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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Fehler.«
    Das war es also gewesen.
    Deswegen hatte man uns nach Moorgate gerufen.
    »Welche Fehler?«, drängte Emily.
    Dr. Dariusz, dem die Sache wirklich peinlich zu sein schien, erklärte uns, dass die Türen einzeln und von Hand geöffnet werden müssen, wenn sie einmal verschlossen sind. »Dummerweise befand sich der diensthabende Arzt in einer an den Nordturm angrenzenden Abteilung.«
    Die Sicherheitstüren hatten ihm den direkten Zugang zum Nordturm verwehrt. »Der Pfleger war demnach der Einzige, der bei meiner Mutter war?«
    »Sie sagen es.«
    Emily wirkte zornig.
    »Wie konnte das passieren?«
    »Es war der Pfleger gewesen, der die Türen verschlossen hatte.«
    »Aber warum? Hätte er nicht das Eintreffen des Arztes abwarten müssen?«
    Dr. Dariusz nickte. »Wir vermuten, dass sich die Nebel geteilt haben. Einer hatte es auf den Pfleger abgesehen, der andere auf Ihre Mutter. Und als wir am Ort des Geschehens eintrafen, fanden wir den Pfleger nicht einmal mehr im nördlichen Trakt vor.« Dr. Dariusz kraulte sein Kinnbärtchen. »Sein Körper lag unten am Fuße des Nordturms. Zerschmettert.«
    »Er hatte sich aus dem Fenster gestürzt?«
    »Wir gehen davon aus, dass der Nebel ihn befallen hat. Unter seinem Einfluss hat er dann die Sicherheitstüren verriegelt. Wie auch immer, es war kein Nebel mehr in ihm, als man ihn fand.«
    »Sie meinen, der Nebel hat ihn schnell wieder verlassen, nachdem er gesprungen war?«
    Der Doktor nickte. »Wir haben noch von keinem Fall wie diesem gehört.«
    »Sie glauben, dass der Nebel ihn gezwungen hat zu springen?«
    Der Doktor nickte zögernd.
    Müde rieb ich mir die Augen.
    Wenn das, was er da sagte, der Wahrheit entsprach, dann hatten wir allen Grund, besorgt zu sein. Wenn die Nebel dazu in der Lage waren, Menschen nach ihrem Willen zu steuern, dann konnte dies dem überaus häufigen Auftauchen der Nebel einen Sinn geben, den keiner von uns in diesem Augenblick aussprechen wollte.
    »Wenn Ihre Vermutung zuträfe«, dachte ich laut nach, »dann hieße das, dass die Nebel denken können.« Denn das war die Schlussfolgerung, welche die Logik gebot.
    Emily starrte mich ungläubig an.
    »Und wenn die Nebel denken können …«, meinte der Doktor.
    »Dann ist es auch möglich, dass sie gezielt einen Auftrag ausgeführt haben«, kam es mir spontan in den Sinn, was mich wieder zum Ausgangspunkt meiner Befürchtungen zurückbrachte.
    Emily wurde ganz bleich. »Wessen Auftrag?«
    »Fragen Sie besser nicht.«
    Es war Dr. Dariusz, der erklärte: »Deswegen habe ich Sie beide hergerufen.«
    »Was meinen Sie?«
    Er räusperte sich. »Als die Nebel Miss Manderley befallen haben, da wussten wir bereits, dass sie sich nicht so verhalten hatten, wie Nebel es normalerweise zu tun pflegen. Gewiss, sich in wilden Spekulationen zu ergehen, nützt niemandem. Doch ist dieser Fall äußerst mysteriös. Dass der Nebel einen Botenjungen dazu benutzt hat, ins Sanatorium hineinzugelangen, ist ein Schachzug, der uns alle überrascht hat. Der Botenjunge hat sich ganz gezielt in den Nordturm zur Zelle Mia Manderleys begeben. Der Pfleger, der den Alarm ausgerufen hat, ist so lange bei Verstand geblieben, dass er gerade noch die Türen hat schließen können – was die anderen Ärzte, mich eingeschlossen, in unserem Bestreben, Miss Manderley zu Hilfe zu eilen, zumindest aufgehalten hat. Dann muss der Nebel den Pfleger dazu gezwungen haben, den Botenjungen zu töten und sich anschließend selbst aus dem Fenster des Nordturms zu stürzen.«
    Seltsam, in der Tat …
    »Es gibt keine Zufälle.«
    »Sie sagen es, Wittgenstein.«
    Schweigen.
    Emily betrachtete traurig ihrer Mutter Antlitz und fragte sich, wie ihr Leben von nun an weitergehen würde. Sie musste plötzlich wieder an das Begräbnis von Maurice Micklewhite auf dem Highgate Cemetery denken und daran, dass solche Dinge manchmal einfach geschehen und man nichts anderes tun kann, als sie hilflos geschehen zu lassen. Sie dachte an Aurora, mit der sie viel zu lange nicht mehr so gesprochen hatte, wie sie es früher immer getan hatte.
    »Was bleibt, ist die Frage nach dem Motiv.«
    Wie bei allen Verbrechen.
    »Wenn es ein perfider Plan gewesen ist, den Botenjungen zu benutzen, dann könnte das bedeuten, dass …« Ich sprach den Gedanken nicht zu Ende, aber Emily ahnte, worauf ich hinauswollte.
    »Deswegen habe ich die Taube geschickt.«
    Das Mädchen wirkte verwirrt.
    Furchtsam.
    Mit einem Mal.
    Denn wenn sich der Verdacht, der in unser aller Herzen

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