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Die Vergessene Welt

Die Vergessene Welt

Titel: Die Vergessene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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die Sklaventreiber verjagt.
    Damals war ich die strafende Hand Gottes, das können Sie mir
    ruhig glauben, junger Mann. Es gibt nämlich Zeiten, wo jeder
    die Menschenrechte verteidigen muß, auch wenn es dabei
    Blutvergießen gibt.
    Wenn ich nicht diesen kleinen Privatkrieg angezettelt hätte,
    ich müßte mich mein Leben lang schämen. Ich habe ihn selber
    erklärt, selber ausgefochten und selber wieder beendet. Jede
    von diesen Kerben steht für einen Sklavenmörder. Eine ganz
    hübsche Strecke, was? Ich erwischte sie alle. Die dicke da ist für
    Pedro Lopez, ihren Anführer. Ihm habe ich am Ufer eines
    Nebenflusses des Putomayo das Handwerk gelegt … So, und
    hier haben wir genau das Richtige für Sie.« Er hob ein
    Prachtexemplar von einem Gewehr aus dem Schrank. »Kolben
    schön der Schulter angepaßt, genaues Visier und fünf Schuß
    Munition. Dem Schießeisen können Sie Ihr Leben
    anvertrauen.«
    Er gab es mir und machte seinen Gewehrschrank zu.
    »Übrigens«, sagte er, als er sich wieder setzte, »was wissen
    Sie eigentlich über diesen Challenger?«
    »Ich habe ihn heute zum erstenmal gesehen.«
    »Ich auch. Es ist schon komisch, daß wir für einen Mann in
    den Dschungel gehen, den wir gar nicht kennen. Ein
    halsstarriger alter Vogel ist das und bei seinen Kollegen
    offensichtlich nicht allzu beliebt. Wie kam es denn überhaupt
    dazu, daß Sie sich für die Sache interessierten?«
    Ich erzählte ihm kurz von den Begebenheiten des
    Vormittags, und er hörte mir aufmerksam zu. Dann holte er
    eine Karte von Südamerika aus seiner Schublade und breitete
    sie auf dem Tisch aus.
    »Ich glaube, daß jedes einzelne Wort stimmt, was er sagt«,
    erklärte er mit ernstem Gesicht. »Ich liebe Südamerika. Einen
    großartigeren und reicheren Kontinent gibt es auf diesem
    Planeten nicht. Ich habe ihn von Norden bis Süden bereist und
    habe während meines Kampfes gegen die Sklavenhändler
    klimatische Verhältnisse am eigenen Leibe erfahren, die man
    sich hierzulande nicht vorstellen kann. Ich bin natürlich auch
    mit Indianerstämmen in Berührung gekommen und habe ihre
    Legenden und Gerüchte gehört. So unwahrscheinlich es klingen
    mag, was sie einem alles erzählen, es steckt immer ein
    Körnchen Wahrheit hinter den Dingen, die von Generation zu
    Generation weitergegeben werden. Je besser man dieses Land
    kennt, desto mehr begreift man, daß dort alles möglich ist.
    Wirklich alles. Den Menschen stehen bloß ein paar schmale
    Flußläufe zur Verfügung, wenn sie sich von einem Ort zum
    anderen begeben wollen, alles andere ist undurchdringlicher
    Urwald. Und hier im Mato Grosso …« – er fuhr mit seiner
    Zigarre über einen Teil der Karte – »oder hier oben, wo die
    Länder zusammenstoßen, würde mich nichts überraschen. Wie
    dieser Professor heute abend schon sagte, gibt es hier
    fünfzigtausend Meilen Wasserwege durch einen Urwald von
    einer Ausdehnung größer als Europa. Die wenigen Pfade mit
    Lichtungen, die der Mensch in den Dschungel geschlagen hat,
    kann man vergessen. Hinzu kommt, daß die Flüsse oft
    Hochwasser bis zu fünfzehn Metern führen und das Land zu
    beiden Ufern tiefer Morast ist, durch den es kein
    Durchkommen gibt. Warum sollte es in einem solchen Gebiet
    nicht etwas Neues, Unvortellbares geben? Und warum sollten
    wir nicht die Männer sein, die es entdecken? Außerdem …« –
    die Augen in dem hageren Gesicht leuchteten vor Freude –
    »muß man sich dort jede Meile hart erkämpfen. Ich bin wie ein
    alter Golfball – die weiße Farbe hat sich längst abgestoßen. Das
    Leben kann mich meinetwegen beuteln, das macht mir nichts
    mehr aus. Etwas zu riskieren, das hält jung. Dann lohnt sich
    das Leben wenigstens. Wir tendieren nämlich alle dazu, es uns
    zu bequem zu machen und zu verweichlichen. Ich verlange
    nichts als große, weite Gebiete, eine Waffe in der Faust und
    Jagd auf etwas, was die Beute wert ist. Krieg, Hetzjagd,
    Pferderennen, sogar Fliegen – alles habe ich hinter mir. Diese
    Reise in das Unbekannte, wo Tiere hausen sollen, die einem
    nicht einmal in einem Alptraum erscheinen, das, junger Mann,
    reizt mich.«
    Vielleicht habe ich zu langatmig von Lord Roxton erzählt,
    aber ich werde ja nun für geraume Zeit mit ihm zusammen
    sein, und das hat mich dazu veranlaßt, ihn so zu schildern, wie
    ich ihn an jenem Abend sah. Allein der Zwang, meinen Bericht
    über die Vorlesung im Zoologischen Institut vor

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