Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Unseligen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas

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»Nacht der Macheten« durch und malte sich jedes Detail aus. Er legte die Karte zusammen und betrachtete die struppigen Wipfel der Mangroven. Ein Dunstschleier hüllte eine kleine Insel mit Totholz ein, die sichtbar die Spuren mehrerer Ölkatastrophen trug. Die mittlerweile sehr nahe gekommenen Schornsteine der Erdölraffinerie spuckten hohe Lichtfontänen aus, und rote Rauchsäulen wirbelten empor, ehe sie sich in der Nacht verloren. Auf diese Entfernung hätte man meinen können, dass eine Kette von Vulkanen ausgebrochen war und drohte die Landschaft, den Fluss, alles unter Lavaströmen zu begraben.

24
    Die Scheinwerfer tauchten das Rollfeld der Kaserne von Owerri in taghelles weißes Licht, das acht Apache-Kampfhubschrauber enthüllte. Die Rotorblätter, die sich im Zeitlupentempo drehten, wehten Staub und Sand auf. Flugzeugmechaniker hatten alle Hubschrauber durchgecheckt.
    Am Eingang des Hangars lauschten die Männer des Spezialeinsatzkommandos aufmerksam der Einsatzbesprechung. Die Piloten beugten sich über Karten des Deltas und prägten sich jedes Detail ein. Eine rot schraffierte Zone kennzeichnete die Mündung des Niger, und ein schwarzes Kreuz markierte den Bereich, der während des Angriffs abgedeckt sein sollte. Der Befehlshaber der nigerianischen Spezialeinheiten legte seinen Finger auf das Kreuz.
    »Hier greifen wir an. Die Wasserschutzeinheit ist bereits vor Ort, um den Fluss zu blockieren. Apache 1 und 2, ihr gebt ihnen Luftunterstützung. Apache 3, ihr hindert sie am Rückzug. Ihr haltet ständigen Funkkontakt. Wir haben einen von uns bei ihnen eingeschleust. Er wird sich um die Geisel kümmern. Er zündet eine Leuchtrakete, um auf sich aufmerksam zu machen. Apache 1 , sobald ihr die Zone gesäubert habt, sammelt ihr ihn auf.«
    Die Piloten nickten schweigend und zogen ihre Helme über. Dann eilten sie im Laufschritt aus dem Hangar zu ihren Kampfhubschraubern. Die Rotorblätter drehten sich schneller, und ein ohrenbetäubender Lärm breitete sich über dem Rollfeld aus. Eine dichte Staubwolke schwebte in der Luft, als die Hubschrauber senkrecht abhoben.
    Der Befehlshaber der Spezialeinheit sah den Hubschraubern nach, wie sie über die Scheinwerfer emporstiegen und in der Nacht verschwanden.

25
    Als sie sich der scharfen Biegung im Flussbett näherten, signalisierte Umaru Atocha dem Steuermann durch Handzeichen, die Geschwindigkeit zu drosseln. Um die Boote herum wurde die Vegetation immer spärlicher, die Bäume wurden kleiner und standen weniger dicht. Hinter der Biegung traf sie ein trockener Nordwind von der Seite und fuhr unter die Luftkissen. Das Hovercraft begann zu schlingern, ehe es sich in einem Wasserstrudel schwerfällig stabilisierte. Umaru fröstelte und schlug den Kragen seines Hemdes hoch.
    Unbeschädigt überwanden sie die Wellen- und Gischtlinie dort, wo der Warri-Forcados und der Niger zusammenflossen. Mittlerweile färbten die Gasfackeln der Fabrik die Nacht wie riesige Leuchtfeuer rot ein und sprenkelten den Fluss mit rostbraunen und scharlachroten Tupfen. Die von der Brise herangetragenen salzhaltigen Sprühnebel des Atlantiks vermischten sich mit Erdöl- und Gasdämpfen und dem Gestank der Abwässer von Onitsha und der Klärwerke von Port Harcourt. Der Niger, der drittlängste Strom Afrikas, war vor seiner Mündung nur noch eine Art Sickerblutung, die träge zu den Stränden rieselte.
    Der für den Funkverkehr zuständige Junge sprang plötzlich auf und bahnte sich mit den Ellbogen einen Weg durch die Menge. Er hielt Umaru ein Satellitentelefon hin.
    »Kommandant, der General will mit Ihnen sprechen.«
    Der Albino nahm den Hörer in die Hand. Das Rauschen in der Leitung und das Echo des Windes durchbohrten ihm das Trommelfell.
    »Hier Alpha Tango Oskar Charlie Hotel Alpha«, schrie er, während er versuchte, den Lautsprecher mit der Hand abzuschirmen.
    »Wo seid ihr?«
    Der Krach der Motoren und das Prasseln der gegen den Rumpf schlagenden Gischt verzerrten die Silben, sodass Umaru die meisten Worte des Mannes am anderen Ende erraten musste.
    »Maximal drei Kilometer vom Ziel entfernt«, brüllte er.
    »Hubschrauber haben vor einer Stunde die Kaserne von Owerri verlassen und fliegen Richtung Süd-Süd-West.«
    »Sie kommen auf uns zu … «, sagte Umaru zu sich selbst. »Wie viele sind es?«
    »Drei, vielleicht vier.«
    »Wie lauten Ihre Befehle, Herr General?«
    »Brechen Sie die Operation ab. Kehren Sie ins Lager zurück.«
    »Herr General, ich … «
    »Das ist ein