Die Unvorhersehbarkeit der Liebe
wäre zu verstehen bei der Sorge um Beatrice und wegen dieses Fluches, der …«
»Krankheit, Pietro, kein Fluch, sondern eine Krankheit.«
»Ihr habt recht, wegen dieser Krankheit, die den kleinen Fürsten befallen hat.«
»Die ihn befallen hatte, Pietro. Du hast ja selbst gesehen, daß jetzt wieder alles in Ordnung ist.«
»Natürlich, ein Wunder, Fürstin, ein Wunder, das Ihr …«
»Gut, Pietro, ich habe verstanden. Was ist mit diesen Rechnungen? Sind die Ausgaben für die ›Zerstreuung‹ des Fürsten zu hoch?«
»Nein, eben nicht, Fürstin, schon seit Monaten will er diese Frauen nicht mehr! Ich hätte es sofort begreifen müssen! Aber wer wäre auf den Gedanken gekommen, daß ein so anständiges und vernünftiges Fräulein wie das Fräulein Inès …«
»Nein, nicht im Ernst! Der Fürst hat sich verliebt?«
»Mir fällt ein Stein vom Herzen, Fürstin. Ihr lächelt und werdet nicht wütend. Eine Heilige seid Ihr! Jetzt habe ich den Mut fortzufahren.«
»Nun komm schon, Pietro, sprich weiter. Du brauchst dich nicht zu schämen.«
»Tatsache ist, daß das Fräulein Inès – wer hätte das gedacht! –, daß das Fräulein, wie soll man bestimmte Dinge einer Frau gegenüber aussprechen, also: Sie hat dem Herrn Fürsten nachgegeben. Jetzt ist es heraus, und Ihr müßt entscheiden, ob das Fräulein Inès zurück nach Hause geschickt werden soll.«
»Warum denn, Pietro? Wie geht es dem Fürsten?«
»Ach, was das angeht, der ist überglücklich, so glücklich wie ein dreijähriges Kindchen!«
»Weshalb sollten wir dann das Fräulein Inès zurück nach Hause schicken?«
»Die Fürstin, Gott hab sie selig, hätte das getan.«
»Pietro, wir beide haben den Fürsten gern, nicht wahr?«
»Bei Gott, das haben wir.«
»Wenn er glücklich ist, ist dann das Fräulein Inès nicht besser als diese Frauen? So sind wir sicher, daß er nicht irgendwann eine schlimme Krankheit bekommt. Du brauchst nicht rot zu werden, Pietro.«
»Daran habe ich gar nicht gedacht. Ihr seid wirklich stark und großzügig wie ein Mann, Euer Durchlaucht. Wie die selige Fürstin Gaia, Gott hole sie zu sich in die Herrlichkeit. Und da die Dinge, so wie sie stehen, Eurer Durchlaucht genehm sind, darf ich zugeben, daß es auch für mich eine wahre Erleichterung ist, den Herrn Fürsten zufrieden zu sehen.«
»Gut, Pietro, wenn Ippolito zufrieden ist und du auch, bin ich ebenfalls froh. Was willst du mehr? Jetzt geh.«
»Aber natürlich. Ich habe Eurer Durchlaucht schon zuviel Zeit gestohlen. Küß die Hand, Fürstin, und Gott segne Euch.«
»Dich segne er auch, Pietro … Ach ja, einen Moment noch! Unterrichte das Fräulein Inès von diesem Gespräch, und sag ihr, daß ich sie so schnell wie möglich sprechen möchte.«
Ich brauche nicht zu sagen, daß ich Pietro gerade noch rechtzeitig wegschicken konnte, bevor mich ein nicht mehr zu unterdrückendes Lachen packte und ich mich aufs Bett werfen mußte, um es mit dem Kissen zu erstikken. Langsam verwandelte sich dieses Lachen in eine bleierne Müdigkeit. »Ich habe nicht mehr so gelacht, seit ich sechs oder sieben Jahre alt war, Fürstin … Lachen tut gut, es ermüdet zwar, aber diese Müdigkeit ist gesund wie die nach dem Schwimmen.«
Es mußte bereits spät sein, denn draußen wurde es langsam dunkel. Hatte sie geschlafen? Schon weckte Quecksilber sie mit einem leichten Klopfen an der Tür. Seit sie nicht kraft ihrer Abstammung, sondern kraft der Natur, wie Mimmo sagte, Fürstin geworden war, platzte Quecksilber nicht mehr ins Zimmer, sondern klopfte vorsichtig an und sprach nie ohne Erlaubnis.
Herein, come in, entrez … Sie mußte schon wieder lachen. »So gefällst du mir, Principessa, wenn du lachst. Auch im Unglück darf man den Geschmack an einem herzlichen Lachen nicht verlieren.« Genau, Mimmo, du hast mir beigebracht zu lachen, und das kann mir keiner mehr nehmen.
Mimmos stilles, ernstes Gesicht löste sich sanft von meinen Wimpern und entfernte sich in Richtung Fenster. Er redet gern mit seiner kleinen Fürstin und geht nur widerwillig, auch wenn schon bald Nacht ist. Am Fenster zögerte noch das Licht, von der trägen Jahreszeit verwirrt, die bereits im Hinterhalt lauerte. Schon bald würden die Sonnenuntergänge länger werden, um das wartende Meer mit Liebkosungen zu überschütten. Das Meer erwartete sie pünktlich. Würde sie nach diesem langen Winter noch schwimmen können? »Wenn man ein Handwerk gelernt hat, meine kleine Fürstin, dann vergißt man es nicht mehr.
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