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Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit

Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit

Titel: Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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alles, glaubte er. Nicht wegen der Verbrechen, derer man ihn beschuldigte, sondern wegen jener, die er begangen hatte.
    Sie konnte nicht schlafen, konnte nicht einmal die Augen schließen. Feringal hatte sie früh verlassen und war in sein eigenes Zimmer zurückgekehrt, nachdem sie über Unwohlsein geklagt und ihn gebeten hatte, heute seine beständigen Liebkosungen zu unterlassen. Es war nicht so, dass sie etwas gegen die Aufmerksamkeit des Mannes hatte. Tatsächlich war es sehr schön, mit Feringal zu schlafen, und wenn nicht das Kind und die Gedanken an den armen Mann in ihrem Kopf herumspuken würden, wäre es sogar viel mehr als das. Meralda hatte die Bestätigung erhalten, dass ihr Stimmungsumschwung zugunsten von Feringal wohl begründet gewesen war, dass er ein sanfter und guter Mann war. Sie hatte keine Probleme, ihn mit neuen Augen zu betrachten, seine wohlgeformten Züge und seinen Charme zu erkennen, wenn dieser auch ein wenig unter den vielen Jahren verborgen war, die er unter dem Einfluss seiner zickigen Schwester verbracht hatte. Meralda wusste, dass sie diesen Charme freilegen konnte, dass sie das Beste an Feringal ans Licht bringen und ein herrliches Leben an der Seite dieses wunderbaren Mannes führen konnte.
    Zugleich erkannte die Frau jedoch auch, dass sie sich selbst nicht tolerieren konnte. Sie dachte mit Schaudern daran, wie ihre Torheit sie in Gestalt des Babys und des brodelnden Zorns ihres Ehemannes heimsuchte. Das Bitterste war vielleicht die bevorstehende Hinrichtung eines unschuldigen Mannes, eines Mannes, der sie vor genau dem Verbrechen gerettet hatte, für das er einen so grausamen Tod sterben sollte.
    Nachdem Wulfgar fortgeschleppt worden war, versuchte Meralda, das Urteil zu rechtfertigen, und gemahnte sich daran, dass er wirklich ein Straßenräuber war. Sie ging sogar so weit, sich selbst einzureden, dass der Barbar andere Leute überfallen und dabei vielleicht wirklich Frauen vergewaltigt hatte.
    Diese Argumente hielten jedoch nicht stand, denn Meralda wusste es besser. Obwohl er ihre Kutsche ausgeraubt hatte, hatte sie einen guten Einblick in seinen Charakter erhalten. Ihre Lüge war an dieser Sache schuld. Ihre Lüge würde die brutale Hinrichtung eines Mannes bewirken, der sie nicht verdiente.
    Meralda lag in dieser Nacht lange wach und hielt sich für die schrecklichste Person auf der ganzen Welt. Sie war sich kaum bewusst, dass sie einige Zeit später im Schein einer einzelnen Kerze barfuß über den kalten Steinboden der Burg tappte. Sie ging zu Temigasts Zimmer, lauschte an der Tür, hörte sein gleichmäßiges Schnarchen und schlüpfte hinein.
    Als Verwalter bewahrte Temigast alle Schlüssel der Burg an einem großen Ring aus Schmiedeeisen auf.
    Meralda fand den Ring an einem Haken über dem Nachttisch des Mannes und nahm ihn leise an sich, wobei sie bei jedem Geräusch nervös zu Temigast blickte. Irgendwie gelang es ihr, den Raum zu verlassen, ohne den Mann zu wecken. Dann huschte sie durch den Audienzsaal, eilte an den Dienstbotenzimmern vorbei und in die Küche. Dort fand sie die Falltür, die zu den tieferen Ebenen führte. Sie war so fest verschlossen und verriegelt, dass nicht einmal ein Riese sie aufbekommen hätte. Außer, er hatte die Schlüssel.
    Meralda hantierte mit ihnen und probierte jeden Einzelnen aus, bis sie endlich jedes Schloss geöffnet und jeden Riegel zurückgeschoben hatte. Sie hielt inne, um sich zu sammeln und ihren Plan genauer zu überdenken. Da hörte sie die Wachen, die in einem Nebenraum lachten, und schlich hinüber. Sie spielten mit Würfeln.
    Meralda ging zur Vorratskammertür, die eigentlich nicht mehr war als eine Luke, die zur Außenmauer der Burg führte. Es war dort draußen nicht viel Platz zwischen den Felsen, vor allem, wenn Flut war wie jetzt, aber es musste genügen. Nachdem sie auch diese Tür aufgeschlossen hatte, ging sie zu der Bodenklappe und zog sie vorsichtig auf. Sie schlüpfte hinunter in die schmutzigen Tunnel, lief barfuß durch den Unrat und raffte ihr Kleid hoch, damit keine verräterischen Flecken darauf gerieten.
    Wulfgar erwachte vom Klappern eines Schlüssels im Schloss der Zellentür und einem schwachen, flackernden Licht draußen auf dem Korridor. Er hatte in der Dunkelheit jedes Zeitgefühl verloren und glaubte, der Morgen seiner Folterung sei gekommen. Umso überraschter war er, als er Meralda erblickte, die durch das Gitter seiner verschlossenen Zelle schaute.
    »Kannst du mir verzeihen?«, flüsterte sie

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