Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Unseligen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
Vom Netzwerk:
an der Schürze abwischte. »Wenn ich mich recht entsinne, war das einer der Naziwissenschaftler, die die Vereinigten Staaten bei Kriegsende angeworben haben.«
    Benjamin zündete sich eine Zigarette an und machte es sich auf dem Sofa bequem.
    Auf dem Couchtisch im Wohnzimmer, inmitten leerer Dosen und Pizzaverpackungen, hatte Benjamin die Dokumente ausgebreitet, die er in den letzten Monaten zusammengetragen hatte – ein komplexes Puzzle mit vielfältigen Verästelungen, das er in seiner Gesamtheit noch immer kaum durchschaute. Er blätterte zerstreut das Notizbuch durch, in das er die Zeitungsausschnitte klebte. Auf Dutzenden von Seiten hatte er akribisch die Folge der Ereignisse protokolliert, an deren Ende die Entführung Megans stand.
    Die Unterredung am Quai d’Orsay hatte einen bitteren Nachgeschmack bei ihm hinterlassen, die gleiche Niedergeschlagenheit, die er bei der Evakuierung des Lagers in Damasak empfunden hatte. Einmal mehr fühlte er sich ohnmächtig den höheren Instanzen, der Macht der Nationen, den widerstreitenden geoökonomischen Interessen der Staaten ausgeliefert. Und diese Ohnmacht zerbrach ihn. Sein ganzes Leben lang hatte er sich daran gerieben. Aber in seinem Innern änderte sich etwas. Er spürte es. Seine Empörung, seine Wut waren noch nie so stark gewesen. Er wollte nicht, dass Megan das x-te anonyme Opfer eines Systems wurde, das seines Erachtens dem Untergang geweiht war.
    »Sie hatten das Operation Paperclip genannt«, sagte Jacques, während er die Schürze auszog. »1945 hat die CIA Nazis mit hervorragenden Fähigkeiten auf unterschiedlichen Gebieten in die USA gebracht.«
    Mit zwei dampfenden Tellern und zwei Flaschen Bier, die er unter die Achsel geklemmt hatte, verließ er die Küche. Mit dem Ellbogen knipste er das Licht aus.
    »Und was hat dieser Arthur Rudolph genau getan?«
    »Er leitete eine Waffenfabrik in Deutschland. Er arbeitete für die NASA , und er gilt als der Vater der amerikanischen Saturn-V-Rakete.« Jacques reichte Benjamin einen tiefen Teller. »Überraschung des Küchenchefs: Nudeln mit Butter und Gruyère … «
    »Es geht nichts über das Singledasein«, sagte Letzterer, während er seine Zigarette im Aschenbecher ausdrückte.
    »Amen, mein Bruder.«
    Sie machten sich über das Nudelgericht her und sahen nebenbei fern. Sie kommentierten lustlos die Nachrichten und beendeten die Mahlzeit genau in dem Moment, in dem eine Sendung über einen Mann anfing, der sich in den Geist einer ehemaligen Mieterin verliebt.
    »Ich glaube, wir brauchen mehr Bier, um das bis zum Ende durchzustehen, Alter«, sagte Jacques.
    Benjamin kam mit einem Sechserpack aus der Küche, als die Klingel läutete. Er blieb stehen.
    »Erwartest du jemanden?«
    »Nein … « Benjamin ging mit schlurfenden Schritten zur Tür. »Vielleicht ist es deine Frau, die dich bittet, ihr zu verzeihen?«
    »Das wäre zu schön, um wahr zu sein.« Jacques öffnete eine Bierflasche. »Ich hoffe, du hast keinen solchen Mist geredet, dass das Ministerium uns ein paar Handlanger schickt.«
    »Damit sie uns aus dem Fenster werfen und es als Selbstmord hinstellen?«
    »Angesichts des Zustands, in dem sich deine Wohnung befindet, würde selbst ich das glauben.«
    Benjamin schüttelte lächelnd den Kopf und drückte auf die Taste der Sprechanlage.
    »Doktor Dufrais?«
    »Ja.«
    »Guten Abend, ich bin Pater Jean, der Beauftragte der Kirche in der Geiselaffäre. Tut mir leid, dass ich so spät komme, aber ich würde gern mit Ihnen reden. Es ist wichtig.«

127
    Pater Jean war ungefähr so alt wie Jacques, aber anscheinend in schlechter körperlicher Verfassung. Ein asthmatisches Rasseln entrang sich am Ende jedes Satzes seiner Brust.
    Er zog seine zur Hose passende Kordjacke aus und legte sie hinter sich.
    Benjamin setzte sich neben ihn und hielt ihm sein Feuerzeug hin. Der Kirchenmann beugte sich vor, um seine Zigarette anzuzünden.
    »Sie haben mir gesagt, die Geiseln seien am Leben«, sagte er, während er den Rauch ausstieß. »Weiter wollten sie mir nichts sagen. Aus Nigeria selbst habe ich keinerlei Informationen erhalten. Aus diesem Grund bin ich hier. Ich habe gehofft, Sie wüssten mehr.«
    »Ich habe nur herausbekommen, dass sie nicht mit den Entführern verhandeln wollen.«
    »Haben sie Ihnen gesagt, warum?«
    »Nur andeutungsweise. Immerhin habe ich erfahren, dass Nigeria und Frankreich gemeinsam gegen die MEND kämpfen, und weil die Gruppe französische Erdölkonzerne angreift, will Frankreich nicht

Weitere Kostenlose Bücher