Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition)
schaute Paula an. »Na
also. Versuch, Abstand zu bekommen. Triff dich nicht mehr mit Simon. Dann erledigt
sich die Sache von selbst.«
»Ich will
keinen Abstand. Ich will, dass es weitergeht. Außerdem, wenn er plötzlich nicht
mehr auftaucht, wird Robert erst recht stutzig.«
»Na, du
biegst dir aber auch alles so zurecht, wie du’s brauchst. Das Beste wäre, wenn du
mal mit Robert eine Weile fortfahren würdest. Fliegt in den Süden. Malta. Zypern.
Was auch immer. Tapetenwechsel tut bei Krisen immer gut.«
»Das macht
Robert doch nie mit. Der will doch gar nicht mehr verreisen. Der will doch nicht
aus seinem Trott raus.«
»Dann musst
du ihn eben überreden. Verführ ihn.«
»Ha! Als
ob der sich noch von mir verführen ließe. Besonders nach dieser Geschichte jetzt.«
Aber sie
musste so langsam wirklich wissen, was sie wollte. So konnte es nicht weitergehen.
Kapitel 9
»Simon, ob du es willst oder nicht
– ich komme gleich bei dir vorbei. Jetzt, sofort.«
Bevor er
protestieren konnte, hatte Paula auch schon den Hörer aufgelegt. Sie hatte es satt,
herumzusitzen und darauf zu warten, dass er sich endlich meldete.
»Was willst
du?«
»Was werde
ich schon wollen? Ich will wissen, was los ist. Seit du zurück bist, meidest du
mich wie die Pest. Hab ich dir irgendwas getan?«
»Nein. Natürlich
nicht.«
»Also? Was
ist es dann?«
Simon ging
zur Anrichte, nahm zwei Gläser heraus und füllte sie mit Whisky.
»Ich hab’s
dir doch schon mal gesagt.«
»Du kommst
mir jetzt doch nicht wieder mit diesem Schuld-und-Sühne-Zeug?«
»Paula,
ich habe nachgedacht. Es war wirklich leichtfertig, was wir beide getan haben. Es
war unüberlegt.«
»Du, ich
hab mir das sehr wohl überlegt. Denkst du etwa, ich steige mit jedem ins Bett? Um
es dir klar und deutlich zu sagen: Ich habe Robert noch nie betrogen. Du bist der
erste und einzige in meiner ganzen Ehe.«
»Es tut
mir leid.«
»Dir tut
es leid?«
»Nein, das
wollte ich nicht sagen. Natürlich nicht. Es waren herrliche Wochen, wirklich.« Simon
goss sich nach. »Aber du weißt doch so gut wie ich, dass das mit uns beiden keine
Zukunft hat. Dass das nicht von Dauer sein konnte. Ich dachte, du siehst das genauso.
Du, eine verheiratete Frau.«
»Ja, natürlich
– eine verheiratete Frau!« Noch dazu eine Frau in den Wechseljahren. »Gerade recht
für ein kurzes Intermezzo.«
»Ach, Paula,
du weißt so gut wie ich, dass das nicht stimmt. Du kennst mich lange genug. Aber
überleg mal selbst – wie sollte das denn weitergehen, hier? Vor Roberts Augen? Paula!
Robert ist doch nicht blöde. Der merkt das doch. Der war doch schon vorher eifersüchtig.«
»Ich will
nicht, dass es aus ist.« Paulas Stimme war jetzt am Kippen.
»Von Wollen
kann keine Rede sein. Wir müssen.«
Vernunft
und Disziplin. Typisch Mann. Jajaja. Paula begann zu heulen.
Simon stand
auf, nahm sie steif in die Arme und klopfte ihr auf den Rücken. Wie bei einem störrischen
Pferd, das man beruhigen muss. Lass das, ich bin kein Ackergaul.
»Komm, Paula,
nimm’s nicht so schwer. Wir können uns ja trotzdem wieder treffen. Später. Aber
erst müssen wir Abstand gewinnen. Du wirst sehen, alles wird gut.«
»Ich weiß,
ich weiß – die alte Leier, lass uns gute Freunde bleiben.« Paula schluchzte jetzt.
»Es tut
mir leid, Paula.«
»Was tut
dir leid? Nichts tut dir leid. Du bist gemein.«
»Jetzt steigere
dich doch nicht so hinein.«
»Hineinsteigern.
Du Idiot!« Paula konnte nun kaum mehr aus den Augen schauen. »Ich hab mich in dich
verliebt! Und du hast die ganze Zeit so getan, als ob du auch in mich verliebt seiest.
Überhaupt – du hast doch angefangen. Du hast doch angefangen zu zündeln.«
»Ich?«
»Ja, du.
Erinnerst du dich nicht? Und du erinnerst dich wohl auch nicht an all das, was du
zu mir gesagt hast?«
Er hatte
viel zu ihr gesagt, sehr viel sogar. Aber jetzt war plötzlich alles anders. Er war
ein feiger Hund. Er war eine Flasche.
Simon stand
auf und ging ans Fenster. Schweigend starrte er auf die kahlen Bäume hinaus.
Paula goss
sich noch einen Whisky ein. Sie würde sich jetzt volllaufen lassen.
»Paula.
Da ist noch was anderes. Dieser Autounfall …«
»Was ist
mit dem Autounfall? Wir hatten doch Glück.«
»Ja, du hattest Glück. Du warst nicht am Steuer. Du hast ja keine Schuld.«
»Nein. Aber
es hätte mir genauso passieren können. Der andere kam uns ja ganz plötzlich entgegen,
wie aus dem Nichts. Und wenn die Bremsen nicht versagt hätten …«
»Was
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