Die Vergessene Welt
Forschungszwecke waren vorhanden, darunter ein
Teleskop und ein gutes Zeiss-Glas.
All das schafften wir auf die Lichtung, nachdem wir zur
Vorsicht dorniges Gestrüpp geschlagen und uns um die
Felsplatten herum einen Schutzwall von einem Durchmesser
von vielleicht fünfzehn Metern gebaut hatten. Das sollte
zunächst unser Hauptquartier sein- unser Zufluchtsort bei
plötzlich auftretender Gefahr und natürlich Lagerplatz für
unsere Reichtümer.
Wir tauften den Platz »Fort Challenger«.
Bis wir alles so weit hatten, war es Mittag geworden. Die
Hitze war nicht quälend, und sowohl Temperatur als auch
Vegetation auf dem Plateau entsprachen den Bedingungen, die
man in gemäßigten Zonen vorfindet. Unter den Bäumen, die
unsere Lichtung umstanden, Buchen, Eichen und sogar Birken.
Ein gewaltiger Gingkobaum, der alle anderen überragte,
breitete seine langen Äste mit den Fächerblättern bis über das
Lager aus, das wir gebaut hatten.
In seinem Schatten hielten wir Kriegsrat, wobei Lord John
wieder das Kommando übernommen hatte und uns seine
Ansichten auseinandersetzte.
»Solange uns weder Mensch noch Tier gesehen oder gehört
haben, sind wir sicher«, sagte er. »Sobald sie aber wissen, daß
wir hier sind, geht der Zirkus los. Nichts spricht dafür, daß
sie uns bereits gesichtet haben. Wir müssen uns also vorerst
einmal möglichst ruhig verhalten und das Land heimlich
auskundschaften. Ehe wir unsere Nachbarn aufsuchen, wollen
wir sie uns gründlich anschauen.«
»Aber wir können nicht hier sitzenbleiben, sondern müssen
raus«, sagte ich.
»Allerdings müssen wir das, junger Mann«, sagte Lord
John, der Challengers Art, mich wie einen Schulbuben zu
behandeln, übernommen hatte. »Wir werden das Lager
verlassen, aber mit Verstand. Wir dürfen uns nie so weit
davon entfernen, daß wir nicht zurückkommen können. Und
vor allem dürfen wir unter keinen Umständen von unseren
Waffen Gebrauch machen.«
»Wobei Sie gestern geschossen haben«, sagte Summerlee.
»Das mußte sein. Zum Glück wehte der Wind so, daß der
Schall über die Ebene und nicht hier herüber getragen wurde. Es
ist nicht anzunehmen, daß man hier etwas gehört hat. Übrigens,
wie sollen wir das Neuland nennen?«
Es kamen ein paar Vorschlage, von denen keiner so recht
befriedigend war. Challenger hatte schließlich die Idee, der alle
zustimmten.
»Da kommt doch nur ein Name in Frage«, sagte er. »Das
Land muß den Namen des Mannes bekommen, der es entdeckt
hat – nämlich Maple White. Wir nennen es Maple-White-Land,
schlage ich vor.«
Damit war es beschlossene Sache, und ich trug den Namen
in die Karte ein, mit deren Entwurf ich beauftragt worden
war.
Die friedliche Eroberung des Maple-White-Landes war nun
unser dringliches Anliegen. Wir hatten mit eigenen Augen
gesehen, daß hier unbekannte Lebewesen hausten, und aus dem
Zeichenheft des Amerikaners wußten wir, daß wir früher oder
später mit dem Auftauchen gefährlicher Untiere rechnen
mußten. Daß es auch Menschen auf dem Plateau gab, schien
durch das Skelett bewiesen zu sein, das wir im Bambus
gefunden hatten. Daß James Colver nicht das Opfer eines
Unfalls gewesen, sondern absichtlich von den Klippen
gestoßen worden war, bezweifelte niemand mehr.
Unsere Situation, durch die Tatsache, daß wir das Plateau
nicht verlassen konnten, verschärft, war höchst gefährlich und
verlangte größte Vorsichtsmaßnahmen. Trotzdem konnten wir,
endlich am Saum dieser mysteriösen Welt angekommen, nicht
untätig auf unserer Lichtung sitzen bleiben. Die Ungeduld trieb
uns hinaus. Wir mußten bis ins Herz des Neulandes
vordringen.
Wir verbarrikadierten daher den Zugang zu unserem Lager
und machten uns auf den Weg. Wir folgten dem Wasserlauf,
der aus unserer Quelle sprudelte. Er sollte uns auch als
Wegweiser für den Rückweg dienen.
§
Wir waren kaum aufgebrochen, als wir auf Anzeichen stießen,
die uns davon überzeugten, daß uns tatsächlich wundersame
Dinge erwarteten. Nach ein paar hundert Metern dichten
Unterholzes – die Bäume, die es überragten, waren mir
größtenteils fremd, aber Professor Summerlee, der Botaniker
unter uns, hatte für jeden einen exotisch klingenden Namen
parat –, kamen wir in ein Gelände, in dem der Bach breiter
wurde und der Boden sumpfig war. Dichtes, eigenartiges Schilf
wuchs hier, dazwischen standen vereinzelt Baumfarne. Es
wehte ein kräftiger Wind.
Lord John, der voranging, hob plötzlich
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