Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Unseligen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
Vom Netzwerk:
Zusammenstöße mehr in dieser Gegend, aber die örtliche Polizei bleibt wachsam. Ein Satellitentelefon steht zur Verfügung. Ich koordiniere die Einsätze von MSF Frankreich. Wenn es also ein Problem gibt, wissen Sie, an wen Sie sich wenden können. Noch Fragen?«
    Megan, die mittlerweile einen trockenen Hals hatte, reichte ihm abermals die Hand, mit dem Gefühl, einen Pakt zu besiegeln.
    Er lächelte: »Ziehen Sie nicht ein solches Gesicht … Alles wird gut gehen.«

Juni 2009
    Hyena Man
    »In der abstrakten Liebe zur Menschheit liebt man
    fast immer nur sich selbst.«
    Fjodor M. Dostojewski, Der Idiot

40
    Hinter ihrem Lächeln schätzte die Prostituierte ihren Kunden ein. Er durfte so alt sein wie sie, kaum zwanzig Jahre, aber seine Augen funkelten irgendwie furchteinflößend. Sie lag ausgestreckt auf der Matratze in dieser winzigen Fischerhütte, die in ein Stundenzimmer umfunktioniert worden war, und sah ihm zu, wie er sich auszog.
    »Wie heißt du?«, fragte er, während er das Seil aufknotete, das seine Jogginghose hielt.
    »Désirée.«
    Er starrte sie kurz an und schleuderte den Kopf ruckartig zur Seite, dass die Wirbel knirschten. Er betrachtete die Stechmücke, die er in seiner Hand zerquetscht hatte, dann wischte er sie an seinem T-Shirt ab.
    »Dein richtiger Name?«, fragte er, ohne sie anzusehen.
    »Kesiah«, murmelte sie. »Und du?«
    »Billy Bob.«
    »Und was arbeitest du, Billy Bob?«
    Er räusperte sich, lehnte sich aus der Fensteröffnung und spuckte in den Fluss.
    Weitere Pfahlhütten säumten das Ufer. Die über den Eingangstüren hängenden Laternen flackerten leicht, und die Brise trug den Geruch von Schlamm und Holzkohle heran. Billy richtete seinen Blick in die Ferne und heftete ihn auf ein blutrotes Flackern in der Finsternis. In der nächsten Sekunde erkannte er in der Mitte des roten Scheins die gekrümmte Silhouette eines vom Blitz getroffenen Baumes.
    »Ich bin Kopfgeldjäger«, sagte er, als er sich wieder dem Mädchen zuwandte.
    »Wirklich?«
    »Wirklich.«

41
    Umaru Atocha setzte sich auf den Sand, stellte seine Waffe neben sich ab und tauchte seine nackten Füße in das lauwarme Wasser des Yobe River. Zwischen den Pfählen ragte der Bug eines Kahns aus dem Wasser, und der Rumpf kam an der Oberfläche zum Vorschein. Prall gefüllte Müllsäcke wurden von der Strömung angetrieben und stauten sich dort, halb untergetaucht. Er hatte seinen Männern erlaubt, sich in den Armen von Prostituierten zu entspannen, die am Ufer des Flusses arbeiteten, und nach dem Stöhnen zu urteilen, das aus den Hütten drang, dürften ihm seine Söldner noch lange dankbar dafür sein. Er selbst hatte gezögert, sich eine Stunde der Ruhe und des Vergessens zu gönnen, aber der Gedanke, im Blick einer Frau oder eines Mädchens Abscheu zu erkennen, war für ihn unerträglich. Ein Baum brannte in der Ferne. Umaru sah eine Antilope aus dem Nichts auftauchen. Das Tier stapfte ins Wasser hinein, dann verschwand die Antilope genauso unvermittelt, wie sie zum Vorschein gekommen war, in der Finsternis.
    Er legte sich auf den Rücken und schloss die Augen. Das Dröhnen des Verkehrs auf der Straße, die die Stadt Damasak mit dem Flüchtlingslager verband, war hier nur noch ein leises Summen.
    Er lauschte dem Säuseln der Brise im Stechginster und dem Gelächter aus den Verschlägen, als er mit einem Mal Schritte hörte, die auf ihn zukamen. Seine Hand berührte den Griff seines Revolvers, und in dieser Haltung verharrte er reglos. Er wartete, bis sich das Geräusch auf wenige Meter genähert hatte, ehe er die Augen öffnete.

42
    »Kann ich dich etwas fragen, bevor wir anfangen?«
    Billy, der mittlerweile nackt war, setzte sich auf die Matratze und bedeutete ihr, die Beine zu spreizen. Kesiah gehorchte und ließ sich berühren. Er streichelte sie auf eine grobe, manchmal schmerzhafte Weise, aber sie ließ ihn gewähren, da sie fürchtete, er würde gewalttätig, wenn sie sich widersetzte.
    »Sag mal … «
    Die Prostituierte streckte die Hand zum Nachttisch aus und griff nach einem Foto.
    »Kannst du mir sagen, ob du diesen Mann schon mal gesehen hast?«, fragte sie und hielt ihm die Aufnahme hin.
    Widerwillig warf Billy einen Blick auf das Porträt eines Mannes, der ein kleines Mädchen in seinen Armen hielt. Als er das Foto genauer in Augenschein nahm, verdüsterte sich sein Blick. Er rückte ein wenig von Kesiah weg und starrte sie schweigend an.
    »Wer ist das?«
    »Mein Vater«, behauptete sie, seinem Blick

Weitere Kostenlose Bücher