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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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sicherer wurden.« Starbuck genoss es sichtlich, die Geschichte zum Besten zu geben. »Ahab hasste die weiße Walkreatur.«

    »Warum?«, wollte Scarlet wissen.
    »Sie hatte das Schiff verschlungen, auf dem Ahabs Frau gereist war.«
    Das war der Grund, weswegen er bei seinem eigenen dunklen Blut und allen Geistern seiner Ahnen geschworen hatte, die bleiche Kreatur zur Strecke zu bringen.
    »Doch am Ende kam es anders«, sagte Starbuck. »Der wei ße Wal vernichtete die Pequod . Er fraß das Schiff auf. Jede Planke, jeden Mann, alles, einfach alles verschwand in seinem Schlund. Master Ahab ebenso.«
    Nur drei Männer überlebten das Unglück der Pequod. Ishmael Starbuck war der eine, Hermann Melville war der andere. Fedallah Queequeg der dritte.
    »Wir klammerten uns an einem Sarg fest, den der Zimmermann für einen der Harpuniere gemacht hatte: Fedallah Queequeg hatte das Ende des Schiffes und seiner Besatzung nahen sehen. Er hatte die Knochen befragt, und sie hatten ihm den Tod gezeigt. Queequeg hatte gedacht, dass es sein Tod wäre, und so hatte er sich einen Sarg zimmern lassen.«
    »Was für ein Glück«, bemerkte Scarlet.
    Jake warf ihr einen süffisanten Blick zu.
    »Ja, nicht wahr?« Starbuck fuhr fort: »Nach zwei Tagen auf hoher See fand uns ein anderer Walfänger. Die Rachel . Sie brachten uns hierher, zum Hafen von Gotham.«
    Melville, Starbuck und Queequeg gingen an Land und von dort in die uralte Metropole hinab. Melville schrieb die tragische Geschichte der Pequod nieder, Seite um Seite, Tag um Tag, Seemeile um Seemeile. Die anderen beiden fanden Arbeit als Pfadfinder.
    »Wie kam das Schiff hierher?«, fragte Scarlet. »Ich dachte, es sei aufgefressen worden.«

    Starbuck beugte sich näher zu ihr. »Nicht das ganze Schiff wurde gefressen.«
    Denn der Sarg, der die einzigen Überlebenden über Wasser gehalten hatte, war aus Planken der Pequod gezimmert worden. Starbuck, Melville und Queequeg brachten den Sarg mit in die Stadt, und als sie sich schließlich in der uralten Metropole von Gotham niederzulassen gedachten, da waren sie allesamt der Meinung, die schlimmen Erinnerungen begraben zu müssen.
    »Wir vergruben den Sarg an genau dieser Stelle hier«, erzählte Starbuck mit ernster Miene. »Melville war dabei. Queequeg auch. Wir begruben den Sarg mit den Erinnerungen an all die anderen, die auf See ihr Leben gelassen hatten.«
    Und dann, am nächsten Tag, da war es geschehen.
    »Die Pequod war wieder da.«
    Auferstanden, aus dem Sarg. Als hätte ihr Geist überlebt.
    Scarlet schaute ihn skeptisch an. »Ist das wahr?«
    Starbuck bekreuzigte sich. »So wahr ich hier stehe, das ist die Wahrheit.«
    Jake lächelte wissend. »Seemannsgarn«, murmelte er.
    Starbuck warf ihm einen gespielt tadelnden Blick zu. »Wir haben das Beste daraus gemacht«, sagte der Bootsmann. »Eine Taverne, die gutes Geld abwirft. Es hat Melville hier gefallen. Er hat oben auf dem Achterdeck das Ende seines Romans geschrieben.« Starbuck wirkte auf einmal ein wenig wehmütig. »Er hat dort oben geschrieben bis zu seinem letzten Tag.« Er seufzte langgezogen. »Wir haben ihn auf See beigesetzt, er wollte es so.«
    Jake nickte still vor sich hin. Dann fragte er: »Wo ist Queequeg?«

    »Braucht ihr seine Hilfe?« Sein Gesicht verriet, dass es nicht unbedingt etwas Gutes war, wenn man Queequegs Hilfe in Anspruch nehmen musste.
    »Ja.«
    »Er ist unterwegs, macht das, was ein Streicher so tut«, sagte Starbuck. »Aber ihr könnt hier auf ihn warten. Am frühen Abend wollte er zurück sein.«
    Jake und Scarlet hatten nichts dagegen einzuwenden. Nach all der Aufregung würde ein wenig Ruhe mehr als nur guttun.
    Starbuck fragte: »Seid ihr wenigstens hungrig?«
    Ein Lächeln breitete sich auf Scarlets Gesicht aus. Schon seit sie die Taverne betreten hatte, war ihr der Geruch nach frischem Fisch in die Nase gestiegen. »Ich könnte eine warme Mahlzeit vertragen«, vertraute sie dem ehemaligen Seemann an.
    »Wie wäre es mit frischer Clam Chowder«, schlug Starbuck vor.
    Scarlet starrte ihn an, als habe er ihr gerade aufgetragen, ein Rätsel zu lösen. »Ich weiß, was das ist«, sagte sie leise, mehr zu sich selbst. Muschelsuppe mit Tomaten, serviert mit Crackern. »Warum weiß ich manche Dinge und andere dann wieder nicht?«
    »Für mich ebenfalls Clam Chowder«, willigte Jake ein. »Dazu noch eine große Flasche klares Wasser.«
    Starbuck wirkte zufrieden. »Wird prompt erledigt«, versprach er.
    Dann verließ er die beiden.
    Scarlet

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