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Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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darüber.«
    »Als ich mit diesem neuen Wissen nach Kokopo zurückgekehrt bin, habe ich mit Hilfe von Takari und der Alten eine Einheimische namens Namata kennengelernt. In ihrer Hütte lagern ungefähr ein Dutzend von Johannas Bildern. Namata sagt, sie habe sie von ihrem Großvater, der sie in Kuradui vor den Japanern gerettet hätte. Eines dieser Gemälde hat mich geradezu in seinen Bann gezogen. Meines Erachtens ein außergewöhnlicher Fund.« Sie machte eine Pause. »Nur ein weiterer Zufall?«, fragte Katja.
    »Kommt drauf an. Meines Erachtens ist dies weniger dem Zufall geschuldet als vielmehr der Tatsache, dass die Leute langsam begonnen haben, Ihnen zu vertrauen. Was hat es mit diesem Bild denn auf sich?«
    Katja stand auf und ging zur Kommode, deren oberster Schublade sie eine zusammengerollte Leinwand entnahm. Vorsichtig entrollte sie diese und hielt sie so vor sich, dass Lambert gute Sicht darauf hatte. Sie erzählte ihm, was sie darüber wusste. Dann drehte sie die Leinwand um und zeigte ihm die Inschrift.
    »Merkwürdig, nicht?« Sie drehte das Bild erneut um und tippte mit dem Zeigefinger auf die Vogelfigur. »Eine solche Figur kenne ich schon von klein auf. Mein Großvater besitzt eine grüne Jadefigur wie diese, und als ich jetzt bei ihm war, habe ich ihn gefragt, ob er mir den Vogelmann nochmals zeigen könne.«
    »Haben Sie mit diesem Wunsch keinen Verdacht erregt?«
    Sie hob die Schultern.
    »Ich hab es mit einem plötzlichen Anfall von Gefühlsduselei begründet. Alte Kindheitserinnerungen und so weiter. Er hat doch bei jeder Familienfeier die Figur hervorgeholt, um damit einen wahren Veitstanz aufzuführen. Meine Eltern sind vor Scham jedes Mal fast im Erdboden versunken.«
    »Kann ich mir denken. Und? Was ist nun damit?«, fragte Lambert.
    »Die grüne Figur auf Johannas Bild ist zweifelsfrei dieselbe Figur, die mein Großvater bei jeder Feier vorgeführt hat. Nach meiner Ankunft in Rabaul bin ich dann in die Stadtbibliothek, um mehr über das Baining-Massaker zu erfahren, das ja den Endpunkt in Johannas Tagebuch markiert. Dort fand ich schließlich Unterlagen über die Waisenkinder dieser Tragödie, und mir wurde klar, dass ich unbedingt einen Blick in die Archive von Vunapope werfen musste, falls das Massaker auf St. Paul eine Rolle in meiner Familiengeschichte gespielt hat. Jedenfalls ließ mich Reuter ins Archiv, und nun schauen Sie, was ich hier habe.« Katja griff in ihre Laptophülle, langte nach Emmas Brief und las Lambert einige Passagen daraus vor. Als sie die Seiten wieder zusammenfaltete, taxierte sie ihn genau. »Ist Ihnen klar, was das bedeutet?«
    Lambert schwieg und sah sie an.
    »Ich habe entdeckt, wer meine wahren Ururgroßeltern sind! Mein Großvater Albert hat es bestimmt schon immer gewusst und dafür gesorgt, dass es ein Geheimnis blieb. Dasselbe gilt für meinen Vater.« Sie begann, unruhig hin und her zu laufen, während sie weitersprach. »All das, was meine Familie aufgebaut hat, gründet auf einer Lüge! Eine Lüge, die offensichtlich schon seit Generationen gehütet wird.« Ihre Stimme klang bitter. Schließlich stand sie auf und ging zu Lambert herüber, der sich ans Fensterbrett gelehnt hatte. »Ich habe einen Teil meiner Familie jahrelang regelrecht gehasst. Wegen der skrupellosen Raffgier, mit der sie ein armes Land ausbeuten und dessen Umwelt zerstören. Wegen des Familiendünkels, den sie Michael über all die Jahre hindurch haben spüren lassen. Und wegen der Art, wie sie rücksichtslos Menschen für ihre Zwecke manipulieren. Der Gedanke, etwas in Händen zu halten, was ihren Niedergang besiegeln könnte, wäre mir vor kurzem noch wie ein Geschenk des Himmels erschienen. Aber jetzt, mit diesem Brief hier, der beweist, dass mein Großvater unsere Familie ein Leben lang belogen hat, weiß ich plötzlich nicht mehr, was ich tun soll. Das ist doch verrückt.«
    Lambert griff nach ihrer Hand. »Das finde ich überhaupt nicht. Ich finde es im Gegenteil sehr verständlich, dass Sie verwirrt sind. Wer sagt überhaupt, dass Sie sofort eine Entscheidung treffen müssen? Nehmen Sie sich Zeit, um in Ruhe über alles nachzudenken.«
    Eine Träne löste sich aus ihrem Augenwinkel. Lambert zog sie neben sich auf den Fenstersims und legte den Arm um sie.
    »Entschuldigen Sie bitte. Ich sollte Sie mit alldem nicht belästigen«, sagte Katja und wischte sich mit dem Handgelenk übers Gesicht. Lambert wirkte irritiert, und für einen Moment sah es danach aus, als wolle er

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