Die Vermessung des Körpers
sich zu teilen und zu wachsen. Sie fanden, dass es am besten sei, Zellen zu verwenden, die bereits mit der Teilung begonnen hatten, diese jedoch »anzuhalten«, indem man die Nährstoffe entfernte. Diese Zellen könnte man am einfachsten dazu bringen, sich wieder zu teilen. Trotzdem schlugen die meisten Versuche fehl.
Von den 276 Zellen, mit denen man einen Versuch durchführte, aktivierten sich lediglich 29, und von diesen wiederum überlebte nur eine einzige – Dolly. Und selbst danach verlief nicht alles so positiv, wie man es sich vorgestellt hatte. Dolly starb jung und erreichte nur etwa das halbe Lebensalter eines durchschnittlichen Schafes. Ian Wilmut, der Wissenschaftler hinter Dolly, äußerte die Vermutung, der Grund dafür seieine relativ gewöhnliche Infektion gewesen. Es ist aber genauso gut möglich, dass Dolly in ihrer Jugend an Altersschwäche starb.
Das kann passieren, wenn es ein Problem mit den Telomeren gibt. Telomere sind kleine »Anhängsel« an den Enden der Chromosomen, jener DNS-Moleküle, die unsere Gene enthalten.
Jedes Mal, wenn sich ein DNS-Molekül teilt, weil sich eine Zelle teilt, verliert es eines dieser Anhängsel – ein Mechanismus, der unkontrolliertes Zellwachstum verhindern soll. (Bei Krebszellen sind die Telomere außer Kraft gesetzt, sodass diese Kontrolle nicht mehr stattfindet.) Dollys Telomere waren zu Beginn ihres Lebens identisch mit denen ihres sechs Jahre alten Elternteils. Es ist also möglich, dass dies die Lebensspanne von Klonen begrenzt, die aus älteren genetischen Quellen erzeugt werden. Einige der Telomere könnten bereits verloren gegangen sein, als die ursprüngliche Kreatur wuchs und sich laufend selbst reparierte.
In Würde altern
Das Altern bleibt eine Art großes Geheimnis. Wir kennen einige der Mechanismen, die uns altern lassen. Viele davon stammen noch aus unserer biologischen Vergangenheit, als die Menschen keinen Zweck mehr erfüllten, wenn sie ihre Kinder großgezogen hatten. Doch selbst jemand, der an den Segnungen der modernen Medizin und Wissenschaft zweifelt, muss zugeben, dass die Lebenserwartung laufend steigt: Im England des Mittelalters betrug sie etwa 30 Jahre. In der frühen Neuzeit lag sie in Großbritannien und den Vereinigten Staaten etwa bei 50 Jahren. Im Laufe des 20. Jahrhunderts ist sie stetig weiter gestiegen und hat inzwischen etwa 80 Jahre erreicht.
Diese Zahlen können jedoch leicht in die Irre führen, wenn man sie isoliert betrachtet. Zum Beispiel gibt es den wohlbekannten Unterschied zwischen Männern und Frauen. Während ich dieses Buch schreibe, ist die Lebenserwartung der Frauen ungefähr fünf Jahre höher als die der Männer. Wir sollten auch nicht annehmen, dass die meisten Leute im Mittelalter 30 Jahre lang lebten und dann starben. Der Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung durch die Jahrhunderte ist zu einem großen Teil der Verminderung der Kindersterblichkeit geschuldet.
Der Tod der ganz Kleinen senkte die durchschnittliche Lebenserwartung beträchtlich. Wenn man jedoch das Erwachsenenalter erreichte, hatte man gute Chancen, diesen Durchschnitt weit zu überschreiten. Wer beispielsweise im Jahr 1500 das Alter von 21 Jahren erreicht hatte, konnte damit rechnen, gut und gern 70 Jahre alt zu werden. Vor der modernen Medizin starben zwei Drittel aller Kinder noch vor dem 4. Lebensjahr. Es ist eine ernüchternde Vorstellung, dass bis zum 20. Jahrhundert die meisten Begräbnisfeiern für Kinder abgehalten wurden.
Klone sind besonders anfällig für Kindersterblichkeit. Die Gene eines Klons können beim Prozess ihrer Herstellung leicht beschädigt werden. Im Augenblick ähnelt die Erzeugung eines Klons noch dem Versuch eines Handwerkers, mit Hammer und Meißel eine Armbanduhr zu reparieren. Manchmal glückt es ihm tatsächlich, aber meistens wird das Original im Prozess beschädigt oder zerstört.
Künstliche Klone haben häufig genetische Probleme. Viele Embryonen überleben erst gar nicht, und die restlichen leiden häufig an schweren Defekten. Das Risiko ist bei Affen und anderen Säugetieren höher, bei Menschenaffen sogar noch höher als bei gewöhnlichen Affen – es ist also durchaus vorstellbar, dass es niemals möglich sein wird, einen menschlichen Klon zu schaffen, ohne dabei etliche geschädigte Kinder als Nebenprodukt zu erzeugen. Für jeden verantwortungsvollen Wissenschaftler ist das Risiko eines Klonversuchs mit Menschen schlicht zu hoch.
Das bedeutet freilich nicht, dass es nicht möglich
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