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Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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als die Ewigkeit noch ein Sandkorn im Auge der Sonnenscheibe war.«
    »Carathis«, murmelte Emily.
    Anubis knurrte zustimmend.
    »Ihr sagt es. Carathis war die Mutter Kadeshs und sie zürnte Seth, weil er Kadesh getötet hatte.«
    Anubis schwieg.
    Er sah mich durch den Rauch der Wasserpfeife an.
    Mit den pechschwarzen Augen eines hungrigen Schakals.
    »Deswegen«, fauchte er und ballte wütend die Fäuste, »musste Seth sterben.«
    Emily riss die Augen auf.
    Erinnerte sich an den freundlichen Mann, mit dem sie so oft im Britischen Museum gesprochen hatte. Der ihr von den Meisterleistungen Compollions berichtet und Geschichten von Sphingen und Skorpionen erzählt hatte.
    »Amrish Seth«, murmelte sie.
    Der Lordkanzler nickte.
    »Als die alten Götter Ägypten verließen«, erklärte er uns, »da wanderte Seth in ein Land, das weit entfernt im Osten lag. Ein Land, das man später Indien nennen sollte.«
    »Und Carathis?«
    »War immer auf der Suche nach ihm.«
    Carathis musste Seth bis nach Indien gefolgt sein, wo sich die Menschen vor ihr gefürchtet hatten. Wo man sie mit Blutopfern zu besänftigen versucht hatte. Wo man ihr einen neuen Namen gegeben hatte. Einen neuen Namen für ein neues Leben.
    Kalidurga.
    Schmaschana Kali.
    »Und als Seth schließlich nach London kam«, dachte ich laut.
    »Ist Carathis ihm gefolgt.«
    Konnte das die Lösung sein?
    »Viele der alten Götter leben jetzt hier«, sagte Anubis, »schon lange.« Und in kurzen Worten berichtete er von Khnum, der ein Geschäft für griechische Spezialitäten in Camden Town betreibt, und Sachmet, die Naturheilkunde in Stanmore lehrt. Von Horus, der einst mit einem magischen Wesen aus dem Land hinter den Wassern den Vogel Roch gezeugt hat und nun als Elektriker in Cudbury Hill arbeitet. Und von Sobek und Wadjit, die beide im Londoner Zoo arbeiten. Isis lebt seit mehr als zwei Jahrtausenden in Oxford, und Osiris, dessen Interesse an Reisen bereits vor langer Zeit geweckt worden war, besucht sie dort, wann immer er sich in der Gegend aufhält.
    »Seth, der sich später Amrish Seth nannte«, schloss Anubis die Aufzählung, »hat die Arbeit im Britischen Museum geliebt. Er hatte sich nie ganz von den alten Zeiten lösen können.« Ein Schatten legte sich über die geschlitzten Raubtieraugen. »Am Ende hat Carathis ihre Rache doch noch nehmen können. In Barkingside Beneath.«
    Vetala-pancha-Vinshati.
    »Carathis hat Alexander Grant zu einem ihrer Kinder gemacht«, dachte ich laut, »und der hat Amrish Seth in eine Falle gelockt.«
    »So könnte es gewesen sein.«
    Emily fragte sich insgeheim, welche weiteren Enthüllungen ihr wohl noch bevorstehen würden. An Alexander Grant zu denken, wie er dem einstigen Wüstengott die Kehle aufschlitzte, schmerzte sie noch immer. Zu Eliza Holland führten diese Gedanken zurück und zu jenem Tag, an dem Emily ihrer Freundin die Nachricht vom Schicksal Alexanders hatte überbringen müssen. Wieder einmal glaubte Emily, nur ein kleiner Teil in einem Spiel zu sein, das lange vor ihrer Geburt begonnen hatte und nunmehr seinem Ende zuging.
    »Was können wir denn tun?« Jemand, fand Emily, musste diese Frage stellen.
    »Ihr, Miss Laing«, knurrte der Lordkanzler, »könnt in die Hölle hinabsteigen und nach Liliths Maske suchen. Denn die ist der Schlüssel zur Rettung Londons.«
    »Eine Maske?«
    »Eine Totenmaske.« Die schwarze Zunge fuhr über des Lordkanzlers spitze Schnauze. »Um Euch dies mitzuteilen«, grummelt er, »habe ich Euch zu mir bestellt.« Die Raubtieraugen schienen in Vergangenheit und Zukunft gleichermaßen zu blicken. »Master Micklewhite ist, wie ich hörte, nach Konstantinopel aufgebrochen, um Professor Pickwick zu konsultieren. Nun ja, Wittgenstein, das ist ein kluger Schachzug. Denn die Hölle ist im Wandel begriffen, und Ihr braucht jemanden, der sich dort unten auskennt. Denn Ihr müsst in Tiefen hinabsteigen, in die sich bisher noch niemand vorgewagt hat. Nicht einmal Orpheus.«
    »Welcher Ort ist es, den wir aufsuchen müssen?«
    »Habt Ihr Zeit für eine weitere Geschichte, Alchemist?«
    »Ja.«
    »Und Ihr, Miss Laing?«
    Emily nickte.
    »Natürlich.«
    Genau die Antworten, die der Lordkanzler hatte hören wollen.
    »Einst gab es eine Kaste von Wesen«, hielt er sich nicht lange mit Floskeln auf, »die der allmächtige Träumer geschaffen hatte, um die Schöpfung zu beaufsichtigen. Einige von ihnen leben noch immer am Oxford Circus.« Eine Krallenhand strich über die spitzen Ohren. »Damals, als die

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