Die vergessenen Schwestern (Hackenholts erster Fall) (German Edition)
die drei danach sofort gegangen oder noch sitzen geblieben?«
»Sie haben erst noch ihr Bier ausgetrunken. Das hat eine Weile gedauert. «
»Haben Sie mitbekommen, wann genau sie aufgebrochen sind?«
»Das war Viertel vor eins. Ich habe auf die Uhr gesehen, weil ich mich gerade daran machen wollte, sie nach Hause zu schicken, als sie aufgestanden und gegangen sind.«
* * *
Als Nächstes fuhren Wünnenberg und Stellfeldt zu Peter Sieberts Bruder Konrad, der dem Getöteten optisch sehr ähnlich sah. Auch er hatte praktisch keine Haare mehr auf dem Kopf und die restlichen so abrasiert, dass man dachte, einen Glatzköpfigen vor sich zu haben. Allerdings zierte sein Gesicht ein Vollbart, der schon ergraut war. Um den Bauch herum war er indes beträchtlich fülliger als sein Bruder. Der Empfang war zwar auch hier nicht herzlich, aber auch nicht feindselig.
»Wir haben ein paar Fragen, bei denen wir hoffen, dass Sie uns weiterhelfen können«, begann Wünnenberg das Gespräch.
»Na, hoffentlich haben Sie sich da nicht zu viele Hoffnungen gemacht. Ich hatte kaum Kontakt zu Peter, aber fragen Sie ruhig. Ich will mich bemühen, Ihnen soweit wie möglich Auskunft zu geben.«
»Da haben Sie schon fast unsere erste Frage angeschnitten, Herr Siebert. Bislang haben wir noch niemanden gefunden, der uns viel über Ihren Bruder sagen konnte.«
»Das wundert mich nicht. Peter hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. Ich glaube, das begann schon so um die Zeit, als sich Jana von ihm getrennt hat.«
Der Name war den Beamten noch völlig unbekannt.
»Jana Sattler. Sie war einige Jahre lang Peters große Liebe. Wegen ihr hat er die Wohnung in der Meuschelstraße gekauft – als Nest. Sie haben sogar geplant zu heiraten. Alles war prima, bis es von heute auf morgen plötzlich aus war. Zumindest hat Peter das so erzählt. Ich habe von Jana nach der Trennung nie wieder etwas gehört. Laut Peter ist sie nach München gezogen und hat dort kurz darauf einen anderen Mann geheiratet.
Danach wurde mein Bruder zunehmend verschlossener und hat sich immer mehr zurückgezogen. Auch sein Lebenswandel hat sich verändert:Er hat angefangen, sich immer wieder bewusst zu betrinken. Außerdem hatte er noch diesen Freund, Jürgen Degel, mit dem er häufiger versumpft ist. Meine Schwester Anette hat sich damals immer wieder mal um Peter gekümmert, aber er wusste das nicht sonderlich zu schätzen. Mit mir hatte er da schon nur noch sporadischen Kontakt.«
»Ihre Schwester hat sich um Ihren Bruder bemüht?«
»Ja, aber wie gesagt, das war immer nur von kurzer Dauer. Vor einem halben Jahr ist dann irgendetwas passiert, seither durfte man in Anettes Gegenwart Peters Namen nicht einmal mehr denken. Fragen Sie mich nicht, was das war oder worum es ging, ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
»Wissen Sie, wie es um die Finanzen Ihres Bruders stand?«
»Da hatte ich gar keinen Einblick, aber da er zuletzt arbeitslos war, dürfte er wohl nicht sonderlich viel Geld zur Verfügung gehabt haben.«
»Und die Wohnung? Wann hat er die gekauft?«
Siebert schloss die Augen und rechnete im Stillen. »Nageln Sie mich nicht darauf fest, ich glaube, das war vor ungefähr fünfzehn Jahren.«
»Gibt es ein Testament?«
»Daran habe ich noch gar nicht gedacht«, meinte Siebert betroffen. »Mir ist überhaupt noch nicht richtig bewusst, dass Peter tot ist. Auch wenn es für mich sicher keinen großen Unterschied macht.« Der Mann hing einen Moment lang Erinnerungen nach, bevor er wieder auf die ursprüngliche Frage zurückkam. »Von einem Testament weiß ich nichts, aber das soll nichts heißen.«
Auf dem Rückweg zum Präsidium stellte Wünnenberg resigniert fest, dass sie auf viele ihrer Fragen keine zufriedenstellende Antwort erhalten hatten. Niemand schien etwas Definitives über Siebert zu wissen. Das einzige, was sie nun wussten, war, dass Sieberts Schwester und Schwager recht empfindlich auf Fragen nach dem Toten reagierten.
Während Stellfeldt eine Nachricht auf Hackenholts Mailbox hinterließ, machte sich Wünnenberg hingebungsvoll daran, Kaffee zu kochen – sein Lebenselixier. Danach setzte er sich an seinen Computer und begann mit der Überprüfung von Wolfgang Runge. Das absurde Verhalten des Mannes ließ ihm keine Ruhe. Aber erst, als er seine Suche auf dessen Frau Anette Siebert erweiterte, förderte er ein paar interessante Dinge zutage. Er stieß einen leisen Pfiff aus.
* * *
Als Hackenholt Berger durch das
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