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Die vergessliche Mörderin

Die vergessliche Mörderin

Titel: Die vergessliche Mörderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Frau würde den Arzt holen und sich Antibiotika geben lassen, statt so einen Heckmeck zu machen.«
    »Sie glaubt, ich wäre schuld daran. Und mein Vater glaubt es auch.«
    »Ich sage dir doch, Norma, du bildest dir das ein.«
    »Ja, das sagst du, David. Um mich zu beruhigen. Aber wenn ich ihr nun wirklich Gift gegeben habe?«
    »Was heißt das? Du musst doch wissen, was du getan hast, Norma. Du bist doch nicht verrückt.«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Ach, das sagst du andauernd.«
    »Wenn ich’s dir nur klar machen könnte. Du hast ja keine Ahnung, was Hass ist. Ich habe sie vom ersten Augenblick an gehasst.«
    »Ich weiß. Das hast du mir erzählt.«
    »Siehst du, das ist es ja gerade. Ich hab’s dir gesagt, und nicht einmal daran kann ich mich erinnern. Verstehst du das? Ich erzähle den Leuten etwas. Ich erzähle ihnen, was ich tun will, was ich getan habe, was ich tun werde. Und dann kann ich mich nicht erinnern, es ihnen erzählt zu haben. Es kommt mir so vor, als dächte ich das alles, nur dass ich es manchmal laut ausspreche, wenn mir jemand zuhört. Dir habe ich das doch auch schon erzählt, David?«
    »Ach… hm…, nun lass uns nicht wieder damit anfangen.«
    »Aber ich hab’s dir gesagt, nicht wahr?«
    »Ja, von mir aus! So was sagt doch jeder mal: ›Ich hasse sie und möchte sie am liebsten umbringen.‹ Aber das sind doch Kindereien, Norma. Kapierst du das denn nicht? Kinder sagen so was alle Nase lang. Schon in der Schule, wenn sie einen Lehrer nicht leiden können.«
    »Meinst du, es wäre nur so gemeint gewesen? Aber – das klingt dann so, als wäre ich noch ein Kind…«
    »Na, in mancher Hinsicht bist du’s auch. Nimm dich doch zusammen und mach dir klar, wie dumm das alles ist! Was für eine Rolle spielt es denn, ob du sie hasst oder nicht? Du bist fort und hast nichts mehr mit ihr zu tun.«
    »Aber warum soll ich denn nicht zuhause mit meinem Vater zusammen wohnen können?«, fragte Norma. »Das ist so ungerecht! Erst geht er fort und lässt meine Mutter sitzen, und kaum entschließt er sich zur Rückkehr zu mir, muss er Mary heiraten. Natürlich hasse ich sie, und sie hasst mich auch. Immer wieder habe ich mir ausgemalt, dass ich sie umbringen würde. Und wie ich’s anstellen wollte. Aber dann… dann wird sie tatsächlich krank…«
    Voller Unbehagen fragte David: »Du hältst dich doch nicht etwa für eine Hexe? Oder machst du Figürchen aus Wachs, die du mit Nadeln spickst, oder was Ähnliches?«
    »Keine Spur. Ich habe wirklich etwas getan. Wirklich.«
    »Hör mal, Norma, was meinst du eigentlich damit?«
    »Die Flasche war in meiner Schublade. Ich habe sie gefunden.«
    »Was für eine Flasche?«
    »Der Drachentöter. Unkrauttod. Das stand auf dem Etikett. Das Zeug war in einer dunkelgrünen Flasche. Man sollte damit die Unkrautnester einsprühen. Vorsicht! Gift!, stand auch noch drauf.«
    »Hast du’s gekauft? Oder irgendwo weggenommen?«
    »Ich weiß nicht, wie ich dazu gekommen bin. Es war einfach in meiner Schublade. Die Flasche war halb leer.«
    »Und dann hast du dich erinnert…«
    »Ja«, sagte Norma mit träumerischer, unsicherer Stimme. »Ja – dann ist es mir wohl alles wieder eingefallen. Das meinst du doch auch, David?«
    »Ich weiß nicht, was ich von dir halten soll, Norma. Ich begreife dich nicht. Ich glaube manchmal fest, du erfindest es und redest es dir selber ein.«
    »Aber sie war doch im Krankenhaus. Zur Beobachtung. Und sie sind nicht dahinter gekommen, was es war. Und weil man nichts finden konnte, wurde sie entlassen – und prompt wurde sie wieder krank. Ich hab’s mit der Angst zu tun gekriegt. Mein Vater hat mich so komisch angesehen; dann kam der Arzt, und mit dem hat er sich in seinem Zimmer eingeschlossen. Ich bin ums Haus gerannt, habe mich unter dem Fenster versteckt und gelauscht. Sie wollten mich in eine geschlossene Anstalt schicken! Zur Behandlung… Sie hielten mich für verrückt, David! Und ich habe Angst bekommen, weil ich… weil ich nicht wusste, was – und ob ich etwas getan hatte.«
    »Und da bist du durchgebrannt?«
    »Nein – das war später…«
    »Was war da?«
    »Ich kann nicht mehr drüber reden!«
    »Du wirst ihnen sagen müssen, wo du bist…«
    »Nein! Nie! Ich hasse sie. Ich hasse meinen Vater genauso sehr wie Mary. Wenn sie doch beide tot wären! Dann – dann könnte ich vielleicht wieder glücklich werden.«
    »Nun reg dich mal nicht so auf! Hör zu, Norma…« Fast verlegen verstummte er einen Augenblick. »Ich bin

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