Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Befehl!«
    Er wollte etwas hinzufügen, als er plötzlich einen stechenden Schmerz in seiner Brust spürte. Er legte einfach auf und kippte die Kalaschnikow vor seine Brust. Als er später an diese Augenblicke zurückdachte, als er wieder und wieder die Abfolge der Ereignisse Revue passieren ließ, spürte er erneut dieses Stechen in seiner Brust. Er versuchte zu verstehen, wieso sein Körper die unmittelbar bevorstehende Katastrophe vorausgeahnt hatte.

26
    Etwa hundert Meter flussabwärts zeichnete sich die kaum vom Strom zu unterscheidende Silhouette eines Schiffes ab. Die Mannschaft war dem Beispiel Umarus gefolgt und hatte ihre Gewehre auf den schwärzlichen Schattenriss angelegt, der ihnen den Weg versperrte.
    Die Hovercrafts schwärmten aus und bildeten zur Verteidigung eine V-Formation. Die Bord-Maschinengewehre waren auf die graublaue Silhouette gerichtet, die auf sie zukam. Kurzes und schnelles Klacken der Verschlüsse beim Durchladen. Präzise, automatisch ablaufende Routinehandgriffe. Auf ein Zeichen ihres Vorgesetzten hin kauerten sich die Guerilleros am Heck der Boote nieder und richteten ihre Waffen auf den Dschungel.
    Umaru legte das Sturmgewehr in dem Augenblick an, in dem die Steuermänner vorsichtig langsamer fuhren. Die tausend Geräusche der Nacht um sie herum wurden lauter. Das Rascheln der Bananenstauden im Wind. Das Gekreisch von Möwen, die, von warmen Aufwinden getragen, über dem Wasser schwebten. Die Söldner atmeten mittlerweile synchron und wie abgestimmt auf das Plätschern der Wellen gegen die Bootsrümpfe. Der Albino wischte seine Hände an seinen Oberschenkeln trocken und zwinkerte, um die an den Wimpern hängenden Schweißperlen abzuschütteln.
    Der massive Schatten trieb langsam in die Mitte des Niger. Dahinter erhob sich die Plattform gleich einer riesigen ermordeten Sonne. Im Visier seiner Kalaschnikow konnte Umaru auf dem Oberdeck klar und deutlich sieben Männer mit nacktem Oberkörper unterscheiden. Er sah auch das aus dem Wasser gezogene Schleppnetz, das von grauen Garnelen überquoll. Er sah, wie sich auf den Gesichtern dieser Männer jäh blankes Entsetzen zeigte, als sie ihrerseits das Exekutionskommando erblickten, das auf sie zuhielt. Er lockerte den Druck seines Fingers am Abzug, und die Anspannung verwandelte sich in Wut.
    Fischwilderer, dachte er. Und der Zorn, der in ihm hochkochte, war so stark, dass ihm sein Gehirn einige Sekunden lang befahl, diese Idioten abzuknallen. Er senkte den Lauf seiner Waffe und wandte sich seinen Männern zu.
    »Alles okay, das sind nur Fischer.«
    Das Fischerboot war jetzt nur noch etwa fünfzig Meter von den Hovercrafts entfernt. Das alte rostige Schiff, das von Algen aufgefressen wurde, versperrte den Fluss und hinderte die Luftkissenboote daran, ohne zu manövrieren vorbeizufahren. Die Wilderer hielten inne, falteten die Hände über dem Kopf und taten so, als wollten sie sich hinknien.
    Umaru sah auf seine Uhr. Für einen kurzen Moment wurde er von einem fernen, anhaltenden Brummen abgelenkt, das hinter den Bäumen aufstieg, ein Brummen, das er nicht sofort zuordnen konnte. Etwas in ihm weigerte sich, die Information zu sortieren und mit diesem Geräusch ein Bild zu verknüpfen.
    Forman Stona nutzte diesen Moment der Unaufmerksamkeit aus, um seine Waffe zu ziehen und dem Steuermann aus nächster Nähe in den Kopf zu schießen.

27
    Knochensplitter und Blutspritzer regneten auf Benjamin herab. Unwillkürlich machte er die Augen zu und wollte schreien, aber seiner Kehle entrang sich kein Laut. Der Steuermann röchelte, ehe eine zweite Kugel seinem Leiden ein Ende setzte. Er brach zusammen. Das Luftkissenboot schlingerte scharf nach links. Forman Stona machte sich das Durcheinander zunutze, um zwei weitere Männer zu erschießen. Er setzte ein Knie auf den Boden, richtete seine Glock auf einen Jugendlichen, der sich umsah, weil er wissen wollte, woher die Schüsse kamen, und drückte den Abzug.
    Benjamin öffnete in dem Moment die Augen, als der Körper ins Wasser fiel. Das Gemetzel schien ihm nur einen Atemzug lang gedauert zu haben. Um ihn herum lagen drei Leichen, und Blut überschwemmte den Boden des Bootes. Die Guerilleros am Bug hatten sich hingeworfen und feuerten ziellos in der Gegend herum. Kugeln schlugen weniger als einen Meter von den Geiseln entfernt ein. Stona zog ein automatisches Gewehr zu sich und antwortete sofort. Die Salven zertrümmerten die Windschutzscheibe des Steuerstandes.
    Das Hovercraft stieß mit voller