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Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften

Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften

Titel: Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Ceming Jürgen Werlitz
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antike Kunst in Basel diesen erwarb, um ihn zu restaurieren
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    Mit der Veröffentlichung und wissenschaftlichen Bearbeitung wurde Rodolphe Kasser beauftragt, der zusammen mit Marvin Meyer, Gregor Wurst und Elaine Pagels am 6. April 2006 das Resultat der Untersuchungen der Öffentlichkeit auf einer Pressekonferenz in Washington DC mitteilte. Der als Codex Tchacos bezeichnete Papyrus beinhaltet ursprünglich vier Schriften, den „Brief des Petrus an Philippus“, einen Text namens „Jakobus“, das „Buch des Allogenes“ und das „Judasevangelium“. Der Codex stammt entweder aus dem letzten Drittel des dritten Jahrhunderts oder aus der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts und ist im sahidischen Dialekt des Koptischen geschrieben. Mit ziemlicher Sicherheit handelt es sich bei den koptischen Texten um Übersetzungen aus dem Griechischen. Das griechische Original des Judasevangeliums ist um einiges älter als die koptische Übersetzung des Codex Tchacos, da Irenäus von Lyon bereits um 180 n. Chr. über das Judasevangelium berichtete
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    Und damit zum Inhalt dieses seltsam anmutenden Textes, der auch den Titel „Vom Schurken zum Heiligen“ tragen könnte. Der Name der Schrift verweist schon auf die Hauptperson: den in der christlichen Tradition als Verräter gebrandmarkten Apostel Judas Iskarioth, dessen Beiname vermutlich Mann aus Kerioth bedeutet. Es umfasst nur die letzten Tage Jesu bis zum Verrat des Judas, womit deutlich wird, dass es nicht die Geschichte des jesuanischen Wirkens auf Erden erzählen möchte, sondern dass es um geheime Offenbarungen, die Jesus kurz vor seinem Tod Judas zukommen lässt, geht. Was diesen Text von den gängigen Judasdarstellungen unterscheidet, ist die Tatsache, dass er hier nicht als Verräter verurteilt, sondern seine Rolle für das Erlösungswerk Gottes gewürdigt wird
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    Judas verrät Jesus weder aus Geldgier (Mt 26,14–16 und Joh 12,4–6), noch weil der Satan in ihn fuhr (Lk 22,3 und Joh 6,20), wie es die kanonischen Evangelien überliefern, sondern einzig und allein deshalb, weil Jesus ihn selbst dazu auffordert, da nur so das Erlösungswerk zu Ende gebracht werden kann. Jesus wählt Judas für seine Aufgabe nicht aus, weil dieser einen schwachen Charakter hat, sondern weil er der einzige der Jünger ist, der seine Botschaft verstanden hat. Judas verfügt über die notwendige Größe und das Format, den unangenehmen und schmerzlichen Part des Verräters zu übernehmen. Der Rest der Jünger steht in diesem Evangelium für die unwissenden Menschen und damit für die christliche Großkirche, während Judas den neuen, gnostischen und damit wissenden Menschen verkörpert. Die sethianisch-gnostische Ausrichtung dieser Schrift ist von Anfang an deutlich zu erkennen. Ihre Grundgedanken werdend anschließend an die Wiedergabe des Inhaltes kurz erläutert
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    Jesus tritt zu Beginn des Evangeliums in den Kreis seiner Jünger, die eine Art Eucharistiefeier abhalten und lacht über ihr Tun. Die Kritik des Verfassers an der Eucharistiefeier der Großkirche, ist nicht zu übersehen. Es wird hier bereits deutlich gemacht, dass die Jünger von der Lehre Christi nichts begriffen haben, denn sie verehren nicht den Gott Christi, welcher der Gott der Gnostiker ist, sondern jenen, der für die üble Schöpfung verantwortlich ist. Daher erkennen sie auch nicht Jesu wahre Natur. Die Jünger sind über Jesu Lachen erbost. Als Jesus sie aufordert, ihm zu demonstrieren, dass sie wahrhaft wissend sind, vermögen sie es nicht. Einzig Judas tritt vor Jesu Angesicht und dieser sieht, dass Judas sein wahres Wesen und seine Herkunft erkannt hat, indem er sagt, Christus sei aus dem unsterblichen Äon derBarbelo gekommen. Barbelo gilt in der sethianischen Gnosis als eine der obersten Gottheiten
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    Als Jesus seinen Jüngern ein paar Tage später wieder erscheint, berichten sie ihm von einer Tempelvision, die er auslegt. Die darin enthaltene Kritik an der Großkirche ist wieder unüberhörbar. Daran anschließend spricht Jesus über die zwei Sorten Menschen, die es auf der Welt gibt. Die einen, das sind die Gnostiker, zu denen auch Judas zählt. Sie tragen einen unsterblichen göttlichen Funken in sich, der nach dem körperlichen Tod aus der Materie befreit wird und zurück in seine geistige Heimat gelangt. Die anderen, dazu zählen u. a. die restlichen zwölf(!) Jünger, tragen keinen göttlichen Funken in sich. Sie werden nach dem körperlichen Tod völlig vergehen, da in ihnen nichts Unsterbliches weilt.

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