Die vergessenen Welten 03 - Die selbernen Ströme
schwächeren Freund wurde Wulfgar von diesem Schläger herausgefordert. Wie viele waren diesem ungeschlachten Widerling bereits zum Opfer gefallen, fragte er sich. Vielleicht war es an der Zeit, daß dieser fette Kerl eine Lektion erhielt.
Da er mögliche Aufregung witterte, kam der lächerliche Schläger einige Schritte näher.
»Beweg dich mal ein bißchen, halber Mann«, verlangte er und winkte Regis beiseite.
Regis warf einen schnellen Blick durch den Schankraum, um sich einen Überblick über die anderen Gäste zu verschaffen. Es gab bestimmt viele, die sich gerne gegen den fetten Mann und seine abscheulichen Kumpane stellen würden. Sogar ein Angehöriger der Stadtwache, die in allen Stadtteilen Luskans hoch geachtet wurde, war anwesend.
Regis hielt kurz inne und musterte den Soldaten genauer. In dieser von Ganoven heimgesuchten Spelunke wirkte der Mann wahrhaftig fehl am Platze. Und noch merkwürdiger fand Regis es, daß es sich bei diesem Mann um Jierdan handelte, den Soldaten vom Tor, der Drizzts Namen gekannt und der es ihnen vor nur wenigen Stunden ermöglicht hatte, die Stadt zu betreten.
Der fette Mann tat einen weiteren Schritt nach vorn, und Regis blieb keine Zeit mehr, über mögliche Zusammenhänge nachzugrübeln.
Die Arme in die Hüften gestemmt, starrte der große Kerl auf ihn herab. Regis spürte, wie sein Herz heftig schlug und sein Blut in die Adern pumpte, wie es immer in einer drohenden Gefahrensituation war. Er kannte das aus seiner Zeit in Calimhafen. Und wie schon damals war er auch jetzt fest entschlossen, sich schleunigst davonzumachen.
Aber seine Zuversicht verflog, als er auf seinen Gefährten sah.
Weniger erfahren und »weniger klug«, wie Regis in Gedanken schnell hinzufügte, wollte Wulfgar die Herausforderung nicht einfach auf sich beruhen lassen. Mit seinen langen Beinen sprang er mühelos über den Tisch und landete direkt zwischen dem fetten Mann und Regis. Den unheildrohenden Blick des bulligen Mannes erwiderte er mit gleicher Entschlossenheit. Der Dicke sah kurz zu seinen Freunden an der Theke hinüber. Er war sich völlig bewußt, daß sein stolzer, junger Gegner mit seinem Ehrgefühl nicht den ersten Schlag austeilen würde. »Nun, sieh dir das mal an«, lachte er und schob in freudiger Erwartung die Lippen vor. »Offenbar will der Junge uns etwas sagen.«
Langsam drehte er Wulfgar den Rücken zu, machte dann aber plötzlich einen Satz und stürzte sich auf die Kehle des Barbaren. Er glaubte, Wulfgar mit diesem Bewegungswechsel überrumpeln zu können.
Doch Wulfgar war nur in den Umgangsformen in Tavernen unerfahren, nicht aber im Kampf. Er war von Drizzt Do'Urden hervorragend ausgebildet worden, und seine Muskeln waren aufs äußerste gestärkt und trainiert. Bevor die Hände des Dicken auch nur in die Nähe seiner Kehle gelangt waren, hatte Wulfgar eine seiner großen Hände in das Gesicht seines Gegners geschlagen und ihm die andere Faust in die Leistengegend getrieben.
Verblüfft mußte sein Gegner feststellen, daß er hochgehoben wurde.
Einen Augenblick waren die Zuschauer zu erstaunt, um überhaupt reagieren zu können. Nur Regis schlug sich ungläubig eine Hand vors Gesicht und kroch unauffällig unter den Tisch. Der fette Mann war schwerer als drei normale Männer, aber der über zwei Meter große Barbar hob ihn mit Leichtigkeit über seinen Kopf und sogar noch höher, so hoch er sich recken konnte.
In ohnmächtiger Wut schrie der Dicke seinen Anhängern zu, sie sollten angreifen. Wulfgar erwartete geduldig die ersten Attacken.
Das ganze Wirtshaus schien sich gleichzeitig in Bewegung zu setzen. In aller Ruhe machte der geschulte Krieger die dichteste Zusammenballung aus, drei Männer, die gemeinsam vorrück ten, und schleuderte sein menschliches Geschoß auf sie. Kurz bevor sie von den Fettmassen überrollt wurden und zurückprallten, sah er ihre entsetzten Gesichter. Durch die Wucht ihres gemeinsamen Sturzes wurde ein ganzer Teil der Theke aus seinen Halterungen gerissen, der unglückselige Wirt dabei umgestoßen und in die Regale geworfen, in denen seine besten Weine standen.
Wulfgars Belustigung hielt nicht lange an, denn andere Grobiane waren schnell bei ihm. Er suchte festen Stand und schlug mit seinen Riesenfäusten um sich. Einen Gegner nach dem anderen schleuderte er von sich, so daß sie weit entfernt im Schankraum ausgestreckt liegenblieben.
Jetzt brachen im ganzen Lokal Kämpfe aus. Männer, die tatenlos zusehen würden, wenn direkt vor
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