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Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Drew Magary
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daran. Die Araber werden immer mehr, und wir Juden werden immer mehr. Sie können so viele von uns töten, wie sie wollen. Wir werden niemals aussterben. Und nun musst du mich entschuldigen, ich muss noch den Gorgonzola von der Toilette kratzen.« (Juris Feed)
    GEÄNDERT AM:
    12.04.2031, 16:04 Uhr

»Es ist gut, so wie es ist«

    Dads Zustand verschlechterte sich schneller, als ich es erwartet hatte. Vor drei Wochen mussten wir eine Rund-um-die-Uhr-Pflege für ihn organisieren. Ich besuchte ihn an allen drei Wochenenden, um zu helfen, trotz der Bombendrohungen der Pro-Todes-Extremisten gegen die Zuggesellschaft. Vor zwei Tagen rief mich eine der Krankenschwestern an und erklärte, dass meine Schwester und ich kommen und bei meinem Vater bleiben sollten, da das Ende nahe war. Alison und ich mieteten ein Elektroauto, fuhren zu Sonias Wohnung, schnappten uns den kleinen David und machten uns so schnell es ging auf den Weg.
    Als wir in die Auffahrt bogen, sah ich die Krankenschwester durch das große Küchenfenster. Sie war eine schlanke Schwarze namens Toni. Früher hatte mein Dad bereits etwas zu essen und zu trinken vorbereitet, wenn ich nach Hause kam. Das würde niemals wieder passieren. Doch Toni, die es in den letzten Wochen geschafft hatte, dass wir uns trotz der unumstritten furchtbaren Umstände wohlfühlten, hatte für uns eine kleine Schale Goldfisch-Cracker und zwei Gläser Wasser in die Küche gestellt. Ich umarmte sie dafür. Toni ist es gewöhnt, von Leuten umarmt zu werden.
    Sie führte uns in Mums und Dads Schlafzimmer, das sich im Erdgeschoss des Hauses befand. Ich bezeichne es als »Mums und Dads Schlafzimmer«, da es sich immer noch so anfühlte, als wäre es das auch. Nachdem meine Mum gestorben war, hatte mein Dad alles beim Alten belassen. Er ließ ihre Toilettenartikel neben dem Waschbecken stehen und wechselte sie ab und zu aus, sobald sie alt oder rostig aussahen. Er machte das Zimmer jeden Dienstagmorgen sauber, so wie sie es auch getan hatte. Er beließ die zahllosen Zierkissen auf dem Bett, obwohl er die meiste Zeit über sie gemeckert hatte, als Mum noch am Leben gewesen war. Und er schlief noch immer auf seiner Seite des Bettes, während ihre Seite unberührt blieb. Er sagte, dass er einmal versucht hätte, quer über das Bett zu schlafen, doch es wäre einfach nicht bequem gewesen.
    Das war der Hauptgrund, warum er den Raum so beließ. Es war nicht, weil er Mums Geist am Leben erhalten wollte, obwohl das ein unbeabsichtigter Nebeneffekt war. Es war, weil er sich so am wohlsten fühlte, nämlich wenn er genauso lebte, als wäre sie noch am Leben. Er mochte den Raum so, wie er war, und er hatte kein Bedürfnis, ihn umzugestalten.
    Alison und ich betraten den Raum. Toni trat zu Dad ans Bett, um ihn aufzuwecken. Er sollte sich einen Moment aufsetzen, um sein Schmerzmittel einzunehmen. Ich hatte ihn erst vor einer Woche gesehen, doch seitdem hatte er sich drastisch verändert.
    Er lag auf der Seite. Eine dünne blaue Decke mit Waffelmuster bedeckte seinen Körper vom Hals abwärts. Er lag zusammengekrümmt da, sein Rücken war zu einem Halbkreis gebogen und seine Beine angewinkelt. Sein Körper hatte die Form eines Fragezeichens. Er war so dünn, dass es aussah, als wäre die Wölbung unter der Decke bloß eine Falte und nicht mehr. Seine ehemals robusten Beine hingen jetzt dürr an seinem Körper wie die Beine eines neugeborenen Fohlens. Unter der Decke verschwanden sie immer mehr. Seine Füße waren nicht erkennbar. Es schien, als würde er sich von den Füßen aufwärts langsam in Luft auflösen.
    Toni klopfte ihm auf die Schulter, und er bewegte sich. Er schmatze. Kleine gelbe Krümel aus eingetrocknetem Schleim klebten um seinen Mund herum. Toni nahm ein feuchtes Tuch und wischte einige von ihnen fort. Sie drehte sich zu mir um.
    »Er produziert kaum noch Speichel«, sagte sie. »Also müssen wir seinen Mund feucht halten.« Sie nahm eine kleine, mit Wasser gefüllte Spritzflasche heraus und drückte etwas Flüssigkeit in seinen Mund. Er zuckte zurück wie ein Kleinkind, das zum ersten Mal Spinat essen muss. »Sein Gaumen und die Nebenhöhlen sind entzündet, deshalb verursacht das Wasser ihm Schmerzen.«
    Er sah Alison, David und mich an. Sein Gesicht war sichtbar dünner geworden, was ihn seltsamerweise jünger wirken ließ. Er sah aus wie ein kranker Mann, der etwa zwanzig Jahre jünger war als mein Dad. Er versuchte, nach seiner Brille zu greifen, doch er war zu schwach. Toni nahm sie

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