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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Chrysler«, erklärte Jake.
    »Sind sie lebendig?«
    »Sie reden«, gab Jake zur Antwort. »Und wenn du Ersatzteile brauchst, dann wirst du sie bei ihnen finden.«
    Scarlet nickte nur.
    Sie ließen die seltsamen Chrysler-Wesen hinter sich.
    Jake fuhr über eine Zugbrücke, die eine breite Gracht überspannte, und dann sah Scarlet das Schiff. Es war ein riesiges Schiff, das auf dem Trockenen lag. Die Segel waren kaum mehr als schmutzige Fetzen. Der dicke gewölbte Bauch des Schiffes war mit verkrusteten Muscheln überwuchert und dunklem Seegras, das schon vor langer Zeit ausgetrocknet war.
    Pequod stand auf den Planken.
    »Es ist ein alter Walfänger«, sagte Jake. »Er lag schon hier, als ich noch ein Kind war.« Er parkte das Motorrad neben dem Eingang und stieg ab, streckte sich und knöpfte den Mantel auf. »Damals gehörte die Taverne noch Master Melville. Doch der ist lange tot.«
    Scarlet ging auf den Rumpf zu und berührte ihn vorsichtig. »Das Schiff sieht aus, als sei es lange Zeit zur See gefahren«, stellte sie fest. »Wie kommt es hierher?«
    »Wie die meisten Dinge hierherkommen.« Jake blieb stehen und betrachtete die Taverne. »Es war eines Tages einfach da. Genauso wie die Windmühlenfelder von Williamsburg.« Er ging auf die Tür zu, die in die schräge Wand eingelassen war. »Die uralte Metropole ist eben ein rätselhafter Ort. Die Magie lebt hier unten, irgendwie. Es gibt nicht viele Regeln. Alles ist hier möglich.« Er drehte sich zu ihr um. »Alles ist ein Geheimnis.«

    Die kreisrunde Tür hing schief in den Angeln, und im Inneren sah das Schiff tatsächlich wie eine gemütliche Taverne aus.
    Die Decks waren zu einem einzigen großen Raum erweitert worden, in dem Bilder von der wilden See an den Wänden hingen. Bilder, die schmale Boote zeigten, in denen Männer mit langen Harpunen standen, während andere ruderten. Bilder von schrecklichen Walen, von prächtigen Segelschiffen, deren goldenes Zeitalter längst weitgehend in Vergessenheit geraten war. Bilder von Seeungeheuern, wie man sie sonst nur auf alten Karten wiederfand.
    Ein kleiner Mann mit einer Schirmmütze kam lachend auf sie zu. »Jake!« Er trug einen dichten Backenbart.
    »Starbuck!«
    Die beiden schüttelten einander die Hände, wie alte Bekannte es tun.
    »Wie geht es dir? Und wer, in aller Welt, ist deine hübsche Begleitung?«
    Jake sagte es ihm.
    Starbuck ergriff sofort Scarlets Hand und begrüßte sie auf eine altmodische Art und Weise. »Nennen Sie mich Ishmael«, sagte er und lächelte charmant.
    Scarlet zugewandt, erklärte Jake: »Starbuck ist der Inhaber der Pequod .« Und mit einem vielsagenden Unterton fügte er hinzu: »Du kannst ihn Starbuck nennen, das tun alle.«
    »Hallo«, sagte Scarlet nur.
    Und betrachtete das Innere des Schiffs.
    Der Mann mit dem Backenbart klopfte auf Holz. »Wir sind lange Zeit zur See gefahren, dieses Schiff und ich. Aber das ist eine lange Geschichte.«
    »Die fast jeder hier schon kennt«, bemerkte Jake.

    Starbuck grinste und deutete auf Scarlet. »Sie ist neu hier. Sie kennt sie noch nicht!«
    Scarlet musste schmunzeln. Sie sah von einem Mann zum anderen. Sie war froh darüber, sich in der Gesellschaft richtiger Menschen zu befinden. Nach den Erlebnissen in den Tunneln und dem seltsamen Auftritt der beiden Fremden fühlte sie sich zum ersten Mal seit Myrtle’s Mill wieder geborgen.
    »Er fuhr zur See«, begann Starbuck, »Melville, meine ich.«
    »Auf einem Walfänger«, ergänzte Jake.
    »Diesem Walfänger?«, fragte Scarlet.
    Starbuck führte sie zu einem kleinen Tisch an Steuerbord. »Die Pequod war ein stolzes Schiff. Master Ahab war ihr Kapitän.« Ein Schatten huschte über sein Gesicht. »Master Ahab war der einzige Kapitän, der die uralte See bereiste. Er wusste genau, dass es dort Wale gab, die mit keinem Lebewesen zu vergleichen waren, das in den Weltmeeren lebte.«
    Dann berichtete Starbuck von Melville, den er in einer schmutzigen Schänke namens The Spouter-Inn in New Bedford, Nantucket, kennenlernte. Die beiden heuerten auf der Pequod an und gingen auf die Jagd.
    Es war ein gewaltiger Wal, an dessen Verfolgung sie sich machten. Sie folgten ihm Woche um Woche, und als sie ihn schließlich stellten, da fand Master Ahab in der uralten Kreatur seine Nemesis.
    »Der weiße Wal ernährte sich von Handelsschiffen«, erklärte Starbuck ihr. »Das zu unterbinden war Master Ahabs Mission. Er sollte die Kreatur zur Strecke bringen, damit die Schifffahrtsrouten endlich wieder

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