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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Denn die Dinge waren so, wie der Träumer sie geschaffen hatte.
    Doch konnte der Träumer allmächtig sein, wenn die Schöpfung so fehlerhaft war wie er selbst? Konnte der Träumer weise sein, wenn er nicht einmal die Antworten auf die Fragen wusste, die er selbst seiner Schöpfung in den Mund gelegt hatte? Wie gerecht war ein Herrscher, der Gesetze erließ und sie von Kreaturen, die Engelswesen waren, mit flammenden Schwertern durchsetzen ließ?«
    Lord Uriel schaute zu Boden, und seine Finger, die manchmal Krallen waren, malten Runen in den Sand. Sariel stand, wie all die anderen Engel auch, in einem Halbkreis um den Redenden herum.
    »Lucifer erkannte, wie ungerecht die Gesetze des Träumers waren. Er ging zu seinem Herrn und stellte ihm Fragen.
    Nie zuvor hatte es ein Engel gewagt, Fragen zu formulieren.
    Das Wort, das schließlich den Himmel zerstörte, war so einfacher Natur, dass selbst Kinder es zu nutzen vermögen.
    ›Warum?‹
    Dies war das Wort, das nie eines Engels Mund hätte verlassen dürfen.
    Doch Lucifer sprach es aus, laut und klar und deutlich vernehmbar für alle Engel, die in der Nähe waren.
    Wie ein Lauffeuer verbreitete sich das Wort im Himmel.
    Das erste Wort, das nicht mehr allein des Träumers Wort war, sondern seinen Geschöpfen gehörte.
    Ihnen allein.
    Auch andere Engel begannen Fragen zu stellen.
    Doch statt Antworten zu geben, erschuf der Träumer die Mala’ak ha-Mawet.
    Die Engel fürchteten sich vor ihnen.
    Und es war dieses Gefühl, das des Träumers Regime zusammenhielt. Furcht vor den Mala’ak ha-Mawet, deren Tätowierungen ihnen wie eisiges Wasser in den Gesichtern brannten und deren schwarze Haare mit Bändern geflochten waren, so rot wie das Blut der Sünde, die existierte und doch niemals hätte geboren werden dürfen.
    Lucifer jedoch, der zu lieben vermochte, begehrte immer mehr auf und verlangte nach Antworten.
    Der allmächtige Träumer indes, der nicht mehr allein und doch verlassen war, fühlte, dass etwas in ihm geboren wurde, das noch keinen Namen hatte. Gefühle, die gierig an seinen Eingeweiden fraßen und den Himmel, den er geschaffen hatte, zerstörten, noch bevor die Aufrührer zu solchen geworden waren.
    Eifersucht und Neid waren es, die des Träumers Blicke trübten und ihn verwirrten.
    Denn wie konnte es sein, dass er, der allmächtige Träumer, von Gefühlen heimgesucht wurde, die er nicht selbst erschaffen hatte? Wie konnte es sein, dass er die Fragen, die seinem Mund entronnen, nicht zu beantworten wusste? Wie konnte es sein, dass die Schöpfung zu lieben vermochte und er selbst dies nicht zu tun in der Lage war?
    Doch war der Träumer noch immer der Herrscher, und er wusste, dass, sollte seine Schöpfung davon erfahren, was in ihm vorging, sie sich von ihm abwenden und ins Chaos zurückfallen würde, das sie einst gewesen war.
    Und so trug er den Mala’ak ha-Mawet auf, sein Gesetz mit allen Mitteln zu vollziehen. Und die Mala’ak ha-Mawet, die grausam und wie das dunkle Wasser waren, taten, was er ihnen aufgetragen hatte.
    Sie verfolgten Lilith, die mit ihren Töchtern nach Zmargad geflohen war.
    Lucifer sollte die Liebe, die er nie hätte erfahren sollen, niemals wiedersehen.
    Die Mala’ak ha-Mawet zerstörten die Stadt und die Menschen, die in ihr lebten.
    Doch Lilith gelang die Flucht.
    Lucifer, der das Totenfeld erst nach der Schlacht erreichte, suchte nach Lilith, und als er sie tot glaubte, da formte er aus seinen bitteren Tränen und dem heißen Wüstensand eine gläserne Totenmaske, die das Antlitz seiner Geliebten war. Und Lilith sprach zu ihm, und alle Sorgen fielen von ihm ab, und er machte sich auf zu dem Ort, an dem sie sich versteckt hielt und wo er sie endlich wieder in die Arme würde schließen können.«
    »Was dem Träumer nicht gefiel.« Emily hatte ihr die Geschichte erzählt, und das, was aus Lilith geworden war, hatte Aurora mit eigenen Augen sehen können, damals in der Hölle.
    »Erneut schickte der Träumer die Mala’ak ha-Mawet los, doch Lucifer widersetzte sich ihnen.
    Verbündete hatte er um sich geschart. Engel, die ebenfalls zu lieben vermochten oder einfach nur Antworten wollten auf die Fragen, die ein Leben ausmachten. Eine Festung hatten sie errichtet, tief in der Wüstenei, die ein Kind des Paradieses gewesen war.«
    »Pandaemonium.«
    »Ich sehe, Miss Fitzrovia, Ihr kennt Euch aus.«
    Das Mädchen blickte zu Boden.
    Lord Uriel indes fuhr fort: »Die Engelsscharen, die dem Lichtlord folgten, wurden nach einer

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