Die Vampirjaegerin - Till the End of Time
Gedanken durchströmten ihr und somit sein Wesen. Es war kein Appell direkt an ihn, es waren ihre vermeintlich letzten Gedanken. Völliger Unglaube darüber, dass ausgerechnet er sie töten würde, machte es ihr entsetzlich schmerzhaft bewusst, dass sie einen Fehler begangen hatte, einem Vampir zu vertrauen. Und das hatte sie wirklich getan. Sie hatte an Natzuya geglaubt, ihm vertraut und bis zum Schluss nicht einwandfrei glauben können, dass er sie wirklich töten würde. Und nun geschah es. Schmerzlich fühlte sich sein Verrat an.
Ihn erstaunte, wie oft er in ihren Gedanken vorkam. Er hatte nicht vor, sie zu töten, sollte er jetzt jedoch besser von ihr ablassen, bevor sie ohnmächtig würde. Als er seinen vampirischen Kuss löste und seine Reißzähne aus ihrem Körper zog, flüsterte er, die Lippen dicht an ihr Ohr gepresst: „Es tut mir leid … du hast recht, ich bin nicht ich selbst gewesen. Lena stellt keine Gefahr für dich dar, sie ist nicht hier, sie hat nicht damit gerechnet, dass du so stark an mich glaubst, dass du ihre Barriere durchbrechen kannst. Ich muss offenbar noch so viel lernen. Es tut mir wirklich leid. Geh, geh nach Hause!“, nuschelte er in ihr Haar hinein. Er hatte sie an sich gedrückt, diesmal sanfter, beschützend, tröstend. Ihr Geruch betörte ihn erneut. Zuallererst würde er jedoch Lena zurechtweisen, denn sie hatte ihn für ihren Krieg gegen Sayura als Marionette eingesetzt und sich seines Willens bedient, ohne dass er es überhaupt registriert hatte. Er spürte die Verletzung der jungen Frau in seinen Armen, als wäre es seine eigene. Mit ihrem Blut hatte er einen Teil ihrer Seele in sich aufgenommen. Ein paar Tage würde ihr Blut ihn am Leben halten, ein paar Tage wären sie verbunden; und alles, was er gesehen und gespürt hatte, konnte er immer und immer wieder abrufen, zumindest so lange, bis sein Körper ihren Lebenssaft aufgebraucht haben würde.
Keine Entschuldigung würde wiedergutmachen können, dass er sich hatte benutzen lassen. Keine Entschuldigung würde wiedergutmachen können, dass er seinen Instinkt nicht hatte kontrollieren können und seinem Verlangen derart egoistisch nachgegangen war. Er musste wirklich noch so vieles lernen.
Sie weinte bitterlich – teils aus Schmerz, teils aus Enttäuschung und auch aus Erleichterung. Sayura war jetzt nicht mehr seine Gefangene, verharrte jedoch weiterhin in seiner sicheren Umarmung.
Schweigend standen sie zusammen. Er leckte sich ihr Blut von den Lippen, genoss es, wollte mehr. Nur eines wollte er noch mehr: diesem Mädchen weitere Schwere, weiteres Leid und weitere Schmerzen ersparen.
„Ich hasse dich!“, schluchzte sie in seinen Trenchcoat.
Er ließ sie wortlos ziehen, als sie sich aus seiner Umarmung gelöst hatte und davonrannte.
Erneut verstrichen die Wochen, wieder musste sie die Rückkehr ins „Naked“ verlegen, die Bisswunde an ihrem Hals verheilte schlecht, tat lange noch weh. Sie war enttäuscht darüber, dass Natzuya nichts weiter war als ein Vampir.
Sie betrachtete sich im Spiegel ihres Badezimmers, berührte mit den Fingern ihrer linken Hand vorsichtige die Wunde an ihrem Hals, direkt über ihrer Halsschlagader. Die zwei Bissspuren seiner Reißzähne waren deutlich sicht- und unter ihren Fingerspitzen spürbar.
Wie hatte er ihr das antun können? Glaubte er wirklich, mit seiner Entschuldigung und lächerlichen Selbsterkenntnis wäre es vergeben und vergessen? Nur weil sie ihm vertraut hatte, verblüfft und vermutlich naiv war, war es ihm überhaupt gelungen, derart nah an sie heranzukommen. Dabei stand ihm die Aggressivität ins Gesicht geschrieben. Sie musste aufhören, an ihn zu denken, an ihn, ihren Lebensretter Natzuya, der sie nun beinahe getötet hatte.
Er war ein Vampir geworden, und zwar mit allen Sinnen. Er hatte Lena an seiner Seite; Sayuras Feindin, die auf ihrer persönlichen Abschussliste ganz oben stand. Eine Bestie war er geworden, wie es alle Vampire waren; Beeinflussung durch Lena hin oder her. Wie hatte Sayura etwas anderes annehmen oder glauben können? Sie war schrecklich enttäuscht und traurig – immer noch; vielleicht sogar traumatisiert.
Sayura war wenig begeistert, eben hatte sie einen Anruf von Kitty erhalten. Kitty war krank geworden und brauchte dringend eine Vertretung im Club.
Eigentlich war Sayura bereits fertig angezogen gewesen, um jagen zu gehen, notfalls sogar, um Natzuya zu Fall zu bringen, aber sie mochte Kitty und wusste, wenn sie sie jetzt nicht
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