Die Unvergänglichen: Thriller (German Edition)
finden, das Susie angegriffen hat, und die Polizei von Baltimore konzentriert sich nur auf mich. Oder sie steht ohnehin auf der Gehaltsliste dieser Leute.«
»Soweit ich das sehe, bleibt uns nur eine Möglichkeit«, stellte sie fest.
»Mason«, stimmte er ihr zu. »Jemand hat ihn in seiner Gewalt und es ist sehr wahrscheinlich, dass das dieselben Leute sind, die auch hinter uns her sind. Wenn wir ihn finden, dann haben wir etwas in der Hand – etwas, das man nicht mehr ignorieren kann. Ohne ihn bin ich jedoch nur ein Industriespion auf der Flucht.«
22
1800 Meilen östlich von Australien
24. April
Oleg Nazarov schnitt eine Grimasse, als er sich setzte. Die Schmerzen im Rücken, die schlimmer werdende Arthritis im linken Knie und der Verlust der Kontrolle über sein Leben setzten ihm zu. Nein, eigentlich war es kein Verlust. Er hatte die Kontrolle abgegeben.
Die Fenster zu seiner Linken erstreckten sich vom Boden bis zur Decke, und dahinter war nichts als Dschungel. Alles war aus demselben Grün, undurchdringlich, verschwommen vor Hitze und Feuchtigkeit, die Heimat unendlich vieler Parasiten und bissiger Insekten. Er war weit von seinem Geburtsort im Norden Russlands entfernt, dem Land der Kälte und der freien Flächen, der von Pferden gezogenen Wagen und des Winds, der über Stoppelfelder wehte.
Vielleicht hätte er sein Leben wie sein Vater dort verbringen sollen. Stattdessen war er als Teenager weggegangen, um in Moskau zur Schule zu gehen, Mitglied der kommunistischen Partei zu werden und schließlich dem KGB beizutreten. Trotz – oder gerade wegen – seines Erfolgs in diesen Organisationen hatte es immer jemanden gegeben, der unter ihm stand und ihm seine Positionneidete, oder einen Vorgesetzten, der ihm den Weg verbaute. Die Freiheit und Zufriedenheit seiner Jugend hatte er nie wieder verspürt.
Er war eher aus nostalgischen als aus anderen Gründen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wieder in die entlegenen Gebiete seines Landes zurückgekehrt. Die verlassenen Ölfelder und die verarmten Soldaten, die ihre Waffen verkauften, waren ihm da gerade recht gewesen, ebenso wie die diversen hundert Millionen Euro, die er beim Verkauf dieser Waffen verdient hatte.
Doch jetzt war alles anders. Der Großteil seines Reichtums war von der Gruppe aufgesaugt worden und er musste wieder Nachforschungen und paramilitärische Operationen leiten, was er seit fast einem Vierteljahrhundert nicht mehr getan hatte. Und erneut saß er in einem luxuriösen Gefängnis fest. Dieses Mal gehörte es einem Mann, der, soweit es den Rest der Welt betraf, nicht einmal existierte.
Nazarov beobachtete einen bunten Vogel, der sich draußen auf einem Ast niederließ, und fragte sich, ob Karl seine Jugend an so einem Ort verbracht hatte. Vielleicht fühlte er sich deshalb so wohl auf dieser Insel. Aber es war gefährlich, solche Dinge auch nur zu denken.
Er wandte sich wieder seinem Computer zu und entschlüsselte die neueste E-Mail, um sich dann mit der Hand über den kahl werdenden Kopf zu streichen, als er sie las. Nichts Nützliches. Nichts Neues.
Er hatte am Tag zuvor erfahren, dass das Flugzeug mit Richard und Carly Draman abseits des erwarteten Kurses abgestürzt war. Seine Nachforschungen hatten einige verheerende Ereignisse ans Licht gebracht: Der Pilot hatte einen medizinischen Notfall gemeldet. Ein kurzer Zwischenstopp in Mayaguana. Die Bombe, die sie im Jet platziert hatten, war explodiert, als das Flugzeug noch vom Boden aus zu sehen gewesen war.
Es gab keine Aufzeichnungen darüber, dass die Dramans je in der Klinik angekommen waren, und der Fahrer des Krankenwagens hatte bestätigt, dass sie das Flugzeug vor dem Abflug wiederbestiegen hatten. Bei der intensiveren Befragung – die damit geendet hatte, dass die Leiche des Mannes auf dem Meeresboden landete – war eine noch viel erschreckendere Geschichte ans Licht gekommen.
Während Nazarov die nutzlose E-Mail las, spürte er ein Brennen in der Magengrube, wie er es seit seiner Zeit beim sowjetischen Geheimdienst nicht mehr erlebt hatte. Zwar war dieser Plan notgedrungen hastig erstellt worden, doch er hatte jedes Detail genehmigt. Es war
seine
Operation gewesen, und nach ihrem Abschluss war die komplette Familie Draman wie vom Erdboden verschluckt.
Verständlicherweise war Nazarov nicht sehr erpicht darauf, Karl zu erklären, dass ein medizinischer Forscher und seine kochende Frau ihn ausgetrickst hatten. Er war sich eigentlich sogar sicher, dass er
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