Die vergessenen Schwestern (Hackenholts erster Fall) (German Edition)
Liebscher im Zusammenhang mit dem Haus aufgetaucht. Kennen Sie die?«, fragte Hackenholt nach einer kurzen Pause.
Sophie runzelte die Stirn. »Natürlich kenne ich Sieglinde von Liebscher. Ihr gehört die Wohnung im ersten Stock, in der Patricia wohnt. Siggi und Patricia sind sehr eng befreundet. Außerdem gehört Sieglindes Schwester die Etage im vierten Stock. Sie hat nach Frankreich geheiratet und lebt jetzt dort. Die Wohnung hier hat sie sich bloß zugelegt, damit sie nicht im Hotel wohnen muss, wenn sie nach Nürnberg kommt.«
Hackenholt fiel es in dem Moment wie Schuppen von den Augen. Die Frau, die Siebert umworben hatte, sollte reich sein, und er sollte sie über das Haus kennengelernt haben. Außerdem sollte er schon seit längerem mit ihr bekannt sein. Und Wolfgang Gruber hatte sich an den Namen Siggi zu erinnern geglaubt.
»Möchten Sie einen Kaffee?«, riss Sophie ihn aus seinen Gedanken.
»Ja, gerne.«
Als sie zurückkam, starrte er wieder völlig geistesabwesend vor sich hin.
»Was habe ich Ihnen denn erzählt, dass Sie mit dem Grübeln gar nicht mehr aufhören?«, fragte sie mit einem Lächeln.
Hackenholt sah sie nachdenklich an. Er wog kurz ab und entschloss sich dann, ihr gegenüber offen zu sein. »Wir haben einen Zeitungsartikel gefunden, der unterstellt, dass Frau von Liebscher und Frau Teck eine lesbische Beziehung unterhalten. Allerdings ist nicht klar, wie es zu dem Artikel kam und wie viel davon wahr ist. Außerdem soll Herr Siebert sich für Frau von Liebscher interessiert haben. Ich weiß nicht, wie das zusammen passt, aber ich muss es herausfinden. Und wenn es nur dazu dient, dass ich die beiden Damen von meiner Liste streichen kann.«
Er hatte eine Grenze überschritten und ihr sein volles Vertrauen entgegengebracht. Er wünschte sich inständig, dass es sich nicht als Fehler erweisen möge. Sophie sah ihn immer noch unverwandt an. Ihre Gesichtszüge waren jedoch nicht mehr so angespannt wie zuvor, sondern wirkten wesentlich sanfter. Hackenholt bemerkte in dem Moment überrascht, wie sehr er ihre Gegenwart genoss.
»Ich kann Ihnen die Frage nicht so eindeutig beantworten, wie Sie sich das wünschen. Siggi und Patricia sind sehr eng miteinander befreundet. Sie besuchen sich mehrmals am Tag, sie kochen zusammen, fahren gemeinsam in den Urlaub. Patricia kümmert sich um Sieglindes Geldanlagen und auch um einen Großteil ihrer Korrespondenz. Meiner Meinung nach kennt ihr gegenseitiges Vertrauen und ihre Freundschaft keine Grenzen. Ob sie das jedoch zum Paar macht, ist wohl Definitionssache. Für mich gehören sie zusammen, auch wenn sie das so nie in der Öffentlichkeit zeigen würden.«
Erst als es schon ziemlich spät war, und Hackenholt Sophies Gastfreundschaft nicht mehr länger strapazieren wollte, fiel ihm wieder ein, dass er auf Bergers Rückruf wartete. Hastig ging er in die Diele und holte sein Handy aus der Jackentasche. Es war ausgeschaltet. Er stieß eine Litanei an Verwünschungen aus und schaltete es ein. Prompt erhielt er die Mitteilung, mehrere Anrufe verpasst zu haben. Schnell wählte er Bergers Nummer. Belegt. Hackenholt gab einen gereizten Laut von sich. Sophie sah ihn fragend an.
»Ich habe meinem Kollegen heute meinen Autoschlüssel überlassen, als wir unterwegs waren, und er hat vergessen, ihn mir zurückzugeben«, erklärte Hackenholt sein Problem.
»Und wie sind Sie dann hierher gekommen?«, fragte sie erstaunt.
»Ich habe mich von Kollegen fahren lassen.«
Sophie nickte verstehend.
»Leider habe ich vor lauter Essen und Unterhaltung vergessen, dass ich meinen Kollegen um einen Rückruf bat und habe das Telefon in der Jacke gelassen. Jetzt ist wiederum bei ihm belegt.« Hackenholt drückte die Wahlwiederholung: erfolglos.
»Haben Sie denn keinen Ersatzschlüssel?«
»Schon, aber der liegt bei mir zu Hause.«
»Und Ihren Wohnungsschlüssel hat auch Ihr Kollege?«
»Nein, meinen Wohnungsschlüssel habe ich noch, der ist an einem anderen Bund.«
»Aber dann ist das doch kein Problem. Wir fahren jetzt zu Ihnen, holen den Ersatzschlüssel, und dann bringe ich Sie zum Ihrem Auto. Und Ihren Schlüssel lassen Sie sich morgen von Ihrem Kollegen zurückgeben.«
»Das kann ich jetzt nicht auch noch von Ihnen verlangen«, protestierte Hackenholt. Doch ihm blieb nichts anderes übrig als ihr zu folgen, da sie aufstand und kurzerhand das Licht im Wohnzimmer ausschaltete.
In der morgendlichen Besprechung berichtete Stellfeldt, wie er den
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