Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
Vom Netzwerk:
Vanko und deutete auf einige Zeilen, die weiter hinten im Text markiert waren.
    Da stand: »Der Vseslaw, von den Tessalonikern als Vardoulacha gefürchtet, lebt in den Bergen nahe den Siedlungen Philippi und Neapolis. Reisende berichten von Dörfern, die vom Vseslaw heimgesucht wurden und deren Bewohner in ewiger Verdammnis leben müssen.«
    »Die Städte Philippi und Neapolis« erklärte Tibor Vanko, »lagen in der Nähe der heutigen Städte Drama und Xanthi in Makedonien. Bei dem im Text erwähnten Gebirge muss es sich um die Rhodopen handeln.«
    Mein Herz klopfte aufgeregt. »Also haben wir zwei halbwegs übereinstimmende Berichte, die beide auf das 6./7. Jahrhundert nach Christus datiert werden können.« Ich verspürte den unbändigen Drang, Tom und dem Professor davon zu berichten.
    »Der Vseslaw«, sinnierte der Professor, »hat in seiner grundlegenden Charakterisierung einiges gemein mit Vuk.« Er genoss für einige Augenblicke unsere verwunderten und neugierigen Blicke und fuhr dann fort: »Zmaj Ognjeni Vuk war ein despotischer Herrscher des späten 15. Jahrhunderts. Es gibt eine Fülle von serbischen und bosnischen Liedern, die von Vuk berichten. Es wird behauptet, dass er mit einem roten Fleck auf der rechten Schulter in Gestalt eines Säbels geboren wurde. Für die Einheimischen war er ein Vukodlak, eine Mischung aus Werwolf und Vampyr. Wer von ihm gebissen oder berührt wurde, musste das Tageslicht meiden und sein Leben in tiefster Verzweiflung und Finsternis beenden.«
    »Eine weitere halbwahre Geschichte also«, brachte es Tom auf den Punkt.
    Der Professor nickte.
    »Nem táncolt úgy a Halállal senki mint Ognjeni Vuk«, sagte Tibor Vanko mit leiser Stimme. »Es ist ein Zitat aus einem Gedichtzyklus von János Lévay, einem unserer Dichter aus dem letzten Jahrhundert.«
    »Was bedeutet es?«, fragte ich.
    Es war der Professor, der antwortete: »Alle tanzten mit dem Tod, doch niemand wie Ognjeni Vuk. Es gibt einige Holzstiche, die Vuk als stolzen Kriegsherrn zeigen. Den Bezwinger, so nannten ihn seine Anhänger.«
    »Überraschend ist allerdings, dass Vathek etwa 1400 Jahre vor Christus aus Ägypten in den osteuropäischen Raum geflohen und Vuk ein Herrscher des 15. Jahrhundert gewesen ist«, gab ich zu bedenken.
    »Die einzige Gemeinsamkeit«, erwiderte der Professor, »ist die ominöse Krankheit, die sowohl im 14. Jahrhundert vor Christus in Ägypten als auch im 6./7. und 15. Jahrhundert nach Christus auf rumänischem Territorium aufgetreten ist.«
    Die Frage, die ungestellt blieb, war, wie uns diese Informationen helfen konnten, die Reiseberichte Vatheks ausfindig zu machen. »Was ist mit den Aufzeichnungen jenes arabischen Botschafters?«, fragte ich also schließlich.
    »Ahmad Ibn Fadlan trat seine Reise 921 nach Christus an«, gab Tom zur Antwort.
    Der Professor schaltete sich ein: »Es gibt nur Fragmente dieses Reiseberichts. Erstmals tauchten Auszüge daraus in einem geografischen Lexikon auf, das von Yakut ibn-Abdallah verfasst worden war. Ein weiteres Fragment tauchte 1817 in Russland auf und wurde 1823 von der Akademie St. Petersburg veröffentlicht. Ein Großteil des Berichtes fand sich allerdings 1878 im Nachlass von Sir John Emerson, dem britischen Botschafter in Konstantinopel. Das Emerson-Manuskript enthält die relevanten Passagen über die Oguz-Türken und die Beziehungen Ibn Fadlans zu einem Mönch nahe Thessaloniki in Nordgriechenland.«
    »Sind Ihnen die Passagen bekannt?«, wollte Tom wissen.
    »Nicht aus erster Hand«, bekannte der Professor. »Ich erinnere mich jedoch an die Erwähnung eines arabischen Edelmannes, der lange Zeit vor Ibn Fadlan die Balkangegend bereist haben soll. Ibn Fadlan behauptete, in einem griechischen Kloster Teile einer Reisebeschreibung jenes Arabers gefunden zu haben.«
    »Das bringt uns kaum weiter«, murmelte Tom.
    »Ich könnte einem Freund und Kollegen in Istanbul telegrafieren«, schlug der Professor vor. »Er müsste Einsicht in das Emerson-Manuskript nehmen können.« Mit einem zufriedenen Nicken fügte er hinzu: »Bis dahin müssen wir uns wohl oder übel in Geduld üben.«
    Am Abend des folgenden Tages erreichte die Antwort Budapest. »Ein neues Rätsel«, verkündete uns der Professor, als er mit dem Telegramm in die Bibliothek hineinplatzte. Wir hatten den Tag damit verbracht, erfolglos nach neuen Hinweisen zu suchen, und blinzelten dem Professor dementsprechend mit geröteten, müden Augen entgegen. Das Telegramm enthielt zu unserer

Weitere Kostenlose Bücher