Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition)
sich hin. Paula spürte, dass sie langsam müde wurde. Auch die anderen
schienen etwas abzuschlaffen. Markus, der am meisten gegessen und getrunken hatte,
wollte gehen. Nikki allerdings noch nicht. Sie war puppenmunter. Und Simon und Robert
drängten sie förmlich, doch noch zu bleiben.
»Ich kann
Nikki ja nach Hause bringen«, sagte Simon. »Mach dir da mal keine Sorgen, Markus.«
Markus schien
das ziemlich egal zu sein. Der wollte nur noch heim ins Bett. Nach üppigem Essen
und Trinken war bei ihm nichts mehr zu holen. Paula wusste das nur allzu gut.
Und sie
musste ausharren, bis zum bitteren Ende. Nimm dich zusammen, Paula. Aber um durchzuhalten,
brauchte sie noch etwas zu trinken. Tja, und zwei Gläser Rotwein später war alles
zu spät. Es war natürlich ein Kinderspiel, die süße Nikki fertigzumachen.
»Komplimentierfarben?
Was meinen Sie denn damit, Nikki? Ist das was Neues?«
»Hör sofort
auf damit!«, zischte Robert. »Du bist widerlich.«
Jule schüttelte
den Kopf. Keine Hilfe von der besten Freundin.
Simon stand
auf.
»Ich glaube,
es wird langsam Zeit, dass ich Sie heimbringe, Nikki.«
»Ach, wie
charmant. Ganz Kavalier der alten Schule. Das wird die junge Dame sicher zu schätzen
wissen. Hast du auch die nötigen Pillen dabei?«
Betretenes
Schweigen.
»Paula!«
Robert war der Erste, der die Sprache wieder fand. »Was soll denn das? Bist du jetzt
vollends von allen guten Geistern verlassen?« Seine Miene war eisig geworden, seine
Augen funkelten. »Du entschuldigst dich auf der Stelle.«
Paula wurde
tiefrot. Die Falle war zugeschnappt.
Als alle
gegangen waren, flüchtete sie ins Bett. Aber Robert versuchte erst gar nicht, mit
ihr zu reden. Sie hörte, wie er im Wohnzimmer unten den Fernseher aufdrehte.
Kapitel 10
Und die nächsten beiden Wochen?
Nun, Robert gab den Othello, und Simon war in der Versenkung verschwunden.
Zu allem
Überfluss hatte Paula jetzt auch noch einen anderen Dämpfer bekommen, nämlich vom
Verlagshaus Schaller.
Sehr geehrte Frau Assmann,
es tut uns
leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass das von Ihnen eingereichte Manuskript ›Noir:
Makabere Spiele in Èze‹ nicht in die Ausrichtung unseres Verlages passt.
Sowohl von
dem eher uneindeutigen Genre als auch vom schriftstellerischen Idiom her erscheint
uns Ihr Werk noch zu unausgereift, um publikationswürdig zu sein. Auch wirkt sich
der latente Feminismus, mit dem Sie den vermeintlichen Kriminalroman in einzelnen
Passagen unterlegen, verunsichernd auf die Erzählperspektive aus.
Da es sich
Ihrem Schreiben nach um Ihr Erstlingswerk handelt, möchten wir Ihnen dringend empfehlen,
sich von einem erfahrenen Mentor bzw. Lektor beraten zu lassen.
Anbei ein
Prospekt mit den Neuerscheinungen unseres Hauses.
Mit freundlichen
Grüßen
Arnulf G.
Ziegler
Das hatte gerade noch gefehlt. Uneindeutiges
Genre. Unausgereift. Und von wegen Feminismus. Das war todsicher so ein aufgeblasener
Macho, dieser Ziegler. Kein Wunder, dass ihm die weiblich-ironische Stimme, mit
der sie Serges Perspektive kontrastiert hatte, nicht in den Kram passte.
Nein. Sie
wusste, dass ihr ›schwarzer‹ Krimi Format hatte. Dass ›Noir‹ ausgezeichnet und der
Lektor ein absoluter Ignorant war. Sie würde das Manuskript in unveränderter Form
einem anderen Verlag anbieten – einem Verlag, der damit umgehen konnte. Am besten
einem feministischen.
Nur gut,
dass Robert nichts davon wusste. Der würde sich ins Fäustchen lachen. Das wäre Wasser
auf seine Mühle, besonders nach ihrer letzten Szene.
»Hältst du mich wirklich für solch
einen Trottel? Denkst du, ich weiß nicht, dass ihr ein Verhältnis habt?«
»Okay, da
war was. Aber nur kurz. Und es ist vorbei.«
»Hach! Da
kann ich mich ja beglückwünschen. Aber ich muss mich wohl eher bei Simon bedanken.
Er hat dich abgehalftert. Deshalb siehst du so verheerend aus. Deshalb bist du so
unausstehlich. Vielen Dank, Herr Sternberg, dass Sie mir meine Frau zurückgeschickt
haben. Wie steht es immer in den Werbeprospekten? Bei Nichtgefallen zurück. Umtausch
innerhalb von 14 Tagen . Nach wie vielen Wochen hat er denn genug gehabt?«
»Du bist
gemein, hundsgemein.«
So hatte
sie sich nicht aufgeführt, damals, vor 15 Jahren. Als er seine Midlife-Crisis
gehabt hatte. Mit seiner Assistentin, Frau Dr. Anne Schaadt. Die kleine, zarte Brünette
mit den Rehaugen. Die kleine, zarte, zähe Karrieristin, die dann so groß herausgekommen
war. Unsere Frau in Stanford, so wurde sie neulich in
Weitere Kostenlose Bücher