigkeiten übersteigen jene seines Vaters bei weitem. Addington kann ihm nicht das Wasser reichen.«
Georginas Bruder betrat den Salon. »Es war doch gerade erst Mitternacht. Ist deine Dinnerparty schon zu Ende?«
»Ich habe eine schlimme, eine fast unglaubliche Nachricht.«
»Hallo, George. Du bist aber früh zu Hause«, empfing ihn seine Schwester.
»Auch ich bringe eine Neuigkeit. Bei Brooks traf ich Lord Holland. Henry berichtete mir, dass John Russell vor einigen Tagen seine Frau begraben musste.«
»O nein …!« Georgina erbleichte.
»Großer Gott! Ein Unglück kommt selten allein!« Jane schenkte sich von dem Whiskey nach und überlegte, was dieser Trauerfall für ihre Pläne bedeutete. »Elizabeth ist keine Blutsverwandte des Duke of Bedford, er wird also keine offizielle Trauerzeit einhalten. Für ihn liegt kein Grund vor, seine gesellschaftlichen Verpflichtungen einzuschränken. Trotzdem will ich Charlotte und Susan sofort schreiben und vorschlagen, sie sollen ihre Bälle auf nächsten Monat verschieben.«
Georgina war tief in Gedanken versunken und hörte kein einziges Wort, das ihre Mutter sagte. John Russell muss völlig gebrochen
sein. Wie schrecklich, seine Frau in so jungen Jahren zu verlieren. Ob er diesen Verlust jemals verwinden kann? Das Bild des kleinen Johnny stand plötzlich vor ihren
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